Kommunalwahl in Hallbergmoos:Das Konto ist gut gefüllt

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In Hallbergmoos fließen die Gewerbesteuereinnahmen, der neue Gemeinderat wird also viel Gestaltungsspielraum haben. Es stehen aber auch viele Aufgaben wie der Bau einer weiteren Grundschule an.

Von Alexandra Vettori, Hallbergmoos

Erst dachte man in Hallbergmoos ja, Bürgermeister Harald Reents (40) sei bei der Kommunalwahl im März der einzige Bewerber um das oberste Amt in der Gemeinde. Bei der Aufstellungsversammlung der Freien Wähler aber kam die Überraschung: Der Hallbergmooser Ortsvorsitzende der FW, Thomas Henning (53), will ebenfalls Bürgermeister werden. Zuletzt trat im Januar dann noch Sabina Brosch (53), Grünen-Gemeinderätin und Kulturreferentin, auf den Plan. Sie ist die dritte und erste weibliche Anwärterin auf das Bürgermeisteramt in Hallbergmoos.

Derzeit sitzt Reents fest im Sattel, die Geschäfte laufen gut in Hallbergmoos, sogar politische Gegner zollen dem 40-Jährigen Respekt für seine sachorientierte Leitung der Arbeit im Gemeinderat. Er kann einige Erfolge verbuchen, auch wenn deren Anfänge in den Jahren vor seiner Amtszeit liegen, der Grundstückskauf etwa für die neue innerörtliche Tangente, die Verlängerung der Predazzoallee, die neue Umgehungsstraße im Norden der Gemeinde oder auch das jüngst beschlossene Naturbad.

Harald Reents, CSU

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(Foto: Stephan Goerlich)

Seit sechs Jahren steht Harald Reents dem als Bürgermeister Hallbergmooser Rathaus vor, bei der Kommunalwahl 2014 setzte er sich gegen Wolfgang Reiland (FWE) und, zuletzt in der Stichwahl gegen Heinrich Lemer von den Freien Wählern durch. Davor arbeitete der Verwaltungswirt Reents als Regierungsamtsrat im Bayerischen Sozialministerium. Der 40-Jährige ist noch unverheiratet und hat keine Kinder, ist Zugführer bei der Hallbergmooser Feuerwehr und Rettungssanitäter. Harald Reents ist außerdem Kreisrat für die CSU und stellvertretender CSU-Kreisvorsitzender.

Thomas Henning, FW

Auch Thomas Henning ist kein kommunalpolitischer Neuling in Hallbergmoos. Von 2002 bis 2008 war er schon einmal Gemeinderat in Hallbergmoos und fungierte damals als Kulturreferent. Seit 2018 ist er Vorsitzender des Ortsverbands der Freien Wähler. Beruflich leitet der 53-Jährige seit 1992 seinen Elektrobetrieb in Hallbergmoos und arbeitet als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger. Thomas Henning stammt aus Wuppertal, lebt aber seit 34 Jahren mit seiner Frau in Hallbergmoos und ist dort seit mittlerweile 22 Jahren auch Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr. AV

Sabina Brosch, Grüne

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(Foto: Marco Einfeldt)

Seit sechs Jahren sitzt die 53-jährige Journalistin und Historikerin mittlerweile für die Grünen im Hallbergmooser Gemeinderat und übt dort auch das Amt der Kultur- und Partnerschaftsreferentin aus. Vor 25 Jahren ist die gebürtige Niederbayerin in die Flughafengemeinde gezogen, hat hier ihre drei mittlerweile erwachsenen Kinder zusammen mit ihrem Mann aufgezogen. Als vor einigen Jahren die Geschäftsführerin der örtlichen Volkshochschule länger krank war, sprang Sabina Brosch auch hier ein und half bei den administrativen Arbeiten und der Erstellung des Programmes mit. AV

So bleibt es abzuwarten, ob es seinem Freund Thomas Henning gelingt, ihm den Bürgermeisterposten abzujagen. Zumindest Henning hat bei seiner Nominierung an zwei Dingen keinen Zweifel gelassen: Seiner Freundschaft zu Reents tue die unterschiedliche politische Position keinen Abbruch, und er selbst habe fest vor, die Tradition eines parteifreien Bürgermeisters in Hallbergmoos wieder aufleben zu lassen, nach Manfred Pointner (1984 - 1996) und Klaus Stallmeister (1996 - 2014).

Die dritte Bürgermeisterkandidatin in Sabina Brosch

Sabina Brosch als dritte Bürgermeisterkandidatin dürfte die Mitbewerber auf jeden Fall Stimmen kosten, steht sie doch für eine stetig wachsende Zahl an ökologisch orientierten Bürgern in Hallbergmoos. In der Vergangenheit gab es sogar Unterschriftensammlungen für pestizidfreie Grünflächen, derlei wäre in früheren Jahrzehnten in dem einst bäuerlich geprägten Ort undenkbar gewesen. Brosch selbst hat nach ihrer Wahl als Kandidatin keinen Zweifel daran gelassen, dass sie sich treu bleiben, gleichzeitig aber der Polarisierung in der Gesellschaft entgegen treten wolle: "Wir brauchen keine Diskussionen, die aus Filterblasen resultieren."

Ansonsten belassen es die Hallbergmooser Parteien bei Kandidaten für den Gemeinderat. Dort ist derzeit noch die CSU mit sechs Sitzen stärkste Fraktion, gefolgt von den Freien Wählern und der Freien Wählergruppe Einigkeit Hallbergmoos-Goldach mit je vier Sitzen. Die SPD stellt drei Gemeinderäte, die Grünen haben zwei. Einige altgediente Gemeinderäte werden nicht mehr kandidieren: Nach 36 Jahren stellt sich SPD-Gemeinderat Karl-Heinz Bergmeier nicht mehr zur Wahl, auch Parteikollege Konrad Friedrich möchte Jüngeren den Vortritt lassen. Bei der CSU scheidet Zweiter Bürgermeister Josef Niedermair nach 36 Jahren aus. Bei der Freien Wählergemeinschaft Einigkeit zieht sich Günter Rottmeier zurück, die Freien Wähler müssen künftig auf Martina Wilkowski verzichten.

Eins ist sicher: Geld ist da

Wie auch immer der neue Gemeinderat aussieht, auf eines darf er sich freuen - auf Gestaltungsspielraum. Das Geld fließt in Mengen aus dem Munich Airport Businesspark, vorsichtig kalkuliert sind im laufenden Haushalt 21 Millionen Gewerbesteuer enthalten, der gleiche Ansatz wie 2019, als es dann 28,7 Millionen Euro wurden. 62 Millionen liegen auf der hohen Kante, sie werden aber in den nächsten Jahren wegen der vielen geplanten Investitionen abschmelzen. Dazu ist in Hallbergmoos immer noch Baugrund in Hülle und Fülle vorhanden. Der einzige Umstand, der bremst, sind die Kapazitäten in den Abteilungen des Rathauses, zuvorderst der Bauabteilung.

Freilich hat der aktuelle Gemeinderat schon eine Reihe von Vorgaben für die nächsten Jahre gemacht, an denen sich die Nachfolger abarbeiten werden. Ein dritter Hort und ein Kinderhaus sind im Bau, ein gemeindeeigenes Bauprojekt mit günstigen Wohnungen auch für Senioren ist in Planung, die nächsten dringlichen Projekte stehen auch schon fest, zwei Feuerwehrhäuser und eine zweite Grundschule.

Es sind denn auch Akzente, in denen sich die Wahlprogramme unterscheiden. Die SPD will Druck machen, damit das schon beschlossene, aber noch nicht terminfixierte Naturbad früher kommt, und mehr günstigen Wohnraum schaffen. Die Freien Wähler wollen, dass möglichst bald ein Bürgerhaus zum Rathausplatz kommt und ebenfalls mehr bezahlbare Wohnungen. Die Grünen machen sich gar für eine Wohnungsbaugenossenschaft stark, für mehr Grün und weniger Gift in Grünanlagen und auf Äckern sowieso. Die Einigkeit möchte ein maßvolleres Wachstum bei steigender Qualität.

Beim Öffentlichen Nahverkehr schaut es in Hallbergmoos schon jetzt nicht schlecht aus, sieht man von der unverschuldeten Tatsache ab, dass der S-Bahnhof kilometerweit außerhalb liegt. Alle Parteien sind dennoch für einen ÖPNV-Ausbau und mehr Radwege. Doch was will man noch mehr fordern, wenn sogar der CSU-Bürgermeister auf seiner Agenda einen kostenlosen Ringbus für alle stehen hat. In das gehätschelte Gewerbegebiet gibt es den ja bereits.

© SZ vom 10.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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