Historisches aus Kranzberg:Wie die "Windbeutl"-Bande ihr Unwesen trieb

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Im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg ist das "Armesünderblatt" mit der Vierteilung des Matthias Sandner im Jahr 1781 erhalten. Repro: Ernst Keller (Foto: repro: Ernst Keller)

Die Bande verbreitete im 18. Jahrhundert im Landkreis Freising Angst und Schrecken - denn die jungen Männer gingen äußerst brutal an Werk.

Von Alexandra Vettori, Kranzberg

So viele Mord- und Raubgeschichten hat der Fürholzer Heimatpfleger Ernst Keller für sein neues Buch ausgegraben, dass sie gar nicht alle Platz darin finden. Eine ist die von der "Windbeutl"-Bande, die im 18. Jahrhundert im Landkreis Freising ihr Unwesen trieb.

Äußerst brutal war die Bande, auch, als sie im Frühjahr 1781 den Greimer Hof in der Einöde Kreuth bei Allershausen überfiel. Brutal war noch im gleichen Jahr auch die Strafe: Alle neun Mitglieder wurden hingerichtet, von der Vierteilung des erst 19-jährigen Räuberhauptmanns Matthias Sandner ist sogar eine Druckgrafik erhalten. Sie war einem "Armesünderblatt" beigefügt, wie sie von 1750 bis 1820 im süddeutschen Raum üblich waren. Dabei handelte es sich um Druckschriften mit Urteil ("Wohlverdientes Todesurtheil"), gerichtlichem Geständnis ("Urgicht"), einer Moralrede und manchmal einem Bild. Die Armesünderblätter dienten zur Abschreckung, moralischen Unterweisung, aber auch zur schauerlichen Unterhaltung des braven Bürgertums. Auch bei der Hinrichtung des Matthias Sandner in München gab es ein Armesünderblatt, zu haben für fünf Kreuzer.

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Laut Anklage der "Windbeutelbande", hatte diese beim Überfall auf den Einödhof nahe Allershausen Familie und Gesinde "auf unmenschliche Art gequälet und gemartert und an den empfindlichsten Teilen des Unterleibs gebrennt" und natürlich alles geraubt, was nicht niet- und nagelfest war. Nur einige der weiteren Ziele waren der Pfarrhof zu Schweinkirchen (vermutlich Schweitenkirchen), ein Silberkrämer auf der Landstraße nach Landsberg, dem sie auflauerten, ihn ausraubten und, ebenso wie seine Tochter, grausam misshandelten. Bald war die Bande im ganzen Lande gefürchtet, sodass Kurfürst Karl Theodor am 7. Juli 1781 ein Generalmandat mit erbarmungsloser Strafverschärfung erließ.

Es kam, wie es kommen musste. Noch im gleichen Jahr wurde Bartholomäus N., der "Tyroller Barthl" verhaftet. Er gestand, an zwei Mühlenüberfällen als Späher beteiligt gewesen zu sein und nannte die Namen seiner Mittäter. Der Tiroler wurde am 25. Mai 1781 in München durch den Strang hingerichtet. Bartls Aussagen überführten auch Matthias Sandner. Der 19-Jährige war laut Akte katholisch, ledig, stammte aus einer Bauernfamilie aus dem Badischen und war gelernter Wagner. Bereits 1780 war er im kurfürstlichen Pfleggericht Aichach wegen "Herumvagierens" und mehrerer Diebstähle verhaftet und des Landes verwiesen worden. Später tauchte er unter falschem Namen in Pfaffenhofen auf, kam ins "Prinz Maxische Infanterie-Regiment" nach München, wo er aber bald desertierte. Anfangs stritt Sandner die Anklage vor dem kurfürstlichen Hochgericht in München ab. Erst nach einer beschworenen Aussage seines Komplizen Bartl und einer zweiten Tortur (Folter) bekannte er sich zu neun Straßenräubereien und Einbrüchen, bei denen er die Opfer brutal misshandelt und gequält hatte.

So folgte am 14. Juli 1781 die publikumswirksame Hinrichtung in München, verfolgt von Tausenden Schaulustigen. Sandner wurde auf einer Kuhhaut zum Richtplatz geschleift, dreimal mit glühender Zange gezwickt und schließlich von oben herab gerädert.

© SZ vom 30.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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