Alfons Berger schreibt Chroniken:"Wenn man nicht aufpasst, dann wird das zur Sucht"

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Wer etwas über die Kranzberger Heimatgeschichte wissen will, der muss sich nur an Alfons Berger wenden. Der Gemeindearchivar leitet das Heimatmuseum und veranstaltet dort regelmäßig Ausstellungen. (Foto: Marco Einfeldt)

Alfons Berger hat 1992 die Chronik von Gremertshausen geschrieben. Aktuell arbeitet er an der von Kranzberg. Der erste Teil der Geschichte handelt von der Geologie, dem Bernstorfer Berg und der kommunalen Entwicklung seit 1818. Er muss heuer fertig werden.

Interview von Petra Schnirch, Kranzberg

Wer in Kranzberg eine Frage zur Heimatgeschichte hat, wendet sich an Alfons Berger. Der Gemeindearchivar leitet das Heimatmuseum, macht dort regelmäßig Ausstellungen und führt Besuchergruppen durch das Bronzezeit-Museum am Pantaleonsberg. Im Interview mit der SZ Freising erzählt er von seinen vielfältigen Aufgaben.

SZ: Kranzberg ist eine ziemlich rührige Gemeinde, für die Sie sich seit vielen Jahren engagieren. Was freut Sie im Rückblick besonders?

Berger: Das ist der Erhalt des Pantaleonsgebäudes. Es gab auch Stimmen, das ehemalige HJ-Heim abzureißen. Fenster und Türen waren kaputt geschlagen, es gab Schmierereien im Saal - Randalierer haben sich dort getroffen. Ich habe das Haus dem Landkreis als archäologisches Museum angeboten, der hat aus Kostengründen jedoch abgelehnt. Dann haben wir das selber gemacht und allein 35 000 Euro für die Kapelle gesammelt. Etwa 50 Kranzberger haben mitarbeitet, fünf Jahre lang, über 10 000 Stunden. Jetzt ist es das Schmuckstück schlechthin für Kranzberg - und wird akzeptiert.

2014 ist das Bronzezeit-Museum im Dachgeschoss eröffnet worden. Ist ein solches Projekt nicht eine Nummer zu groß für eine Gemeinde wie Kranzberg?

Die Frage wurde immer wieder gestellt, vor allem ob das finanzierbar ist. Die Hälfte der Kosten haben wir als Spenden, als Zuschüsse bekommen. Es ist sicherlich eine Anstrengung für eine so kleine Gemeinde gewesen. Aber wenn man die Bedeutung des Bernstorfer Berges bedenkt, ist es gerechtfertigt. Es gibt keine vergleichbare bekannte Anlage aus der Mittleren Bronzezeit nördlich der Alpen.

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Empfinden Sie es als Missklang für den Betrieb des Museums, dass die Echtheit der Gold- und Bernsteinfunde angezweifelt wird?

Ich habe überhaupt keine Zweifel und überzeuge die Besuchergruppen jedes Mal aufs Neue. Ich war bei den Ausgrabungen seit 1995 regelmäßig am Bernstorfer Berg. Es ist halt ein Streit der Wissenschaftler. Es waren steinharte Klumpen, am Gold (Anm. d. Red. der Fund von Manfred Moosauer und Traudl Bachmaier im Jahr 1998) war Erdreich fest verklebt, das durch Tschernobyl 1986 kontaminiert war. Also kann es nicht später dahin gelegt worden sein. In einer anderen Ummantelung befand sich ein verkohlter Stab. Wenn man die Holzkohle nachträglich da rein gebastelt hätte, wäre sie zerbröselt. Durch Kohlenstoffdatierungen hat man festgestellt, dass sie zu anderen Holzkohlefunden am Bernstorfer Berg passt. Was ich bedauere, ist, dass der Kiesabbau damals nicht gestoppt wurde, dass man die Fundfläche nicht komplett untersucht hat. Aber wir können auch so beweisen, dass es eine wirklich große Anlage war, mit 13 oder 14 Hektar.

Was passiert in diesem Jahr?

Heuer wollen wir die Dissertation von Vanessa Baer vorstellen, die sehr, sehr exakt gearbeitet und auch den Pantaleonsberg mit einbezogen hat. Auch dort haben wir eine Scherbe aus der Bronzezeit gefunden.

Haben Sie sich immer schon für Geschichte interessiert?

Immer schon, auch als Schüler. Später ist mir eines Tages der arische Nachweis meines Onkels in München in die Hände gefallen, da habe ich angefangen, intensiv zu forschen. Irgendwann landet man im Staatsarchiv, in der Staatsbibliothek und in den Pfarrämtern. Ich habe die ersten Chroniken gemacht - und dann muss man aufpassen, sonst wird das zur Sucht ( lacht).

Seit wann investieren Sie so viel Zeit?

Das ging 1992 los mit der Chronik für Gremertshausen, ich habe aber immer geschaut, dass Mitarbeiter als Basis da sind, dann ist man kein Einzelkämpfer. Vor kurzem habe ich den Nachlass von Traudl Bachmaier bekommen, in 18 Umzugskartons. Das muss man alles durchschauen, das ist eine Mammutarbeit. Niederlagen habe ich aber auch erlebt.

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Zum Beispiel?

Mit dem großen Bild, das im Saal des Pantaleonsgebäudes hängt. Das gehört den Schwedenschützen, gemalt hat es der große Kopist Christian Goller, der in den Siebzigerjahren in Kranzberg gelebt hat. Es passt genau an die Wand. Wir hatten es provisorisch dorthin gestellt, mir wurde dann vorgeworfen, wir hätten vollendete Tatsachen produziert. Die Abstimmung im Gemeinderat ging negativ aus. Ich habe die Kollegen "Kunstbanausen" geschimpft. Jetzt hängt es hinter einem gestifteten Vorhang, jeder, der will, kann es sehen.

Sie arbeiten gerade an der Kranzberger Chronik, wann wird sie fertig?

Der erste Teil zur Geschichte muss heuer fertig werden. Es geht um Geologie, den Bernstorfer Berg, Gerichtsgeschichte, Vereine, Handwerker und die kommunale Entwicklung seit 1818. Der zweite Band ist eine Chronologie der 65 Altanwesen, die ältesten gehen auf das 17. Jahrhundert zurück. Im dritten Teil geht es um Feldkreuze, Marterl und die kirchlichen Ereignisse.

Wie lange arbeiten Sie schon daran?

Eigentlich seit 1990, kann man sagen. Man muss ja sammeln, sammeln, sammeln. Besonders gefreut hat mich ein Bild aus dem Jahr 1612, das eine Schneidermeisterprüfung in Kranzberg zeigt. Die Gemeinde hatte ein Mail bekommen vom Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg, das wissen wollte, wo die Szene spielt. Es muss oben auf der Burg am Pantaleonsberg gewesen sein. Dann haben wir noch ein zweites Bild von einer Gerichtssitzung beim Fischerwirt, das habe ich 1992 zufällig in einer Ausstellung in Straubing entdeckt. Diese Darstellung von 1612 ist einmalig für das ländliche Bayern. Kranzberg war damals ein Ort mit 400 oder 500 Einwohnern und hat doch Geschichte gemacht. Es freut mich, dass wir Kopien davon haben, auch wenn wir die Originale nicht zurückbekommen.

Was schätzen Sie an Kranzberg heute?

Es ist landschaftlich sehr schön eingebunden, wir haben den Kranzberger See, es hat schon einiges zu bieten. Wir sind nicht explodiert wie zum Beispiel Hallbergmoos, Allershausen, Eching oder Neufahrn. Wir haben eine gewisse Eigenständigkeit bewahrt. Ich bin gerne hier.

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