Jahresrückblick Landkreis Erding:Energie-Visionen und Bürger-Initiativen

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So mickrig sieht es mit der Windkraft im Landkreis Erding aus: Das bisschen Strom, das dieses und eine Handvoll anderer kleiner Windräder erzeugen, ist in der Gesamtschau witzlos wenig. (Foto: Stephan Görlich)

Die Energiewende ist im Landkreis ein großes Thema. Nicht alles läuft glatt. In Wartenberg wird das erste große Windkraftprojekt per Bürgerentscheid gestoppt. Im Isental wollen Bürger grüne Stromproduktion auf genossenschaftlicher Basis realisieren.

Von Florian Tempel

Man kann es sich natürlich schönrechnen. Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien im Landkreis Erding beträgt 140 Prozent des Stromverbrauchs im Landkreis Erding. Das hört sich super an. Bei genauerem Hinsehen ist es aber so: Knapp die Hälfte des Stroms wird in den drei großen Wasserkraftwerken am Mittleren Isarkanal produziert, die vor hundert Jahren konzipiert wurden. An Nummer zwei steht mit 31 Prozent Strom aus Biogas. Photovoltaik holt auf und trägt immerhin mit 22 Prozent zur Stromproduktion im Landkreis bei. Die aus Windkraft erzeugte Strommenge - es gibt nur wenige Kleinanlagen - ist hingegen witzlos gering.

Die Windkraft tut sich im Landkreis schwer. Dabei hatte man vor zehn Jahren alles so schön geplant, Windkraftstandorte festgelegt und eine eigene Gesellschaft mit dem selbstbewussten Namen Energievision Erding (EVE) gegründet. Dann kippte CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer alles. Nun hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) den Bayern Beine gemacht und sie zu mehr Windkraft verpflichtet. Doch die Abneigung vieler Hiesiger hält an. In Wartenberg hat die Mehrheit der Wähler den vom Gemeinderat geplanten Bau eines Windrads in Auerbach, es wäre die erste große Windkraftanlage im Landkreis geworden, per Bürgerentscheid gestoppt. Für Wartenbergs Bürgermeister Christian Pröbst (CSU) ist das doppelt peinlich, weil er auch den EVE-Vorsitz innehat.

Die Bürger-Energie Isental zeigt, was Bürgerbeteiligung bedeuten kann

"Ein totes Pferd sollte man nicht weiter reiten", sagte kurz darauf Oberdings Bürgermeister Bernhard Mücke (CSU) und meint damit die Energievision Erding. Die Gemeinderäte der Verwaltungsgemeinschaft von Oberding und Eitting haben den Austritt aus der EVE beschossen. Mücke nannte zwei Gründe, warum die Gesellschaft überflüssig sei: Laut dem Wind-an-Land-Gesetz der Bundesregierung sollen bis 2027 in Bayern 1,1 Prozent der Fläche als Windkraftgebiete ausgewiesen werden. Die Vorranggebiete werden aber vom Regionalen Planungsverband ermittelt, nicht mehr von den Kommunen. Zudem sei es nicht einzusehen, dass im Landkreis "Doppel- bis Dreifachstrukturen" gebildet würden, sagte Mücke. Er verwies dabei explizit auf den Verein "Bürger-Energie Isental", der sich zu einer regionalen Genossenschaft zusammentun will, um den Bau von Wind- und Fotovoltaik-Energieanlagen in den Gemeinden Isen, Lengdorf, Buch und Sankt Wolfgang zu realisieren.

Die Bürger-Energie Isental zeigt, was Bürgerbeteiligung bei der Energiewende bedeuten kann. Nachdem eine Gruppe von sieben Initiatoren die Gründung einer Genossenschaft für die regionale Stromproduktion angestoßen hatte, machen mittlerweile 60 Aktive in einem halben Dutzend Arbeitskreisen mit. Das ist das erste Fazit wenige Monate nach dem Startschuss: Bürgerbeteiligung bei der Energiewende funktioniert und bedeutet weit mehr, als mit privaten Geldeinlagen am Bau von Photovoltaik- oder Windkraftanlagen zu partizipieren. Das große Ziel der Bürger-Energie Isental ist der Bau von mindestens einer, eher mehreren Windkraftanlagen, da diese auf einen Schlag große Mengen Strom liefern.

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In Dorfen stehen in diesem Jahr PV-Felder im Fokus. Die Stadtwerke bauen in Kooperationen etliche Hektar PV-Anlagen neben der Isentalautobahn auf. Noch bemerkenswerter ist aber das Projekt eines Landwirts, der als Zukunftskonzept für seinen Betrieb eine 18 Hektar große Freiflächenanlage plant. Den Nachbarn gefällt das nicht unbedingt. Im Bauernverband und in der Dorfener CSU hat dieses und ähnliche Projekte aber zu einem Umdenken geführt. Man erkennt an, dass Photovoltaik auch eine unternehmerische Idee nicht nur für Konzerne ist. Vielleicht erkennt man im kommenden Jahr, dass dasselbe für Windkraft gilt.

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