Sechs Fragen an die Kandidaten:Schwieriger Kampf gegen steigende Mieten

Lesezeit: 5 min

Der Wohnungsmarkt in München und Region ist angespannt. Hier: Die Demonstration "Ausspekuliert" im September in München. (Foto: Florian Peljak)

Die sieben Direktkandidaten für den Landtag stellen ihre Vorschläge vor, wie Wohnen wieder bezahlbar werden kann und wie sie das Lohngefüge verbessern wollen. Die Ideen reichen vom Bau vieler neuer Wohnungen bis zu Sonderabschreibungen bei Sanierungen.

Im Landkreis Freising liegt das verfügbare Einkommen unter dem bayerischen Durchschnitt. Zurückzuführen ist das auf die vergleichsweise niedrigen Löhne und die enormen Mietpreise. Was tun Sie als Landtagsabgeordneter konkret, um das Lohngefüge anzupassen und Wohnen wieder bezahlbar zu machen?

Florian Herrmann (CSU): Im Landkreis Freising herrscht quasi Vollbeschäftigung. Arbeitnehmer werden händeringend gesucht und haben so bessere Verdienstchancen. Übrigens: Das monatliche Bruttogehalt ist im Landkreis Freising seit 2007 durchschnittlich um 19 Prozent angestiegen und wir liegen jetzt mit 3440 Euro brutto über dem bayerischen Durchschnitt. Die Politik kann, vom Mindestlohn abgesehen, Unternehmen nicht vorschreiben, wie sie ihre Mitarbeiter bezahlen. Aber wir unterstützen im Bereich der Fort- und Weiterbildung. Im Landkreis Freising müssen die Bürger im Durchschnitt 14 bis 16 Prozent ihres Nettoeinkommens für Miete ausgeben. In München sind es 27,7 Prozent. Aber: Wir brauchen dringend mehr bezahlbare Wohnungen. Von Seiten der Staatsregierung sind bis 2025 insgesamt 500 000 neue Wohnungen in Bayern geplant - privat, kommunal, aber auch staatlich. Mit der neu gegründeten Bayern-Heim wollen wir als Freistaat 10 000 Wohnungen für niedrigere Einkommensgruppen bauen. Gleichzeitig unterstützen wir die Kommunen über ein kommunales Wohnbauprogramm. Und ganz wichtig: Wir unterstützen die Familien kräftig beim Wohnungsbau. Mit dem Baukindergeld Plus erhöhen wir das Baukindergeld des Bundes noch einmal um 300 Euro über einen Zeitraum von zehn Jahren. Zusammen mit der neuen Eigenheimzulage von 10 000 Euro kann eine Familie mit zwei Kindern so ein Startkapital von 40 000 Euro erreichen.

Markus Grill (SPD): Es braucht einen kompletten New Deal beim Wohnungsbau. Der Verkauf der GBW-Wohnungen durch den damaligen Finanzminister Markus Söder hat einen kompletten Neuanfang erforderlich gemacht. Dazu werden wir in den nächsten fünf Jahren 100 000 zusätzliche bezahlbare Wohnungen in Bayern schaffen. Gleichzeitig müssen im Bestand der Mietanstieg gedämpft und alle Potenziale zur Energieeinsparung genutzt werden. Die Maßnahmen teilen sich wie folgt auf:25 000 Wohnungen soll die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft selbst bauen. Die übrigen 75 000 werden durch eine große Anzahl an Einzelmaßnahmen generiert. Hierzu gehören unter anderem Möglichkeiten für Kommunen, gemeinsame Wohnungsbaugesellschaften über die Grenzen der Gebietskörperschaften hinweg zu gründen, erweitern. Genossenschaften, bestehende wie neue, erhalten als eigene Säule des Wohnraumförderungsprogramms besondere Vergünstigungen. Verlängerung der Sozialbindung bei gefördertem Wohnraum und Erstellung eines Flächenkatasters landeseigener Flächen sind nur zwei weitere von mehreren Dutzend Einzelmaßnahmen, die wir planen. Einfluss als Landtagsabgeordneter auf das Lohngefüge der Beschäftigten zu nehmen, ist nur sehr indirekt über die Gesetzgebung möglich. Auf Landesebene werde ich für die Einführung eines Tariftreuegesetzes arbeiten. Dank der CSU ist Bayern neben Sachsen bisher das einzige Bundesland, das keines hat.

Johannes Becher (Grüne): Wohnen ist ein Grundbedürfnis. Ich möchte den stark steigenden Miet- und Immobilienpreisen aktiv entgegentreten und Wohnen für alle Einkommensschichten bezahlbar machen. Auf Landesebene wollen wir in Bayern den sozialen Wohnungsbau mit einer Milliarde Euro jährlich voranbringen. Wichtig ist mir vor allem die Unterstützung der Gemeinden vor Ort in Form von kommunalen Wohnungsbaugesellschaften oder Genossenschaften. Ich möchte grundsätzlich mehr Wohnungen in öffentlicher Hand. Ich bin außerdem für eine wirksame Mietpreisbremse auf Basis eines qualifizierten Mietspiegels, dessen Erstellung durch gesetzliche Vorgaben einheitlich geregelt wird. Um die Wohnungsnot zu lindern, sind allerdings auch große Unternehmen in der Pflicht, für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Wohnraum in Form von Betriebswohnungen zu sorgen. Insbesondere der Flughafen München muss sich in dem Bereich deutlich stärker engagieren.

Sechs Fragen an die Kandidaten
:Ein besseres Angebot, attraktivere Preise

Die sieben Direktkandidaten für den Landtag stellen ihre Konzepte zum Thema Mobilität vor. Weitgehend einig sind sie sich, dass in den öffentlichen Nahverkehr, aber auch in Fahrradwege kräftig investiert werden sollte.

Benno Zierer (FW): Die Metropolen und ihre Speckgürtel wachsen weiter, ländliche Regionen verlieren dagegen an Einwohnern. Dieser Entwicklung müssen wir entgegenwirken, damit die Ballungsräume nicht weiter überhitzen und Wohnen noch teurer wird. Wir Freien Wähler fordern deshalb Maßnahmen zur Förderung von Wohneigentum im ländlichen Raum, zum Beispiel Sonderabschreibungen für die Sanierung von verlassenen Häusern in Ortskernen oder einen Freibetrag von 500 000 Euro bei der Grunderwerbssteuer für Familien. Ergänzend muss gewährleistet sein, dass auf dem Land Arbeitsplätze erhalten werden und neu entstehen können. Die Digitalisierung bietet die Chancen. In den Städten muss vor allem der soziale Wohnungsbau angemessen gefördert werden. Sozialer Wohnungsbau sollte von der Grunderwerbssteuer befreit sein. Was das Lohngefüge betrifft, sehe ich ein großes Problem darin, dass atypische Beschäftigungsarten - Leiharbeit, Minijobs, befristete Verträge - immer mehr zur Regel werden, verbunden mit niedrigen Einkommen und fehlender Planungssicherheit. Hier muss sich die Politik einmischen, die Staatsregierung könnte zum Beispiel zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften vermitteln, damit aus unsicheren Beschäftigungsformen mehr sichere Jobs werden.

Jens Barschdorf (FDP): Als Landtagsabgeordneter hat man gerade auf das Steuerrecht nur wenig Einfluss und man kann keine niedrigeren oder höheren Einkommensteuern versprechen. Auch kann man Unternehmen nicht zwingen, bessere Löhne zu zahlen. Dafür sind mit gutem Grund die Gewerkschaften zuständig. Zudem haben die Angestellten durch den Arbeitskräftemangel in unserer Region eine sehr gute Verhandlungsbasis, um höhere Löhne zu verlangen. Und man muss positiv bemerken, dass das verfügbare Einkommen auch im Landkreis steigt, allein um über drei Prozent zwischen 2012 und 2015. Aber natürlich müssen wir insbesondere das Problem der hohen Mieten angehen. Und da hilft nur eines: Bauträgern zu ermöglichen, billiger zu bauen. Wir müssen an die Regulierungen im Baurecht ran, die das Bauen verteuern. Das hilft dann insbesondere auch den Gemeinden, die günstigeren sozialen Wohnungsbau schaffen können. Für Familien, die sich ihre erste eigene Wohnung oder ihr erstes Eigenheim schaffen wollen, muss die Grunderwerbssteuer wegfallen, denn dieses ist der beste Schutz vor Altersarmut. Zudem müssen wir Anreize setzen, dass sich das Wachstum nicht in einer zentralen Region, wie dem Großraum München, bündelt.

Sechs Fragen an die Kandidaten
:Digital arbeiten und lernen

Die sieben Direktkandidaten für den Landtag erläutern ihre Vorstellungen im Bereich von Breitbandausbau und dem Einsatz moderner Lehrmittel an den Schulen. Einige fordern, die Medienkompetenz der Schüler durch entsprechenden Unterricht zu fördern.

Felix Bergauer (ÖDP): Zum einen müssen wir vom heutigen Mindestlohn in der Höhe von derzeit 8,84 Euro wegkommen, hin zu den von Experten bereits errechneten 12,50 Euro. Immer mehr fair entlohnte Beschäftigungsverhältnisse werden durch Leiharbeit ersetzt. Auch wird zu viel auf das Konstrukt der befristeten Arbeitsverträge zurückgegriffen. Grundsätzlich betreffen diese Themen zwar Bundesrecht, wo aber seitens der Regierung in den letzten Jahren noch zu wenig unternommen wurde. Unserer Meinung nach sind engere gesetzliche Schranken erforderlich wie: Nach zwei Jahren befristeter Anstellung oder Leiharbeit Weiterbeschäftigung nur noch als unbefristete Festanstellung in diesen Unternehmen. Verwunderlich ist, dass öffentliche Arbeitgeber hier ihre Vorbild-Funktion so wenig wahrnehmen. Denkbar wäre auch eine überarbeitete Mietpreisbremse, die tatsächlich greift wie gewünscht. Auch das betrifft Bundesrecht, aber zumindest in der Siedlungs-, Verkehrs- und Wirtschaftspolitik hat der Freistaat Bayern durchaus viele Möglichkeiten; genauso wie in der Strukturentwicklung insgesamt. Der Tenor muss lauten: Weg von der Konzentration auf die Ballungsräume hin zur Stärkung der kleinen und mittleren Städte und Gemeinden.

Guido Hoyer (Linke): In Bayern gab es 1988 noch fast 500 000 Sozialwohnungen, heute sind es nur noch 140 000 - Resultat der CSU-Politik. Dass die Staatsregierung dann noch über 30 000 Wohnungen an einen Investor verkauft, weil sich die Landesbank verspekuliert hat, ist skandalös. Die Linke will jährlich 40 000 öffentlich geförderte Wohnungen neu bauen und die Sozialbindung unbefristet gelten lassen; nötig sind Obergrenzen für Mieten und eine wirksame Mietpreisbremse. Ein riesiges Problem bei uns in der Region(und nicht nur dort) ist die Bodenspekulation. Grundstückspreise sind nicht mehr bezahlbar. Auch hier weiß die Verfassung Rat: "Steigerungen des Bodenwertes, die ohne besonderen Arbeits- oder Kapitalaufwand des Eigentümers entstehen, sind für die Allgemeinheit nutzbar zu machen." (Art 161) Mit der Abschöpfung der Spekulationsgewinne könnten zum Beispiel Wohnungen gebaut werden. Immer weniger Unternehmen sind tarifvertraglich gebunden, Vollzeitstellen werden in Mini- und Midijobs umgewandelt, Befristungen, meist sachgrundlos, nehmen zu. Dagegen treten wir Linken für eine Sozialversicherungspflicht bei Minijobs ab dem ersten Euro ein, wir wollen Flächentarifverträge ausweiten, sachgrundlose Befristung verbieten und fordern eine Vorbildfunktion der öffentlichen Hand: Aufträge nur an Betriebe mit Tarifvertrag!

Bernhard Kranich (AfD): Der Kandidat der AfD hat seine Antwort zu diesem Thema aus persönlichen Gründen nicht in der vereinbarten Form und nicht zur vereinbarten Zeit eingeschickt.

© SZ vom 15.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Sechs Fragen an die Kandidaten
:Mehr Personal, mehr Anerkennung

Die sieben Direktkandidaten erläutern ihre Vorstellungen für den Bereich Kinderbetreuung. Die einen setzen auf die Wahlfreiheit der Eltern, für die anderen ist die kostenlose Kindertagesstätte eine Kernforderung.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: