Schulleiter in Neufahrn:Im Abgang etwas herb

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Grundschulrektor Josef Eschlwech verlässt seine Wirkstätte erhobenen Hauptes - bis zuletzt hat er für die Beseitigung der Mängel an dem schicken Neubau gekämpft. Künftig widmet er sich verstärkt dem Gemeinderat. (Foto: Marco Einfeldt)

Josef Eschlwech beendet im August seine langjährige Tätigkeit als Schulleiter der Grundschule am Fürholzer Weg, in die er vor 60 Jahren selbst eingeschult wurde. Das Berufsende wurde turbulent, erst in einem Schulneubau mit vielen Mängeln - und dann mit Corona.

Interview von Birgit Grundner, Neufahrn

Für Josef Eschlwech schließt sich gewissermaßen ein Kreis: 1960 wurde er in der damaligen Volksschule am Fürholzer Weg eingeschult. Genau 60 Jahre später wird er dort als Rektor der Grundschule, wie die einstige Volksschule mittlerweile heißt, verabschiedet. Zum Ende des Schuljahres geht er in den Ruhestand. Kommunalpolitisch wird er aber weiter aktiv bleiben. Seit 1990 gehört Eschlwech dem Gemeinderat an, zuletzt war er auch Kindergarten- und Schulreferent, in der neuen Legislaturperiode ist er zweiter Bürgermeister. Schon deshalb wird ihn das Schulgebäude, bei dem die Mängelbeseitigung auch nach vier Jahren immer noch nicht ganz abgeschlossen ist, weiter beschäftigen.

SZ: Eigentlich hätte man gedacht, wenn Sie in den Ruhestand verabschiedet werden, dann wird auch die Schule gleichzeitig doch noch eingeweiht.

Josef Eschlwech: Ich dachte mir schon, dass diese Frage kommt ( lacht). Ich wollte sie ja schon früher einweihen. Es ist ja irgendwie meine Schule, da stecken Ideen und Inspirationen von mir drin. Aber wenn man ein Haus baut, dann ist erst Einweihungsfeier, wenn es ganz fertig ist, und das war die Schule leider nicht. Ich hab immer gesagt: keine Einweihung auf einer Baustelle. Ich bin kein sturer Typ, aber ich konnte es mit meinem Gewissen nicht vereinbaren. Ganz ist die Schule immer noch nicht fertig. Aber wir fühlen uns hier sehr wohl. Wer hier reinkommt, sagt auch, dass es eine wunderbare Schule ist, aber einzelne Eckpunkte fehlen immer noch.

Gab es bei dem Thema Konflikte wegen Ihrer Doppelfunktion als Gemeinderat und Schulleiter?

Sicher gab es Interessenkonflikte. Als Schulleiter fordert man mehr, als Gemeinderat sagt man, dass sich nicht alles realisieren lässt. Es war ja ursprünglich auch ein Baukörper mehr geplant. Als der gestrichen wurde, musste ich die Entscheidung des Gemeinderats übernehmen. Aber die Doppelfunktion hatte auch was Positives: Als Gemeinderat war ich immer an den richtigen Stellen, wenn ich was gebraucht habe.

Haben Sie der alten Schule, die Sie noch dazu als Kind selbst besucht haben, auch ein bisschen nachgetrauert?

Eigentlich nicht. Da war so eine Euphorie, dass was Neues entsteht, und da wollte ich mitarbeiten. Trauer kam erst, als der Bagger die ersten Wände eingerissen hat. Aber sie ist relativ schnell verflogen.

In den 17 Jahren hat sich nicht nur das Gebäude verändert, sondern auch Schule generell....

Da ist zum Beispiel die Digitalisierung. Und was für Neufahrn ganz wichtig war: gebundene Ganztagsklassen. Dann der neue Lehrplan und die Förderpläne. In der Grundschule hat man ja alle, vom hochqualifizierten bis zum förderbedürftigen Kind - und man muss allen gerecht werden. Das ist immer schwieriger geworden. Das liegt auch an Bedingungen "von oben", zum Beispiel am Personalmangel. Was ich toll gefunden habe: Ich hatte immer engagierte Lehrerinnen, und das schreib ich mir auch ein bisschen auf meine Fahne. Wenn sie reingehen und lachen, dann weiß ich, sie geben das an die Kinder weiter.

Sie sprechen von Lehrerinnen - hat es auch mal Männer im Kollegium gegeben?

Außer den Religionslehrern nicht. Da könnte man jetzt schulpolitische Aussagen machen...Männer als Lehrer wären jedenfalls dringend notwendig. Ich habe ja selbst viel Sportunterricht gegeben und da habe ich das auch gemerkt. Es gibt an der Schule viele Kinder mit alleinerziehenden Eltern, meistens sind es Frauen, und eine männliche Bezugsperson geht total ab.

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Von Birgit Grundner

Und dann kam zum Schluss auch noch das Corona-Virus. Wie sind Sie an Ihrer Schule damit zurecht gekommen?

Vor kurzem hatten wir eine Videokonferenz mit dem Elternbeirat und es kamen keine Beschwerden. Es gab natürlich unterschiedliche digitale Vorgehensweisen. Manche Lehrkräfte sind da sehr fortschrittlich, andere haben damit noch wenig am Hut. Es gab Lehrkräfte, die Arbeitsblätter bis in die Wohnungen der Kinder gebracht und auch wieder abgeholt haben. Andere haben Videokonferenzen abgehalten. Es werden da bestimmt Pflichtfortbildungen kommen. Ein Thema ist auch, dass nicht alle Kinder Internet daheim haben. Momentan machen wir einen tageweisen Wechsel: Jede Klasse ist in zwei Lerngruppen aufgeteilt, die abwechselnd in die Schule kommen, so dass das Homeschooling wegfällt. Die Lehrkräfte bestätigen auch, dass es ein Unterrichten ist, wie sie es sich eigentlich vorstellen würden. Das hängt mit der Klassenstärke zusammen, aber auch damit, dass die Kinder gerade wirklich gerne in die Schule gehen. Die Wochen zuhause haben sie schon sehr belastet.

Sie hätten schon vor einem Jahr in den Ruhestand gehen können, haben aber noch ein Jahr angehängt. Fragt man sich da nicht manchmal, ob es das jetzt "noch gebraucht" hat?

Es sind schon Tage dabei, an denen ich mich frage, warum ich mir das überhaupt noch angetan habe. Ich hatte eigentlich verlängert, weil ich gerne mit dem Kollegium zusammenarbeite und gerne hier bin - und vielleicht auch, weil auch meine Enkelkinder hier sind. Dass so etwas wie Corona kommt, war nicht absehbar. Ich habe dadurch schon auch viele positive Erfahrungen gemacht. Aber jetzt sag ich mir, so ein Problem könnte in Zukunft öfter kommen. Diese Situation, die im Augenblick herrscht, bestätigt mich: Jetzt wird es Zeit, dass ich gehe.

Worauf freuen Sie sich jetzt besonders?

Ich wusste immer, wenn ich in Pension gehe, dass ich noch irgendwas mache. Mit dem Gemeinderat wollte ich eigentlich nach 30 Jahren auch aufhören, aber meine Frau hat gesagt: Das schaffst du nicht, du brauchst was. Dann habe ich wieder kandidiert. Ich glaube, dass ich das, was ich jetzt mache, mit vollem Herzen genießen kann. Ich hab die Zeit, und ich freue mich darauf. Ich freue mich auch darauf, dass ich viel mit meiner Frau machen kann, die Ende Mai ebenfalls in den Ruhestand gegangen ist.

Als zweiter Bürgermeister besucht man auch viele Jubilare und hat interessante Begegnungen.....

Momentan geht das leider nur an der Haustür. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass es viele Erinnerungen in mir weckt, ich kenne ja auch viele Menschen. Ich bin seit 1954 in Neufahrn. Wenn man überlegt, was sich seitdem in der Gemeinde alles getan hat - auch in der Schule. Und zum Schluss: Ich glaube nicht, dass es viele Rektorinnen und Rektoren gibt, die ein altes Schulhaus abreißen, zweieinhalb Jahre in Container gehen, dann auf einer Baustelle sind - und am Ende ihrer Berufszeit mit Corona aufhören.

© SZ vom 13.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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