Staatliche Flüchtlingsheime:Bessere Bedingungen im Kasernenalltag

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In wenigen Tagen öffnet die neue "Anker-Einrichtung" am Moosfeld in Trudering, die Schlafzimmer sind bereit. (Foto: Florian Peljak)

Nachdem die Zustände in der Funkkaserne verheerend waren, will das Jugendamt die Situation der Geflüchteten in der neuen Unterkunft in Trudering stärker beobachten. Vor allem die Isolation ist für Kinder ein Problem.

Von Thomas Anlauf

Das Münchner Jugendamt will künftig viel genauer hinschauen, wie die Lebensbedingungen geflüchteter Kinder und ihrer Eltern in den staatlichen Flüchtlingsheimen der Funkkaserne und am Moosfeld in Trudering sind, das in wenigen Tagen von der Regierung von Oberbayern eröffnet wird. "Es war eine sehr undurchsichtige Situation", sagt Jugendamtsleiterin Esther Maffei. Die Regierung habe "uns viel draußen gehalten".

In der Funkkaserne waren in der Vergangenheit Besuche von städtischer Seite kaum möglich, auch die Presse hatte dort keinen Zutritt, um über die Situation der Geflüchteten zu berichten. Erst als die Regierung nach SZ-Berichten begann, die verschimmelten Bäder und überfüllten Zimmer zu sanieren und Dutzende Geflüchtete in andere Unterkünfte zu verlegen, konnten Sozialreferentin Dorothee Schiwy und Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD) sich ein Bild von den Räumen machen. Mit einem Stadtratsbeschluss, für den derzeit eine Vorlage erarbeitet wird, will das Sozialreferat mehr Personal in den "Anker-Einrichtungen" einsetzen.

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Maffei machte bei einer Veranstaltung des Sozialpolitischen Forums (Sopofo) am Mittwochabend deutlich, dass auch in den beiden Aufnahmeeinrichtungen der Regierung "die ganze Palette der Jugendhilfe zuständig" sei. Wenn der Stadtrat das Maßnahmenpaket des Sozialreferats beschließt, soll es künftig auch einen "Family support" geben vor allem für traumatisierte Kinder und Eltern. Ziel sei, künftig "schneller reingehen zu können", so Maffei. Sie selbst habe in der sanierten Unterkunft der Funkkaserne gemalte Bilder von Kindern gesehen, die sie betroffen gemacht haben: "Aus den Bildern der Kinder blinkt ganz viel Traumatisierung heraus." Tatsächlich haben Münchner Forscher in einer Studie mit Flüchtlingskindern in der Bayernkaserne festgestellt, dass 26 Prozent der Kinder unter posttraumatischen Belastungsstörungen und 16 Prozent unter Anpassungsstörungen leiden. Gerade unter Bedingungen wie in der Funkkaserne, wo Kinder kaum Kontakt zur Außenwelt haben, können diese Störungen lebenslang bestehen bleiben, warnen die Experten.

Das Problem in den "Anker-Einrichtungen" ist für Kinder und Jugendliche vor allem die Isolation. Kinder aus der Nachbarschaft können so gut wie nicht in die Unterkünfte, den geflüchteten Minderjährigen wiederum kann es passieren, dass sie erst drei Monate nach ihrer Ankunft eine Schule besuchen dürfen. Spielmöglichkeiten und auch sozialpädagogische Betreuung gibt es in der Funkkaserne bislang nur stark eingeschränkt.

In der künftigen Unterkunft am Moosfeld in Trudering, die am Dienstag extra für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, sollen von Anfang an etwas bessere Bedingungen herrschen als in der Funkkaserne, versprach Regierungspräsidentin Maria Els. Sie sagte der Landtagsabgeordneten Gülseren Demirel (Grüne), die zwei Mal die Funkkaserne besucht und auf viele Missstände hingewiesen hatte, zu, dass Mütter künftig auf Antrag wenigstens Wasserkocher erhalten, damit sie ihren Kindern Babynahrung warm machen können. Auch will sie prüfen, ob Frauen nun ihre Zimmer abschließen dürfen. Bislang ist das in den gemischten Unterkünften nicht möglich. "Die Männer können nachts in die Zimmer kommen", sagt Elisabeth Ramzews, die als Einrichtungsleiterin bei der Inneren Mission seit vielen Jahren Erfahrungen mit Erstaufnahmeeinrichtungen hat. "Die Frauen haben keinen Schutz", sagt sie.

Gerade diese oftmals menschenunwürdigen Zustände in den staatlichen Flüchtlingsunterkünften stellen die Grünen im Landtag in Frage. Am Donnerstag beschloss der Verfassungsausschuss einen Antrag der Grünen, dass es im Landtag bis Ende Juni eine Expertenanhörung zum Thema "Anker-Einrichtungen" in Bayern gibt. Denn die Situation der Kinderrechte dort ist dramatisch", so Gülseren Demirel. Jugendamtsleiterin Esther Maffei hält es für "extrem wichtig, dass Kinder und Jugendliche so schnell wie möglich dort rauskommen".

© SZ vom 10.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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