Mietrecht:Wenn der Vermieter mit Eigenbedarf droht

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Der Wohnraumbedarf sollte zudem besser definiert werden, fordert Sozialreferentin Schiwy. (Foto: dpa)
  • Mieter verzichten immer häufiger auf Instandsetzungsarbeiten oder akzeptierten auch unwirksame oder zu hohe Mietforderungen - aus Angst, wegen Eigenbedarfs gekündigt zu werden.
  • Sozialreferentin Dorothee Schiwy verlangt deshalb gesetzliche Verschärfungen, die einen besseren Mieterschutz garantieren.
  • Der Deutsche Mieterbund fordere seit Jahren Verbesserungen, etwa dass Vermieter fünf Jahre auf Eigenbedarf verzichten müssten.

Von Anna Hoben, München

Immer häufiger machen Mieter Ansprüche gegenüber ihren Wohnungseigentümern nicht geltend, aus Angst davor, wegen Eigenbedarfs gekündigt zu werden - das beobachten die Mitarbeiter der städtischen Mieterberatung. So verzichteten Mieter etwa auf Instandsetzungsarbeiten oder akzeptierten auch unwirksame oder zu hohe Mietforderungen. Sozialreferentin Dorothee Schiwy verlangt deshalb gesetzliche Verschärfungen, die einen besseren Mieterschutz garantieren; mit einem entsprechenden Forderungskatalog will sie sich an die Fraktionen im Bundestag wenden.

Tina Willamowius und ihr Kollege Thomas Vogt von der Mieterberatung der Stadt können viele haarsträubende Geschichten erzählen. Zum Beispiel die einer Mieterin, die monatelang darauf verzichtete, eine Reparatur einzufordern, als aus dem Hahn kein warmes Wasser mehr kam. Der Vermieter hatte zuvor mehr oder weniger subtil das Thema Eigenbedarfskündigung eingebracht.

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Eine andere Vermieterin drohte dem Mieter ohne Umschweife: Sollte er einer Mieterhöhung nicht zustimmen, werde sie seinen Vertrag kündigen. Dabei lag die Miete ohnehin schon deutlich über dem Mietspiegel. Eine Eigenbedarfskündigung aus Rache - mindestens einmal pro Woche erzählten Mieter von solchen Drohungen, schätzt Berater Vogt.

"Eigenbedarfskündigungen sind relativ einfach durchzusetzen", sagt Schiwy, "es sind keine großen Bedingungen daran geknüpft." Und sie würden oftmals "für die wildesten Konstellationen" ausgesprochen. Die Sozialreferentin fordert deshalb, dass Eigenbedarf nur noch für Verwandte in gerader Linie gelten sollte, also für Vater, Mutter, Kinder, Enkel - und nicht für den Schwager, das Au-Pair-Mädchen oder "die Putzhilfe der Schwester". Wer Eigenbedarf vortäuscht, sollte mit einem Bußgeld bestraft werden können. Und für eine Zweitwohnung sollte dies gar nicht mehr angemeldet werden können.

Der Wohnraumbedarf sollte zudem besser definiert werden, fordert Schiwy. Das heißt: Einer Familie in einer Drei-Zimmer-Wohnung sollte nicht gekündigt werden können, damit dort der Sohn des Vermieters allein einziehen kann. Schließlich sollten Vermieter den Eigenbedarf besser begründen müssen, wünscht sich die Sozialreferentin. Bisher reicht es, wenn der Vermieter etwa angibt, seine volljährige Tochter wolle einen eigenen Hausstand gründen.

Zuspruch kommt vom Mieterverein. Die Angst vor Eigenbedarf sei allgegenwärtig, sagt dessen Geschäftsführer Volker Rastätter. Bis Ende des Jahres werde der Mieterverein zu solchen Kündigungen ungefähr 800 Fälle bearbeitet haben - doppelt so viele wie 2017. Natürlich sei der Eigenbedarf nicht immer vorgeschoben, aber "die Revanche-Kiste", inklusive Drohungen, mache einen Großteil aus. Auch der Deutsche Mieterbund fordere seit Jahren Verbesserungen, etwa dass Vermieter fünf Jahre auf Eigenbedarf verzichten müssten.

© SZ vom 24.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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