Flüchtlinge:Reiters Integrationsplan kommt gut an - nur die CSU ist sauer

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Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hat den Bündnispartner mit seinen Aussagen "irritiert". (Foto: dpa)
  • Reiter will mit seinem Integrationsplan, den es im Detail noch auszuarbeiten gilt, eine neue Phase der Flüchtlingspolitik einleiten.
  • Den Vorstoß verband Reiter am Wochenende damit, die CSU verbal zu attackieren. Die CSU zeigt sich "irritiert" über die Vorwürfe.

Von Heiner Effern und Dominik Hutter, München

Es ist ein Vorstoß, der eint und entzweit: Der Vorschlag des Oberbürgermeisters, einen Integrationsplan für München zu erstellen, stößt im Rathaus auf breite Zustimmung. Dass Dieter Reiter dies am Samstag aber damit verband, der CSU vorzuhalten, sie schüre Neid und Ressentiments, verärgert seinen Bündnispartner. Diesen Vorwurf wies die Münchner CSU am Montag "aufs Schärfste" zurück.

Man könne "rechten Rattenfängern" nur dann Paroli bieten, wenn man die Sorgen und Nöte aus der Mitte der Bevölkerung annehme und dafür Lösungen entwickle, sagte Parteichef Ludwig Spaenle. Bürgermeister Josef Schmid (CSU) zeigte sich "sehr irritiert" über Reiters Aussagen. Offenbar sei der Münchner OB "einer der Letzten, der noch sagt, wir schaffen das alles, ohne die Flüchtlingszahlen deutlich zu reduzieren". Die CSU spalte nicht, sondern nehme die Realität zur Kenntnis.

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Reiter hatte den Integrationsplan am Samstag bei einer Stadtversammlung der Grünen angekündigt, also beim früheren Koalitionspartner der SPD. Dieses Forum zu wählen, bezeichnete CSU-Fraktionschef Hans Podiuk als "Rempelei", gab sich ansonsten aber gelassen. In Reden müsse ja stets Neues geboten werde, allerdings sei nicht allzu viel Konkretes zu hören gewesen. Nach SZ-Informationen gab es bei der montäglichen CSU-Fraktionssitzung Unmut über Reiters Auftritt, er wird als Provokation gewertet.

Reiter will eine neue Phase der Flüchtlingspolitik einleiten

Wie Podiuk vermisst auch Grünen-Fraktionschefin Gülseren Demirel ein "gut durchdachtes Konzept". Reiters Ankündigungen seien "sehr punktuell" gewesen. Dennoch begrüßte Demirel die Grundlinie Reiters, der sich um ein überparteiliches Bündnis für eine konstruktive Flüchtlingspolitik bemühe. Das sei in der aktuellen Stimmungslage "richtig und gut".

Reiter will mit seinem Integrationsplan, den es im Detail noch auszuarbeiten gilt, eine neue Phase der Flüchtlingspolitik einleiten. Bisher sei es vor allem um die Unterbringung gegangen, sagte er. Jetzt gelte es "verstärkt darauf zu schauen, was es braucht, um eine möglichst schnelle und gute Integration der Menschen zu erreichen".

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Notwendig seien einheitliche Standards sowie eine bessere Koordination. Dafür müssten verstärkt Hauptamtliche eingesetzt werden. "Für mich liegt der Schlüssel in Sprache, Bildung und beruflicher Integration." Gespräche mit Sozialreferentin Brigitte Meier und Stadtschulrat Rainer Schweppe sollen demnächst stattfinden.

"Wir müssen das Rad nicht neu erfinden"

Im Sozial- wie im Bildungsreferat geht man davon aus, dass der angekündigte Plan vor allem vorhandene Angebote aufgreift, verbessert und vereinheitlicht. Schon jetzt fördere die Stadt aus eigener Kasse Deutschkurse für Flüchtlinge, die noch keinen Anspruch auf das Angebot des Bundes haben, so Matthias Winter vom Sozialreferat. Aktuell stünden 1600 Plätze für Erwachsene und 400 für unbegleitete Minderjährige zur Verfügung.

Zudem gebe es in jeder Unterkunft Ehrenamtliche, die beim Erlernen der deutschen Sprache sowie dem Kennenlernen der hierzulande üblichen Verhaltensweisen behilflich sind. "Wir müssen das Rad nicht neu erfinden", sagte SPD-Sozialsprecher Christian Müller. Michael Mattar, Fraktionschef von FDP, Hut und Piraten, wurde von Reiters Vorstoß überrascht - positiv, wie er sagt. "Es ist dringend erforderlich, dass wir unsere Anstrengungen besser koordinieren." Das sei im Krisenmodus der vergangenen Monate zu kurz gekommen.

Auch professionelle Helfer wie Andrea Betz von der Inneren Mission begrüßten Reiters Ankündigung. "Wir freuen uns sehr und würden auch gerne mitarbeiten", sagt die Abteilungsleiterin für Flüchtlingshilfe und Migration. Sie stellt alles, was in den Plan hinein muss, unter ein Leitmotiv: "Für Integration braucht es eine Perspektive." Das Erlernen der deutschen Sprache lege dafür nur die Basis. Entscheidend sei jede Form von Bildung, also der Zugang zu Kitas, Schulen, Ausbildung. "Das muss so früh wie möglich beginnen. Möglichst schon bei den Dreijährigen oder bei noch Kleineren."

© SZ vom 19.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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