Nachhaltiges Bauen:Ein Rathaus aus dem Lehrbuch

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Etwas Beton, aber ganz viel Holz: Für die Erweiterung ihres Rathauses verwendet die Gemeinde Zorneding vor allem Fichten aus dem eigenen Wald. (Foto: Christian Endt)

Die Gemeinde Zorneding setzt mit der Erweiterung ihrer Behörde Maßstäbe in Sachen Nachhaltigkeit: Das Gebäude wird fast komplett mit Holz aus dem eigenen Wald gebaut.

Von Andreas Junkmann, Zorneding

Der Duft von frischem Holz ist schon von weitem wahrzunehmen. Und "frisch" ist hier tatsächlich das Stichwort, denn der Anbau des Zornedinger Rathauses stand vor wenigen Monaten noch als Fichten im örtlichen Wald. Inzwischen sind die Bäume zu großen Platten verarbeitet worden, die in dieser Woche auf dem Grundstück hinter dem alten Rathaus zu einem neuen Gebäude zusammengesetzt werden. Die Erweiterung der Zornedinger Behörde ist ein Musterbeispiel dafür, wie regionale Rohstoffe vor Ort verwendet werden können. Davon profitiert nicht nur die Gemeinde, die nachhaltige Holzbauweise kommt auch der Umwelt zugute.

Das verwendete Material stammt nämlich zu 100 Prozent aus dem gemeindeeigenen Wald im Süden von Zorneding. Rund 270 Kubikmeter Fichtenholz werden in dem Bürogebäude verarbeitet, in das Ende 2024 dann das Zornedinger Bauamt einziehen soll. Die Gemeinde ist eine der wenigen in Oberbayern, die über einen nennenswerten Waldbesitz verfügt - was ihr nun bei der Rathaus-Erweiterung zugute kommt. Denn, wie Bürgermeister Piet Mayr (CSU) am Mittwoch bei einem Ortstermin erklärt, hätte das Zornedinger Gehölz ohnehin umgebaut werden müssen. Da kam das Projekt gerade zur rechten Zeit. "Der Wald wird verjüngt und fit für den Klimawandel gemacht", so Mayr. Die etwa 120 Jahre alten Fichten konnten für das neue Rathaus verwendet werden, während im Wald Platz für jüngere Bäume geschaffen wird.

Bürgermeister Piet Mayr und Johannes Stanzel vom Bauamt (Mitte) sind stolz auf das nachhaltige Bauprojekt. Lob für die Arbeit der Architektinnen Claudia Peschel und Anne Hüttinger (von rechts) gab es auch von AELF-Bereichsleiter Florian Zormaier und Förster Andreas Winkler (von links). (Foto: Christian Endt)

"Das ist ein großartiges Projekt", lobt auch Florian Zormaier, zuständiger Bereichsleiter am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Er sei begeistert gewesen, als er zum ersten Mal davon gehört habe. Ein Wald sei eben nicht nur Erholungsgebiet und Lebensraum, sondern liefere auch den nachwachsenden Rohstoff Holz. Dieser wird beim neuen Zornedinger Rathaus allgegenwärtig sein: Wände, Böden und Decken werden aus diesem Material sein. Lediglich für den Keller sowie den Bereich des Aufzugs und des Treppenaufgangs kam Beton zum Einsatz. Für Bürgermeister Mayr ist das eine bewusste Entscheidung für einen aktiven Klimaschutz. "Ein Kubikmeter von diesem Holz speichert eine Tonne CO₂", sagt der sichtlich stolze Rathauschef.

Den neuen Sitzungssaal sollen auch die örtlichen Vereine nutzen können

Aber nicht nur die Umwelt, sondern auch die Mitarbeiter sollen von der nachhaltigen Bauweise profitieren. Holz dämmt gut, nimmt Feuchtigkeit auf und sorgt für ein angenehmes Arbeitsklima, so Mayr. In diesen Genuss werden künftig auch die Zornedinger Gemeinderäte kommen, denn in dem Anbau ist auch ein neuer Sitzungssaal vorgesehen. Dieser soll aber nicht nur den Lokalpolitikern allein vorbehalten sein, auch Vereine werden den Raum für Treffen nutzen können. Außerdem sollen ein Serverraum, ein Archiv und zehn Büros in dem neuen Gebäude untergebracht werden. Auch eine barrierefreie öffentliche Toilette ist geplant, die für Besitzer des sogenannten Euroschlüssels Tag und Nacht zugänglich sein wird.

Hier soll der neue Sitzungsaal entstehen, den auch die örtlichen Vereine nutzen können. (Foto: Christian Endt)
Innerhalb weniger Tage stand der komplette Rohbau, der in einer Art Baukasten-Prinzip errichtet wurde. (Foto: Christian Endt)

Rund 5,5 Millionen Euro lässt sich die Gemeinde ihre Rathaus-Erweiterung kosten. "Das ist ein reiner Zweckbau und kein Prunkbau", sagt Bürgermeister Mayr. Die bisherige Behörde sei aus allen Nähten geplatzt, nun sei man für die nächsten Jahre wieder gut aufgestellt. Bei Bedarf könnte das insgesamt dreigeschossige Gebäude, das per Nahwärmenetz und Photovoltaik mit Energie versorgt wird, auch noch weiter nach oben aufgestockt werden - auch das ganz im Sinne der Nachhaltigkeit. Es sei wichtig gewesen, dass man das Gebäude auch wieder ohne Materialverlust auseinandernehmen könne, wie die zuständige Architektin Claudia Peschel sagt. Deshalb werden die Bauteile auch nicht verklebt, sondern lediglich verschraubt.

Ihre Bäume hatte die Gemeinde bei einen Sägewerk in Oberhaching verarbeiten lassen, die Platten daraus wurden in einer Fabrik in Aichach gefertigt. "Von der Urproduktion bis zur Verarbeitung ist das Holz also in Bayern geblieben", lobt Förster Andreas Winkler. Auch Bürgermeister Mayr sagt, dass ein solches Projekt in Bayern nicht alltäglich sei. "Vielleicht nimmt sich ja die ein oder andere Kommune ein Beispiel daran", hofft der Rathauschef. Ein weiteres Argument für die regionale Holzbauweise hat Mayr jedenfalls noch: Die rekordverdächtig kurze Bauzeit. Während nach nur wenigen Tagen der Rohbau schon fast komplett steht, soll bereits nächste Woche mit dem Dachstuhl begonnen werden.

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