Bedürftigen-Hilfe:Zahl der Tafel-Besucher in Vaterstetten nimmt massiv zu

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Supermärkte, Bäcker und Metzger spenden die Lebensmittel, die Menschen mit wenig Geld bei den Tafeln abholen können. (Foto: dpa)

Immer mehr Vaterstettener nutzen das kostenlose Angebot. Grund sind vor allem die zunehmende Quote an Kinder und Jugendlichen.

Von Franziska Langhammer, Ebersberg

Noch keine zwei Monate ist es her, da meldete der Tafel Deutschland Verein einen dramatischen Anstieg der Tafel-Besucher; deutschlandweit immerhin um zehn Prozent. Nun legt die Tafel Vaterstetten nach: In ihrer Gemeinde ist sogar ein Anstieg um 32 Prozent zu verzeichnen. Insgesamt 270 Personen in Vaterstetten sind demnach bedürftig und werden mit den kostenlosen Lebensmitteln versorgt. Vor allem Kinder und Jugendliche machen dabei einen großen Teil des Anstiegs aus.

Den starken Zuwachs erklärt sich Monika Klinger von der Nachbarschaftshilfe Vaterstetten vor allem durch den Zuzug von Familien mit geringem Einkommen ins Übergangswohnheim in Vaterstetten. In dieser Unterkunft wohnen 87 Personen, die meisten davon Familien mit vielen Kindern, so Klinger. Solange die Eltern keine Anstellung gefunden haben, können diese Familien zur Tafel kommen. Zur Ausgabe würden jedoch nicht die Kinder erscheinen: "Es sind hauptsächlich die Mütter, die hier einmal pro Woche Lebensmittel abholen", sagt Klinger.

"So einen starken Anstieg haben wir nicht", erklärt Hans Rombeck von der Grafinger Tafel. Vor allem die Anzahl der Asylsuchenden, die früher häufig zur Ausgabe gekommen sind, sei stark rückläufig; aus dem einfachen Grund, weil die Unterkünfte für Geflüchtete in Grafing aufgelöst und deren Bewohner anderweitig untergebracht wurden. "Allerdings hat sich die Zahl der Bedürftigen auf einem hohen Level eingepegelt", sagt Rombeck.

Etwa 30 bis 50 Abholer kämen wöchentlich zur Ausgabe, so Rombeck; das bedeute geschätzt etwa 100 bis 120 Personen, die mit dem Essen der Tafel versorgt würden. Rombeck erklärt sich das unter anderem damit, dass die Menschen heute besser informiert würden, wo sie Hilfe bekommen können, wenn das Geld knapp wird - beispielsweise beim Beantragen von Sozialhilfe. "Armut war schon immer da", sagt Rombeck, "sie hat sich jetzt nur verfestigt."

"Vor allem ältere Leute sind es nicht gewohnt, Hilfe anzunehmen"

Auch Sabine Küpferling, Leiterin der Tafel Aßling, berichtet von einem "ziemlich gleich bleibenden, hohen Niveau" an Kunden. Geschätzt 35 Familien, also etwa insgesamt 100 Menschen würden hier wöchentlich mit kostenlosen Lebensmitteln versorgt. Dabei kommen die Besucher der Tafel aus allen Alters- und Bildungsschichten: alleinerziehende Mütter, ältere Menschen oder auch Männer, die durch Scheidung in diese Situation kommen, so Küpferling. "Vor allem ältere Leute sind es nicht gewohnt, Hilfe anzunehmen", erzählt sie. "Da ist die Hemmschwelle besonders hoch." Aßling habe derzeit jedoch einen akuten Helfernotstand zu vermelden, so Küpferling: "Viele ältere Tafel-Mitarbeiter hören aus Altersgründen auf, aber es kommen keine jungen nach."

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"Wir haben eine recht konstante Zahl an Kunden", sagt auch Heidrun Pfefferkorn von der Tafel Zorneding. Zur Lebensmittelausgabe kämen bis zu 22 Menschen in der Woche. "Auch Geflüchtete fangen an, langsam heimelig bei uns zu werden", so Pfefferkorn mit Blick auf die bisher noch sehr geringe Nachfrage von dieser Seite. Viele Rentner und alleinerziehende Mütter kämen, aber auch immer wieder Studierende. Manchmal koste es einiges an Überzeugungsarbeit, erzählt Pfefferkorn, dass die Menschen sich auch zur Tafel trauten: "Aber wenn sie sich überwunden haben, fühlen sie sich immer wohl."

Eine Stammkundschaft zwischen 25 und 35 Menschen wöchentlich kommt zur Abholung von Lebensmitteln in Ebersberg. "Das ist relativ kontinuierlich", sagt Liane Spiegelberg, Sozialpädagogin der Kirchlichen Allgemeinen Sozialarbeit unter der Trägerschaft des Diakonischen Werks Rosenheim. Auch hier ist das Publikum ein bunt gemischtes: Mehr als 14 Nationen treffen in den neu sanierten Räumen an der evangelischen Kirche zusammen, darunter Alleinerziehende, Geringverdiener, aber auch viele Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen.

"Unsere Kunden helfen sich auch gegenseitig", erzählt Spiegelberg. Während auch über 80-Jährige sich bei der Essensausgabe engagieren, mangelt es jedoch seit Neuestem bei der Ebersberger Tafel an Fahrern - vor allem die teils schweren Lieferungen ins Auto zu wuchten ist eine Knochenarbeit.

© SZ vom 12.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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