Details sind jetzt gefragt:Kalt erwischt

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Die Kommunen an der Bahnstrecke München-Landshut werden von den Plänen des Freistaats zum vierspurigen Ausbau völlig überrascht. Die Notwendigkeit wird kaum bezweifelt, doch die Bürgermeister fürchten den Lärm.

Von Klaus Bachhuber, Eching

Geht es nach den Plänen des Freistaats, verlaufend die Gleise in einigen Jahren durch Pulling vierspurig. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Pläne des bayerischen Verkehrsministeriums für einen viergleisigen Ausbau der Bahnstrecke München-Landshut haben die Anlieger kalt erwischt. In keinem einzigen Rathaus hatte man vor dem SZ-Bericht am Samstag Kenntnis von der bereits seit Monaten laufenden Untersuchung. Alle Planungen zwischen Oberschleißheim und Neufahrn gingen von einer dauerhaft zweigleisigen Streckenführung aus. Jetzt warten alle auf Details. "Da gibt es viel zu bereden", so Freisings Rathaussprecherin Christl Steinhart.

Speziell im Westen der betroffenen Strecke, in Ober- und Unterschleißheim, halten die Bürgermeister einen Ausbau auf vier Gleise innerorts für völlig illusorisch. "Das ist definitiv nicht vorstellbar", sagt Unterschleißheims Bürgermeister Christoph Böck (SPD). Das Ministerium hatte betont, als Vorgabe der Studie sei offen gelassen, ob die zwei Zusatzgleise entlang des bestehenden Schienenkörpers und daher durch die Orte führen würden oder auf einer völlig neu zu erschließenden Trasse, mutmaßlich entlang der Autobahn A92.

Der Ausbau eröffnet Chancen, wichtig ist den Kommunen aber Lärmschutz

Mit dieser Route, als Strecke für den Transrapid noch vehement abgelehnt, könnten sich die beiden Anliegerkommunen schon anfreunden. "Das eröffnet auch Chancen", betont Oberschleißheims Bürgermeister Christian Kuchlbauer (FWG). Bei einer Auslagerung des Durchgangsverkehrs würde sich das Lärmproblem innerorts schlagartig verringern und für die S 1 wäre ein Zehn-Minuten-Takt denkbar.

Aus Neufahrn lässt Bürgermeister Franz Heilmeier (Grüne) seine Sprecherin übermitteln, dass sich die häufigen Probleme im Mischbetrieb auf dem Außenast der Linie S 1 wohl nur mit einem viergleisigen Ausbau lösen ließen. Für ihn wäre allerdings "die Ertüchtigung und der Ausbau der Strecke gegenüber einer neuen Trasse zu favorisieren".

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Doch auch, wer die außerörtliche Route positiv sieht, versieht das mit dem Vermerk, dass optimaler Lärmschutz für Betroffene sichergestellt sein müsse. Bei einem Neubau wäre das leichter umsetzbar als unter den Zwangspunkten einer dicht besiedelten Ortsdurchfahrt, erwartet Echings Bürgermeister Sebastian Thaler (parteilos). Bei einer innerörtlichen Lösung wäre eine Tunnelführung für die Bahn "mehr als zeitgemäß", fordert er.

Die Gemeinden Eching und Freising wünschen sich klare Ansagen

Grundsätzlich seien die Untersuchungen aber uneingeschränkt zu begrüßen, findet Thaler, "die öffentliche Infrastruktur hinkt 15 bis 20 Jahre hinterher". Außer des viergleisigen Ausbaus müsse daher unbedingt auch eine Verlängerung der U6 bis zur S1 in die mittelfristigen Pläne. Vor allem aber erwartet der Bürgermeister "nach 30 Jahren hin und her" endlich Klarheit über die Situation. Eching plane mit Freiraum entlang der Bahngleise für eigene Wege, die bei einem Ausbau hinfällig würden. Auch bei den Plänen für das Neubaugebiet Böhmerwaldstraße unmittelbar an der Bahn hätte man anders vorgehen können, wenn Ausbaupläne nicht ausgeschlossen worden wären: "So könnte das eine andere Belastung ergeben."

Freising habe bei seinen jüngsten Planungen an der Strecke - etwa am Seilerbrückl oder der Angerstraße - einen möglichen Ausbau zwar immer mit berücksichtigt, schildert Steinhart. Die viergleisige Lösung wäre allerdings "für Pulling eine extreme Härte". Dort drohten meterhohe Lärmschutzwände durch den Ort. Vor der Kenntnis von Details könne man dazu zwar nichts sagen, allerdings gebe es "großen Gesprächsbedarf". Die Stadt erwarte jetzt, "dass das Ministerium mal auf die Anlieger zukommt".

Die Untersuchungen für den Ausbau laufen seit 2017

Die Bahn hatte vor 30 Jahren den Ausbau zur Flughafenerschließung avisiert. Unter anderem auch, weil die Anliegerkommunen mit massivem Schulterschluss eine Tunnellösung für den Ausbau gefordert hatten, wurden die Pläne zunächst stillschweigend nicht mehr verfolgt und dann in mehreren amtlichen Aussagen offiziell begraben. Nun räumte das Verkehrsministerium auf SZ-Recherchen ein, dass seit 2017 Untersuchungen für den Ausbau liefen und eine Aufnahme des Projekts in den Bundesverkehrswegeplan beantragt sei.

"Echte Probleme erledigen sich eben nicht von selber", zeigt sich Casimir Katz (Oberschleißheim) aus dem Vorstand der überörtlichen Bürgerinitiative "Bahn im Tunnel" wenig überrascht von dem Schwenk. Überraschend sei der Zeitpunkt der lange so kategorisch ausgeschlossenen Planung, "der Fakt an sich ist es nicht".

© SZ vom 07.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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