Den Domplatz schmückt mehr als 200 Jahre nach seiner Demontage wieder ein großer Marmorbrunnen mit der Figur des "Freisinger Mohr". Probeweise ist die Skulptur am Donnerstag schon mal per Kran auf die Säule gehoben worden. Bald soll aus dem Füllhorn wieder Wasser fließen, ein kleines Leitungsstück fehlt noch. Spätestens zur Eröffnung der Bayerischen Landesausstellung am 7. Mai "wird der Aufzug fahren und das Wasser sprudeln", sagte Christoph Kürzeder, Leiter des Diözesanmuseums. Ohne diesen Termin wäre das Projekt vermutlich nicht so schnell realisiert worden.
Die Brunnenfigur ist das Original aus dem Jahr 1700. Säule, Bassin und Sockel aus Untersberger Marmor wurden durch die Firma Kiefer bei Hallein rekonstruiert. Der ursprüngliche Sockel sei zwar erhalten, aber "ziemlich ramponiert". Und er habe einige Fehlstellen, erklärte Kürzeder.
Fürstbischof Johann Franz Eckher von Kapfing hatte die repräsentative Anlage in der Mitte des Platzes anstelle einer Pferdeschwemme errichten lassen. In den Hofkammerrechnungen des Jahres 1700 werden der Bildhauer Franz Ableithner und Hofsteinmetz Johann Michael Remmele erwähnt, der die Marmorbalustrade schuf. Beide kamen aus München.
Über die Neuinstallation des Brunnens war in Freising jahrzehntelang leidenschaftlich diskutiert und gestritten worden. Dass er nun kurz vor der Fertigstellung steht, bezeichnete Kürzeder als "kleines Wunder". Als Ersatz für den Brunnen war 1857 ein Denkmal zu Ehren von Bischof Otto von Freising des Bildhauers Kaspar Zumbusch aufgestellt worden. Dass der bedeutende Geschichtsschreiber des Mittelalters seinen prominenten Platz räumen sollte, missfiel einigen Kritikern. Inzwischen hat die Figur einige Meter weiter, im Inneren Domhof, eine neue Heimat gefunden. "Er steht jetzt dort, wo seine alte Kirche war", sagte Domrektor Marc-Aeilko Aris.
Seit mehreren Jahren wird mindestens ebenso erregt darüber debattiert, ob die Skulptur des Freisinger Mohren überhaupt wieder aufgestellt werden sollte - in Zeiten einer Rassismus-Debatte, in der Süßigkeiten wie der "Mohrenkopf" oder Gasthäuser mit entsprechendem Namen umbenannt wurden. In der Erzdiözese entschied man, den Freisinger Mohr dennoch nicht zu verbannen, da die Darstellung keine Diffamierung von Menschen schwarzer Hautfarbe sei.
Vielmehr repräsentiere die Brunnenfigur als Hoheitszeichen die weltliche Herrschaft und Souveränität der Freisinger Fürstbischöfe, erklärte Carmen Roll, stellvertretende Leiterin des Diözesanmuseums. Die Wahl eines "Caput Aethiopum", wie es in den Quellen heißt, des gekrönten Hauptes eines Afrikaners, geht nach ihren Worten vermutlich auf Bischof Emicho, der von 1283 bis 1311 regierte, und Bischof Konrad III. des Sendlingers (1314 bis 1322) zurück.
Zu jener Zeit seien die ersten Wappen aufgekommen. Warum es der "Caput Aethiopum" wurde, dafür gebe es 22 Erklärungen, sagte Roll. Eine davon lautet: Die Freisinger Bischöfe wollten ein starkes "Zeichen der Eigenständigkeit", der Unverfügbarkeit setzen. Schließlich war ihr überschaubares Herrschaftsgebiet von den mächtigen Wittelsbachern umgeben.
"Selbstüberschätzung der heutigen Generation"
Für diese Interpretation spricht laut Roll auch, dass der Freisinger Mohr nach der Säkularisation 1803 als Hoheitszeichen sofort verschwand, die Brunnenanlage wurde rasch abgebaut. Bereits 1821 kehrte der Freisinger Mohr dann zurück, als Zeichen für das Erzbistum. Domrektor Aris sprach von einer "Selbstüberschätzung der heutigen Generation, dass sie die postkolonialistische Position für die einzige Interpretation" halte. Ein reflektierender Umgang mit dem Erbe "ist uns wichtig", betonte er. Man habe am Domplatz nichts aufstellen wollen, "was bedeutungslos ist".
Nach der Demontage 1803 blieb die Skulptur zunächst verschollen. 1869 tauchte sie in der Werkstatt des Steinmetzbetriebs Einsele wieder auf, die Stadt Freising kaufte sie für 60 Gulden. Erst stand sie in der Luitpoldanlage, seit 1901 am Fürstendamm - dem Zeitgeschmack entsprechend auf einem Steinhaufen. In den Neunzigerjahren wurde sie durch eine Kopie ersetzt, das Original kam ins Diözesanmuseum. Die Skulptur sei in gutem Zustand, bestätigte Steinmetz Ralf Czarnietzki. Es schade ihr auch nicht, wenn Wasser darüber laufe.
Auf dem Domplatz können sich die Besucher nun auch hinsetzen und etwas verweilen
Die neue Brunnenanlage ist etwas kleiner als das frühere Bassin, um die archäologischen Funde nicht zu zerstören. Eine "kleine Krise" löste laut Kürzeder aus, dass das Museumsteam entgegen früherer Annahmen entdeckte, dass die Brunnenfigur einst auf einer Säule stand. Dies bewies eine unscharfe Abbildung auf einem Gemälde von Fürstbischof Joseph Konrad von Schroffenberg. Einen weiteren Hinweis darauf gab Karl Meichelbeck in seiner Chronik von 1724, in der es hieß: "... in dero Mitte der auf einer Marmorsteinernen Saul stehende ebenfalls Marmorsteinerne Freysingische Mohr das Wasser in die Höhe blaset". Letztlich habe sich aber trotz früherer Zweifel gezeigt, dass das Ensemble mit Säule stimmig sei.
Die Technik ist im Boden versteckt, ein Umlaufsystem speise den Brunnen aus Gründen der Nachhaltigkeit mit Wasser, erklärte Michael Müller, technischer Leiter des Projekts bei der Erzdiözese. Der Platz bekomme durch die Anlage eine ganz neue Aufenthaltsqualität, weil man dort nun auch sitzen könne. Die Becken werden beleuchtet. Inklusive Figur ist der Brunnen sechs Meter hoch. Die Kosten betragen inklusive Technik und Brunnenstube etwa 426 000 Euro. Es werden noch Bänke aufgestellt, außerdem - "in Erinnerung an die fürstbischöfliche Gartenkultur", wie Kürzeder sagte - Holzkübel mit Zitronen- und Orangenbäumchen.
Auch eine lateinische Inschrift ziert den Brunnen. Übersetzt lautet sie mit Bezug auf die jeweiligen Verantwortlichen: Unter Johann Franz errichtet, unter Max Joseph zerstört, unter Reinhard rekonstruiert.