Kultur in Freising:Musik im Virtuellen

Lesezeit: 3 min

Die Gruppe "Sweet Lemon" hat während der Corona-Pandemie ein Live-Konzert gegeben. (Foto: Robert Haas)

Die Corona-Krise hat die Musik ins Virtuelle verlegt. Wohnzimmerkonzerte sollen gute Laune verbreiten. Auch ein paar Künstler aus dem Landkreis haben sich daran versucht und ganz neue Erfahrungen machen können.

Von Laura Dahmer, Freising

Sie sitzen zuhause vor der Handykamera, mit der Gitarre in der Hand, Kopfhören auf den Ohren und dem Mikro vorm Gesicht. In den sozialen Medien finden in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder ganze Festivals mit namhaften Künstlern statt. Die Corona-Krise hat die Musik ins Virtuelle verlegt, sogenannte Wohnzimmerkonzerte sollen ein bisschen Licht ins Dunkel bringen. Auch ein paar Freisinger Künstlerinnen und Künstler haben sich an coronakonformen Alternativen versucht.

Jeden Sonntag um Punkt 17 Uhr postet die Gruppe Munich Tetra Brass knapp eine Minute lang ein Video. Zu sehen sind die vier Künstler Jakob Grimm, Thomas Rath, Stephan Gerblinger und Lucha Chiché, jeder in seinem eigenen Viereck. In Corona-Zeiten musiziert die Gruppe getrennt voneinander. Munich Tetra Brass ist ein Blechbläserensemble - wer aber jetzt klassische Musik aus seinen Handylautsprechern erwartet, irrt. Stattdessen geht es meist ab Sekunde eins los mit einer lebendigen Gute-Laune-Melodie, mit Popmusik. "Wir wollten zwei Welten verbinden, denen oft nachgesagt wird, sie seien unvereinbar", sagt Jakob Grimm, Posauner von Munich Tetra Brass und gebürtiger Freisinger. "Wir befinden uns in außergewöhnlichen Zeiten, da muss man auch mal ,out of the box' denken." Die Idee dahinter: Mit den regelmäßigen Videos will das Quartett auf sich und auf andere Künstler aufmerksam machen. Sie covern deshalb keine Hits der Superstars, sondern lokale Kleinkünstler, die sie unter dem Video verlinken. "Crossover-Corona" nennt sich das Onlineprojekt, dass vom Freisinger Komponisten Lukas Maier produziert wird.

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Die Zeiten für Kleinkünstler sind schwer, die lange Pause macht ihnen zu schaffen

"Lukas, mir ist extrem langweilig. Können wir nicht irgendwas machen?", sagte Jakob Grimm vor einigen Wochen am Telefon. Mit dieser Frage, so erzählt Maier lachend, wurde die Kooperation geboren. Maier ist selbst eigentlich kein großer Fan von Onlinekonzerten, wenn er musiziert, dann nicht für das Handymikro, sagt er. Das Crossover überzeugte ihn dann doch, es solle auch kein Konzertprogramm sein, sondern ein bisschen Spaß und Unterhaltung bringen und vor allem Solidarität unter Kleinkünstlern zeigen.

Die Band "MunichTetraBrass", aus dem Landkreis Freising, hat während der Corona-Krise ein virtuelles Musikprojekt gestartet und dabei ganze neue Erfahrungen machen können. (Foto: Privat)

Die Zeiten für Kleinkünstler sind schwer, so Jakob Grimm, die lange Pause macht ihnen zu schaffen. "Auch das Live-Streamen ist für die meisten schwierig, weil das Equipment fehlt." Für ihr Projekt bekamen sie sehr positive Reaktionen. Eigentlich hätte das Ensemble jetzt, als erstes in Europas, einen Master in Kammermusik an der Münchner Hochschule für Musik und Theater anfangen sollen, durch die Corona-Krise liegt das jetzt aber erst mal auf Eis. Am Anfang hat das Ensemble Munich Tetra Brass und Maier drei Tage an dem einminütigen Video gesessen. "Ich habe noch nie ein Tonprogramm bedient, ich habe noch nie Videos geschnitten, ich habe noch nie mit Multitracks gearbeitet, wo jeder für sich aufnimmt. Und ich habe noch nie Popmusik gecovert", sagt Grimm lachend. Aber die Corona-Krise sei eben eine Zeit der ersten Male, in der man viel Neues lernen könne.

"Es war, als würden wir ein Privatkonzert geben. Aber am Ende war es mit das größte Konzert, das wir je hatten"

Diese Erfahrung hat auch Sophie Haslberger gemacht. Zusammen mit ihrer Schwester Lena hat sie vor knapp neun Jahren die Band Sweet Lemon gegründet, seitdem zwei Alben herausgebracht und ist öfters auf Münchner Bühnen zu sehen. 2016 wurden sie mit dem SZ-Tassilo-Kulturpreis ausgezeichnet. Eigentlich wollen sich die beiden Schwestern aus Au musikalisch nun etwas voneinander trennen, und eigentlich wollten auch sie keine virtuellen Coronakonzerte geben - obwohl sie Anfragen bekamen. "Ein Bekannter hatte Corona, er lag auf der Intensivstation", erzählt Sophie Haslberger. "Wir hatten deshalb keine Lust, auf normal zu machen. Aber dann kam die Anfrage später noch mal, und wir haben ja gesagt." In einem kleinen Club am Chiemsee, vor drei Technikern und jeder Menge Kameras, traten sie dann doch auf. Etwa 3000 Leute schauten sich das Video live an, bis Mittwoch hat es über 10 000 Aufrufe. "Es war irgendwie absurd, als würden wir ein Privatkonzert geben. Aber am Ende war es mit das größte Konzert, das wir je hatten", sagt Haslberger und lacht. Ihre Schwester und sie haben so auch die Clubbesitzer unterstützen wollen, die es gerade nicht leicht haben. "Das gesellschaftliche Leben rollt langsam wieder an, aber bis die Clubs wieder aufmachen dürfen, wird es noch dauern. Mit virtuellen Live-Konzerten können sie sich ein zweites Standbein aufbauen."

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Auch Lena und Sophie Haslberger haben so musikalisch wieder etwas zueinandergefunden, wollen aber trotzdem neben "Sweet Lemon" ihren eigenen Weg gehen. "Ich habe die meiste Zeit damit verbraucht, in der Holledau bei meinen Eltern Songs zu schreiben", sagt Sophie Haslberger. Sie möchte in Zukunft eher Richtung Jazz gehen, ihre Schwester Indie machen.

© SZ vom 04.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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