Flughafen München:70 300 Kubikmeter Beton und 2500 Tonnen Stahl

Lesezeit: 5 min

Eine Illustration der FM zeigt, wie die Erweiterung Terminal 1 am Flughafen München aussehen soll, wenn er Ende 2025/Anfang 2026 - wie derzeit geplant - in Betrieb geht. (Foto: FMG (oh))

Der neue Flugsteig am Terminal 1 des Münchner Flughafens kommt wohl erst Ende 2025. Die Kosten steigen auf mehr als 600 Millionen Euro. Ein Baustellenrundgang.

Von Gerhard Wilhelm, Flughafen

Als der Aufsichtsrat der Flughafen München GmbH (FMG) im Juni 2018 die Freigabe für den neuen Flugsteig am Terminal 1 des Münchner Flughafens erteilte, war eine weltweite Pandemie fast nur ein Thema für Romane. Kaum war 2019 Baubeginn, verbreitete sich im Frühjahr 2020 der Covid-19-Virus weltweit und der Luftverkehr kam fast ganz zum Erliegen. Drei Jahre später sind die Rohbauarbeiten überwiegend abgeschlossen. Bis zur Fertigstellung wird es aber mindestens Ende 2025 werden. Ursprünglich hatte man mit 2022 gerechnet. Katrin Hennig, Projektleiterin seitens der FMG, nimmt es gelassen, und wenn sie jetzt durch die Baustelle geht, kann sie sich genau vorstellen, wie in drei Jahren alles aussehen wird auf den drei öffentlichen Ebenen auf insgesamt 95 000 Quadratmeter, wovon 5000 auf Umbauten im Bereich B des alten Terminals fallen .

Als die Erweiterung geplant wurde, war der A380 noch das Maß, nach dem man sich richtete

Mit dem Vorfeld, auf dem die Flugzeuge künftig stehen werden, ist man schon so gut wie fertig. Etwa 120 000 Quadratmeter - etwa 17 Fußballfelder, wie Katrin Hennig sagt - umfasst die Fläche. Bis in einen Meter Tiefe reicht der Unterbau, der immerhin mal die Lasten eines A380 tragen soll. Und ein leerer A380 wiegt schon 275 Tonnen, das maximale Startgewicht darf 569 Tonnen betragen. Und auch die anderen Dimensionen des größten Airbus lassen erahnen, warum das neue Gebäude 340 Meter lang und 42 Meter breit ist, aber nur sechs sogenannte Kopfbauwerke hat, an denen später die Flieger andocken können. Das aktuelle Modell des A 380-800 hat eine Länge von 72,30, eine Höhe von 24,10 Metern und eine Flügelspannweite von 79,80 Metern.

FMG- Projektleiterin im Gepäck und Zollbereich des neuen Terminals. (Foto: Marco Einfeldt)
Hier entsteht der Abflugbereich. (Foto: Marco Einfeldt)
Bis zu zwölf Flugzeuge sollen positioniert werden können. (Foto: Marco Einfeldt)

Je nach Größe der Maschinen sollen an dem Erweiterungsbau des Terminal1 bis zu zwölf Flugzeuge positioniert werden können. Als die Erweiterung geplant wurde, war der A380 noch das Maß aller Dinge und 47,9 Millionen Passagiere nutzten den Münchner Flughafen im Jahr. Im vergangenen waren es nur noch 12,5 Millionen Fluggäste. "Wir gehen davon aus, dass sich das Verkehrsaufkommen am Münchner Airport ab 2024 - spätestens aber 2025 - wieder auf Vorkrisenniveau bewegt", erklärte jüngst ein zuversichtlicher Jost Lammers, Vorsitzender der FMG-Geschäftsführung.

Flughafenchef Jost Lammers geht davon aus, dass sich das Verkehrsaufkommen am Münchner Airport ab 2024 wieder auf Vorkrisenniveau bewegt. (Foto: Andreas Gebert)

Zurzeit ist zwar nur der Rohbau fast fertig, aber beim Gang durch die Baustelle lassen sich die späteren Ausmaße erahnen. Alles wirkt noch größer zurzeit, da die endgültigen Decken und Fußböden noch nicht vorhanden sind, was alleine bei der Decke etwa einen Meter weniger Höhe im Betrieb ausmacht, erläutert Katrin Hennig. Die Zahlen zum Bau sind enorm: Ungefähr 70 300 Kubikmeter Beton und 2500 Tonnen Stahl sind verbaut. Dazu waren etwa 126 000 Materialtransporte mit Lastwagen nötig und weitere 110 000 mit Kleintransportern. Der neue Flugsteig ist als rechtwinkelige Erweiterung des bestehenden Passagiergebäudes, dem Terminal 1, das seit Eröffnung des Flughafens am 17. Mai 1992 steht, angelegt - auf Höhe der Terminalbereiche A und B. Ungefähr 320 Meter ragt der Bau in das westliche Vorfeld des Flughafens. Mehr geht nicht, sonst kommen größere Flugzeuge nicht mehr auf dem Rollfeld vorbei. Der Ausbau hat drei Ebenen (E03, E04 und E05), die später über ein Zentralgebäude über eine Pier ans Terminal 1 angebunden sind.

Im Durchschnitt sind etwa 300 Arbeiter täglich auf der Baustelle

Zu Zeit werden Baumaßnahmen an der Fassade durchgeführt. Die bereits begonnenen Dachdeckerarbeiten sollen - wenn es das Wetter erlaubt - in Kürze fortgesetzt werden. Im Durchschnitt seien rund 300 Arbeiter täglich auf der Baustelle, sagt Katrin Hennig. Bis zum Ende des ersten Quartals 2023 sollen sämtliche Arbeiten an Dach und Fassade des neuen Flugsteigs beendet werden, schreibt die FMG. Die Montage der vier Brücken, die den Neubau mit dem bestehenden Terminalgebäude verbinden sollen, ist für diesen Sommer vorgesehen. Zur Zeit laufen die EU-weiten Ausschreibungen für den Innenausbau, sagt die 46-jährige Projektleiterin.

Mit den Baumaßnahmen soll der Flughafen nicht nur weiter neue Maßstäbe in puncto "Effizienz, Service und Komfort" schaffen, sondern auch die Infrastruktur für den Non-Schengenverkehr an die gestiegenen Anforderungen angepasst werden. Sehr viel habe man dabei aus dem Terminal 2 übernommen, das quasi so eine Art Vorbild ist. Mit dem neuen Flugsteig sollen den Passagieren dann unter anderem zentralisierte Sicherheits- und Passkontrollen, Einzelhandels- und Gastronomiebetriebe sowie zwei zusätzliche 1200 und 950 Quadratmeter große Lounges zur Verfügung stehen. Die Gespräche, wer dort einziehen wird, stünden kurz vor dem Abschluss sagt Katrin Hennig.

"Die Airlines sind alle voll des Lobes von der Erweiterung und freuen sich auf die Fertigstellung", erzählt Katrin Hennig. Eine davon ist die Fluggesellschaft Emirates, die derzeit noch im Terminal 1, Modul C, sitzt und täglich von München aus mit dem A380 nach Dubai und zurück fliegt. Eine Ausweitung der Passagierzahlen sei aber nicht das Ziel des Neubaus, sagt die Projektleiterin. Im Verlauf der vergangenen Jahre sei die Kapazität des Terminal 1 durch die erhöhten Sicherheitsanforderungen und veränderte Verkehrsstrukturen immer weiter reduziert worden. Mit dem neuen Flugsteig werde das Terminal 1 wieder in der Lage sein, die früheren Passagiermengen unter Gewährleistung internationaler Qualitätsstandards abzufertigen. Eine dritte Startbahn sei für den Betrieb der Erweiterung nicht nötigt, sagt die Projektleiterin.

Vier Sonderkontrollstellen sind für sogenannte "High-Risk-Flüge" geplant

Ein Reisen im Schengenraum, der die meisten EU-Länder abdeckt, mit Ausnahme von Irland und den Ländern, die bald dieser Zone beitreten werden, sowie Rumänien, Bulgarien, Kroatien und Zypern, ist relativ problemlos. Für diesen wurde der freie und uneingeschränkte Personenverkehr vereinbart. Obwohl nicht Mitglied der EU, gehören Länder wie Norwegen, Island, die Schweiz und Liechtenstein ebenfalls zur Schengenzone. Vor allem die USA verlangten aber erhöhte Sicherheitsmaßnahmen, sagt Katrin Hennig. Deshalb entstehen auf Ebene 04 vier Sonderkontrollstellen für sogenannte "High-Risk-Flüge". Unter anderem die in die USA.

Als der Flughafen die Investition 2017 bekannt gab, war noch von Baukosten in Höhe von 400 Millionen Euro die Rede. 2018 waren es dann schon 455 Millionen. Nach aktuellen Schätzungen wird die Flughafen München GmbH bis zur Eröffnung mehr als 600 Millionen Euro für das Projekt aufwenden müssen. Mit der Verlängerung der Bauzeit und den enormen Kostensteigerungen in der Bauwirtschaft war eine Erhöhung des Investitionsvolumens verbunden. "Mit den attraktiven neuen Aufenthaltsbereichen sorgen wir dann für einen Qualitätssprung im Terminal 1, der den hier operierenden Airlines eine langfristige Entwicklungsperspektive an unserem Flughafen verschafft und damit die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit des Münchner Five-Star-Airports sichert", erklärt Jost Lammers.

Kurzzeitig war sogar ein Stopp der Arbeiten nach Abschluss des Rohbaus im Gespräch

Angesichts des großen Einbruchs im Flugverkehr durch die Corona-Pandemie war ein Stopp der Bauarbeiten nicht ganz ausgeschlossen. Flughafen-Chef Lammers hatte sogar ins Spiel gebracht, dass er den Abschluss des Rohbaus noch befürworte, dann könne der Innenausbau aber auf Eis gelegt werden, bis der Flugsteig wirklich benötigt werde. Jetzt soll die Erweiterung doch fertiggestellt werden, da die Fluggastzahlen wieder stark ansteigen. Alleine im zweiten Halbjahr 2021 zählte der Flughafen 10,3 Millionen Fluggäste - nach 11,1 Millionen im gesamten Jahr 2020. Aktuell wird eine Inbetriebnahme im Zeitraum viertes Quartal 2025 bis zweites Quartal 2026 angepeilt. Dann ist auch endlich die Arbeit von Katrin Hennig beendet und sie wird sich bei der Feier zur Inbetriebnahme das eine oder andere Glas gönnen, sagt sie.

Katrin Hennig ist Projetleiterin seitens der FMG für den Erweiterungsbau am Terminal 1 am Münchner Flughafen. (Foto: Marco Einfeldt)
Hier entsteht das Kerngebäude mit Lichthof, das die Erweiterung mit dem alten Terminal 1-Gebäude verbinden soll. (Foto: Marco Einfeldt)
Auf der unteren Ebene 03 stehen nach Fertigstellung 16 besetzte Passkontrollstellen und 12 automatische Easy-Pass Spuren. Dazu vier Gepäckausgabe-Rundläufe mit bis zu 400 Meter Anstell-Länge. (Foto: Marco Einfeldt)
Die Erweiterung des Terminal 1 ist überwiegend verglast. Viel Arbeit später für die Fassadenreiniger. (Foto: Marco Einfeldt)
Das künftige Kerngebäude mit Lichthof, das die Erweiterung mit dem alten Terminal 1 verbindet. In ihm ist der Gastrobereich mit zahlreichen Geschäften. (Foto: Marco Einfeldt)
Durch regelmäßige Probebohrungen wird die Betonbeschaffenheit geprüft. (Foto: Marco Einfeldt)
© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusCSU-Generalsekretär
:Warum einige Mayers Scheitern für vorhersehbar hielten

Nach nicht mal drei Monaten ist Stephan Mayer als Generalsekretär zurückgetreten. In eingeweihten Kreisen der CSU ist eine Diskussion entbrannt, ob das nicht ein Scheitern mit Ansage war.

Von Roman Deininger, Andreas Glas, Johann Osel und Klaus Ott

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: