Rechtsstreit um Echinger Bürgermeister:"Stellung als Amtsträger missbraucht"

Lesezeit: 3 min

Wenn es nach Echings SPD geht, sollte Sebastian Thaler sein Bürgermeisterbüro bald räumen. (Foto: Marco Einfeldt)

Echings Bürgermeister Sebastian Thaler akzeptiert einen Strafbefehl wegen Untreue über 240 Tagessätze und ist somit vorbestraft. Das Amtsgericht sieht es als erwiesen an, dass er der Gemeinde "Nachteil zugefügt" hat. Inhaltlich schweigt sich Thaler weiterhin aus.

Von Klaus Bachhuber, Eching

Als einzige Gemeinde im Landkreis Freising hat Eching nun einen vorbestraften Bürgermeister, rechtskräftig belangt wegen Untreue gegen die eigene Gemeinde. Das Amtsgericht Freising sieht es als erwiesen an, dass Bürgermeister Sebastian Thaler seine "Stellung als Amtsträger missbraucht" und der Gemeinde "Nachteil zufügt" habe, so der Text des einschlägigen Paragrafen. Thaler wurde zu 240 Tagessätzen verurteilt.

Thaler versandte am Montag eine Stellungnahme, in der er inhaltlich weiterhin nichts zu den Vorfällen sagt. Er betont darin nur, dass er "in der Hoffnung, die für mich und meine Familie sehr belastende Situation der letzten zweieinhalb Jahre endlich zu beenden, entschieden habe, die Geldstrafe des Amtsgerichts Freising zu akzeptieren".

Newsletter abonnieren
:SZ Gerne draußen!

Land und Leute rund um München erkunden: Jeden Donnerstag mit den besten Freizeittipps fürs Wochenende. Kostenlos anmelden.

Sein Ziel sei es, "dass in unserer Gemeinde endlich wieder Ruhe einkehrt und sich die örtliche Politik wieder mit voller Kraft auf die wirklich wichtigen Herausforderungen konzentrieren kann". Er habe jederzeit seine Verpflichtungen im Amt erfüllt. Nun hoffe er, "dass durch das Ende des Verfahrens wieder ein menschlicher Umgang miteinander möglich ist".

Als widerrechtlich wertet das Gericht all jene Zahlungen im Kontext eines Rechtsstreits von Thaler um eine Auseinandersetzung am Echinger See, die von ihm angewiesen wurden, nachdem der Bürgermeister seine Berufung gegen die erstinstanzliche Verurteilung zurückgenommen hatte.

Thaler hätte den Gemeinderat über die Rücknahme der Berufung informieren und die Zahlungen vom Gemeindekonto stoppen müssen, so das Gericht. Stattdessen seien aber weitere 8419,68 Euro von Gemeindekonten abgebucht worden, für die Thaler nun verurteilt wurde.

Trügerische Idylle: Durch eine tätliche Auseinandersetzung am Echinger See kam der Rechtsstreit ins Rollen. (Foto: Marco Einfeldt)

Thaler hatte den Rechtsstreit um die tätliche Auseinandersetzung am See 2018 zunächst vollkommen ohne Einschaltung des Gemeinderats aus der Gemeindekasse finanzieren lassen. Erst nach einem Hinweis bei der örtlichen Rechnungsprüfung wurden die Ausgaben nachträglich zur Genehmigung vorgelegt. In einem weiteren Beschluss wurde vom Gemeinderat auch die Kostenübernahme einer Berufung zugesagt.

Allerdings habe Thaler dem Gemeinderat weder die Einschätzung des Oberlandesgerichts mitgeteilt, wonach eine Revision zwecklos wäre, noch die darauffolgende Rücknahme der Berufung. Mit diesen Informationen wären die Beschlüsse völlig anders zu sehen gewesen.

Das Mandat des Gemeinderatsbeschlusses habe sich zudem ohnehin nur auf die Verfahrenskosten bezogen, so die Auslegung des Gerichts, nicht aber auf die Schadensersatzsumme, zu der Thaler verurteilt worden war. Auch diese rund 4500 Euro plus Verzinsung ließ Thaler aber von der Gemeinde begleichen.

Bislang hat Thaler nicht mitgeholfen, das Geld von den früheren Anwälten der Gemeinde zurückzuholen

Dem Vernehmen nach hat Thaler die im Strafbefehl inkriminierte Summe mittlerweile an die Gemeinde zurückbezahlt. Das wird nun Einfluss haben auf das anhängige Verwaltungsgerichtsverfahren der Gemeinde gegen ihren Bürgermeister. Außer der vermeintlichen Rückzahlung hat sich Thaler bislang strikt verweigert, an der Rückholung des von der Gemeinde ausgegebenen Geldes, etwa von den damaligen Anwälten, mitzuwirken.

Der Gemeinderat hat daher eine Verwaltungsklage gegen den Bürgermeister eingelegt, die allerdings wegen des anhängigen Strafverfahrens bislang geruht hatte. Am Mittwoch tritt der Gemeinderat zu einer Sondersitzung unter Leitung von Zweitem Bürgermeister Axel Reiß zusammen, um den Fortgang dieses Verfahrens im Lichte des rechtskräftigen Strafbefehls zu beraten.

Dritter Bürgermeister Leon Eckert, der im Auftrag des Gemeinderats die juristische Abwicklung federführend betreut, begrüßte es, dass mit der Rechtskraft des Strafbefehls "mal ein Schlusspunkt gesetzt ist und die Landesanwaltschaft dienstrechtliche Klarheit schaffen kann".

Auch gegenüber der SPD hat der Bürgermeister Gesprächsangebote bis zuletzt ausgeschlagen

Hauptthema am Mittwoch ist jedoch unabhängig von der akuten Entwicklung um den Bürgermeister das Verfahren gegen die damaligen Gemeindeanwälte wegen fehlerhafter Beratung. Hier liegt ein Vergleichsvorschlag des Gerichts vor, über dessen Annahme der Gemeinderat befinden muss.

Die SPD, die Thaler 2016 als Kandidaten präsentiert hatte, zeigte sich von dessen Rücknahme des Einspruchs zum Strafbefehl "sehr überrascht", man sei nicht informiert gewesen. Eine abschließende Bewertung wolle man erst nach dem nun folgenden Disziplinarverfahren vornehmen, heißt es in einer vom Ortsvorsitzenden Victor Weizenegger gezeichneten Stellungnahme.

Thaler habe auch gegenüber der SPD "Gesprächsangebote bis zuletzt ausgeschlagen", bedauert Weizenegger: "Eine ehrliche Aufarbeitung der Vorgänge durch Sebastian Thaler hätte längst zu einer Klärung führen können." Diese Haltung des Bürgermeisters sei "unschön" und "überschattet" die Erfolge seiner Amtszeit.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusSternenkinder
:"Ich habe drei Söhne, aber vier Kinder"

Anne Rhode hat ihre Tochter 2015 still zur Welt gebracht. Sie erzählt von ihrem Weg durch die Trauer und wie sie jetzt anderen Betroffenen hilft. Im Oktober hat sich im Landkreis der Arbeitskreis "Sternenkinder" gegründet, der auf die Situation von Familien nach Fehl- oder Totgeburten aufmerksam machen will.

Von Francesca Polistina

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: