Hochschulen in Freising:Eine Allianz für Weihenstephan

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Im Herbst startet an der TU München ein ganz neuer Masterstudiengang, der Fachkräfte für den Agrar- und Lebensmittelbereich ausbildet. (Foto: Johannes Simon)

Um in der Agrarforschung zu den Top-Standorten in Europa zu zählen, sind eine enge Kooperation von TUM, HSWT und Landesanstalt und eine strukturelle Neuausrichtung unerlässlich. Details stehen noch nicht fest, wilde Gerüchte einer Übernahme sind aber ausgeräumt.

Von Petra Schnirch, Freising

Ein Fachgespräch im Landtag hat etwas mehr Klarheit in die Diskussionen um die Zukunft der Agrarwissenschaften in Weihenstephan gebracht. Gerüchte, die TU München (TUM) könnte die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) einfach so schlucken, sind jedenfalls vom Tisch. Das Ziel sei vielmehr ein "Schulterschluss", sagte Frank Ewert, Leiter der eingesetzten Expertenkommission. Details, wie eine engere Zusammenarbeit in einer Agrar-Allianz aussehen könnte, gibt es noch keine. Fest steht für Ewert aber, dass eine strukturelle Neuausrichtung notwendig sein wird, wenn Weihenstephan zu den Top-Agrarstandorten in Europa zählen will.

Von der Agrar-Forschung werden in den kommenden Jahren und Jahrzehnten Antworten auf grundlegende Fragen erwartet. "Die Landwirtschaft ist systemrelevant", betonte Ewert mit Blick auf Themen wie Klimawandel und Ernährungssicherheit. In den bestehenden Strukturen werde Weihenstephan nicht in der Lage sein, den Veränderungsprozess entscheidend mitzugestalten. "Es werden umfängliche Lösungen erwartet." Grundlagen- und anwendungsorientierte Forschung müssten besser verzahnt werden. Das niederländische Wageningen sei ein positives Beispiel dafür, wie eine Neuorganisation gelingen könne.

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Ins Rollen gebracht hatten den Prozess die Präsidenten von TUM, HSWT und Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), Thomas Hofmann, Eric Veulliet und Stephan Sedlmayer, selbst. Sie führten miteinander Gespräche über eine engere Kooperation und gingen mit ihren Vorschlägen auf die Staatsregierung zu. Die beiden Minister Michaela Kaniber und Markus Blume installierten daraufhin die Expertenkommission, Sounding Board genannt, die die Ideen bewerten soll. Im Herbst will sie ihren Bericht vorlegen. Erst wenn Ziele und Profile klar seien, könne - gemeinsam mit allen Akteuren, auch aus der Politik - über neue Strukturen diskutiert werden, sagte Ewert. Ein Beispiel fiel dennoch: Sinnvoll wäre eine Abstimmung bei der Berufung neuer Professorinnen und Professoren.

Dass die drei Institutionen in Weihenstephan enger verzahnt werden sollen, um das ganze Potenzial des Standorts auszuschöpfen, wird seit vielen Jahren beschworen. Die Schwerpunkte der TUM liegen in der Grundlagenforschung, die der HSWT in angewandter Forschung und Lehre. Die Landesanstalt wiederum konzentriert sich auf Lösungen für die Praxis. Einiges ist in der Vergangenheit bereits geschehen, TUM-Präsident Thomas Hofmann erinnerte am Donnerstag daran, dass in den vergangenen vier Jahren gemeinsam mit der HSWT 140 Publikationen entstanden seien, sie sei damit jetzt schon wichtigster Partner der TUM. Anderes wie ein gemeinsamer Studiengang von TUM und HSWT wurde dagegen wieder eingestellt. Eine klare Linie fehlt bisher. Er habe das Gefühl, dass es "noch nicht so läuft, wie es laufen könnte", sagte Wissenschaftsminister Blume.

Die Zahl der Bewerbungen an der TUM im Agrar-Bereich steigt wieder

Vor allem die Ausbildung an der TUM war in den vergangenen Jahren immer wieder als zu praxisfern in die Kritik geraten, die Zahl der Studienanfänger im Agrarbereich war zeitweise auf 39 zurückgegangen. Zuletzt seien es aber wieder 112 gewesen, sagte Hofmann. In diesem Jahr sei die Zahl der Bewerbungen noch einmal um 60 Prozent gestiegen - entgegen dem aktuellen Trend in der Bundesrepublik. Er räumte ein, dass die TUM auf dem Weg zur Exzellenzuniversität mit ihrem starken Fokus auf der Grundlagenforschung in "großen Teilen der Systemkompetenzen wie Pflanzenbau, Grünland und Tier" Federn gelassen habe. Sonst wäre die TUM bei der Exzellenzinitiative allerdings "auch nicht vorne dabei". Mehr Praxisnähe dürfte künftig unabdingbar sein.

Über mangelnde Studierendenzahlen kann sich die HSWT seit Jahren nicht beklagen. Sie habe 935 Erstsemester im Agrar-Bereich, sagte Präsident Veulliet. Für das Wintersemester gebe es in den Agrarwissenschaften bisher bereits über 800 Bewerbungen. Die HSWT habe mittlerweile "internationale Strahlkraft", betonte er. Auch ihre Forschungsaktivitäten konnte sie dank der Hightech-Agenda Bayern ausbauen. Diese habe mit 29 zusätzlichen Professoren-Stellen einen "richtigen Schub" gebracht.

Fragen nach einer künftigen Neuordnung in Weihenstephan, beispielsweise von den beiden Abgeordneten Johannes Becher (Grüne) und Benno Zierer (FW), mussten am Donnerstag vorerst unbeantwortet bleiben. Es dürfe kein Brei entstehen, betonte Zierer, die Stärken der einzelnen Partner müssten sichtbar bleiben. Er höre die Ungeduld, sagte Ewert, bat aber um Verständnis, dass der Prozess dauern werde, "wenn er gut werden soll". Deutlich wurde aber, dass sich das Hans-Eisenmann-Forum für Agrarwissenschaften in seiner jetzigen Form nicht zur Steuerung der Agrar-Allianz eignen werde, denn es ist direkt an die TUM angegliedert. Staatsminister Blume versicherte, dass eine Neustrukturierung nicht über eine Umverteilung beim Personal erfolgen werde. Auch künftig werde der Freistaat in Weihenstephan investieren.

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