Freisinger Kulturszene:Keine Lust auf Übergangslösungen

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Konzerte wie dieses auf dem "Utopia Island"-Festival in Moosburg 2017 sind im Moment undenkbar. Aber ob mit den geltenden Hygienevorschriften die gleiche Stimmung aufkommt, bezweifeln viele (Archivbild). (Foto: Marco Einfeldt)

Alle auf Abstand und Masken-Pflicht: Dass bei einem Konzert unter diesen Umständen so richtig Stimmung aufkommen kann, können sich Künstler und Veranstalter in Freising noch nicht so recht vorstellen.

Von Laura Dahmer, Freising

Am Dienstag wurden in Bayern Lockerungen für den Kulturbereich verkündet: Veranstaltungen mit 50 Besuchern in geschlossenen Räumen, im Freien sogar bis zu 100, sind damit wieder möglich. Mit eineinhalb Meter Abstand natürlich - und Maskenpflicht. Dass bei einem Konzert unter diesen Umständen so richtig Stimmung aufkommen kann, können sich Künstler und Veranstalter in Freising noch nicht so recht vorstellen. Dass es sich finanziell lohnt, ebenso wenig. Ob die neuen Lockerungen das kulturelle Leben in Freising also endlich aus dem Wartestand holen können? Viele bezweifeln es.

"Wir warten jetzt erst mal auf eine konkrete Ausformulierung der Hygienevorschriften", sagt Ingo Bartha, Kulturamtsleiter der Stadt Freising. "Aus dem, was bisher dazu veröffentlicht wurde, kann man unmöglich eine detaillierte Planung machen." Man sei bei der Stadt aber gerade zugange, das genauer zu erörtern. Mit Veranstaltungstechnikern bespreche Bartha zum Beispiel gerade, ob und wie sich in einer Location wie dem Lindenkeller 50 Besucher mit jeweils vier Quadratmeter pro Person einfinden könnten. "Und wie es dann mit der Wirtschaftlichkeit aussieht." Bartha hat sich dazu auch bereits mit der neuen Kulturreferentin des Stadtrats, Susanne Günther (Grüne), besprochen.

Freisings Kulturreferentin Susanne Günther. (Foto: Marco Einfeldt)

"Natürlich hoffen wir darauf, dass das kulturelle Leben wieder anlaufen kann", sagt diese. "Kultur ist systemrelevant." Für sie sei aber klar, dass die Lockerungen an der Planung der Stadt vorerst nichts ändern können. "Das ist leider alles sehr techno- und bürokratisch, Veranstaltungen werden normal ein Jahr im Voraus geplant", so Günther. Ein paar Events könnten eventuell aus dem Kulturfonds finanziert werden, ansonsten müsse sich das Kulturamt wohl fürs Erste darauf beschränken, Veranstaltungen von privaten Organisatoren zu unterstützen.

Ob die Künstler selbst überhaupt auftreten wollen ist ungewiss

Eine weitere Unsicherheit aus Ingo Barthas Sicht: "Wer von den Künstlern ist überhaupt spielbereit?" Viele hätten länger nicht mehr geprobt, einige, so weiß auch Susanne Günther, haben gar keine Lust auf Übergangslösungen wie Autokonzerte, die anderenorts zurzeit veranstaltet werden. Zu diesen Künstlern gehört auch Lukas Maier, Komponist, Pianist und Chorleiter des Freisinger Ensembles Anchora. "Für Kabarett oder Improvisationstheater kann das funktionieren, die Situation an sich hat ja fast etwas Albernes", bemerkt der 28-jährige Haager lachend. "Aber was zum Beispiel Chorkonzerte angeht, glaube ich nicht, dass das der Sache gerecht wird." Musiker seien bei ihren Konzerten in der Regel sehr auf die Akustik bedacht. "Musik aus dem Autoradio oder dem Handylautsprecher, das funktioniert für mich einfach nicht", sagt Maier, auch mit Blick auf die Streamingkonzerte, die viele Musiker während der Coronakrise über die sozialen Medien veranstalten. Dass andere Teile des kulturellen Lebens - Kabarett, Lesungen, Theater - mit den Lockerungen langsam wieder aufblühen könnte, kann Maier sich dagegen durchaus vorstellen.

Auch Chorleiter Lukas Maier präferiert keine Übergangslösung. (Foto: Marco Einfeldt)

Auch Fritz Andresen von der Stadtjugendpflege hofft auf kreative Lösungen und darauf, dass zumindest Kneipen jetzt wieder Kleinkünstler auf die Bühne holen können. Er selbst weiß noch nicht, wie die Planungen in den kommenden Wochen weitergehen. "Dafür ist es noch zu früh, die Lockerungen wurden ja gerade erst beschlossen", sagt er. Auch für ihn bedeutet die Entscheidung aber nicht, dass die Kultur jetzt mit einem Paukenschlag wieder in den Landkreis zurückkehrt. "Natürlich spuken viele Ideen in meinem Kopf herum, aber wir müssen jetzt erst mal gucken, was sich überhaupt umsetzen lässt. Kulturamtsleiter Ingo Bartha sieht das ähnlich: "Es sind zu viele offene Fragen, es fehlen Stimmung um Möglichkeiten, um hier jetzt einen großen Kultursommer und ein Programm nachzuliefern, wo fünf Mal die Woche was los ist."

Klar, die aktuelle Situation sei für viele Künstler gerade nicht leicht, sagt Lukas Maier. Andererseits haben die meisten die Zeit auch nicht mit Nichtstun verbracht, sondern mit Musizieren und Komponieren. "So sehr die Kultur gerade fehlt, können wir uns nach der Krise vermutlich auf eine ganze Welle neuer, großartiger Dinge freuen", sagt der Komponist.

© SZ vom 28.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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