Weihnachten im Landkreis:Wenn Holz zu erzählen beginnt

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Jedes Stück Holz birgt eine Geschichte. Aber nur wenige können sie so gut lesen wie Melanie Kirchlechner aus Vaterstetten. (Foto: Christian Endt)

Kunst und Handwerk geben sich im Schaffen von Melanie Kirchlechner aus Vaterstetten die Hand. Seit mehr als 30 Jahren baut sie Krippen, die nicht nur zum Anschauen da sind. Ein Werkstattbesuch.

Von Franziska Langhammer, Vaterstetten

Manche Geschichten werden nicht in Sprache verpackt erzählt, vielmehr entfalten sie sich leise und geduldig und sind nur für diejenigen wahrzunehmen, die ein gutes Auge und ein feines Gespür haben. Melanie Kirchlechner besitzt diese Gabe. Die 62-Jährige nimmt eine halbmondförmige Scheibe aus Fichtenholz in die Hand und fährt mit dem Finger darüber. "Holz hat viel zu erzählen", sagt sie. "Es hat einen ganz eigenen Charakter." Auf dem Halbrund macht sie in der natürlichen Maserung des Holzes eine Figur aus, die der biblische Josef sein könnte - vielleicht mit Hut? Auf jeden Fall mit Stab. Kirchlechner legt das Stück Holz auf eine Dekupiersäge, lässt das dröhnende elektrische Werkzeug an und beginnt, den Josef vorsichtig herauszusägen.

Für die einen ist es ein Holzpilz, für Melanie Kirchlechner ist es die Figur des Josef. Hier schneidet sie mit der Dekupiersäge den Jesusvater heraus. (Foto: Christian Endt)
Das Ergebnis wird dann in etwa so aussehen. (Foto: Christian Endt)

Melanie Kirchlechner ist gelernte Schreinerin. Schon seit mehr als drei Dekaden gibt sie Kurse für das Arbeiten mit Holz, etwa an der VHS Vaterstetten, für Kinder wie Erwachsene. In ihrer Werkstatt im Keller eines Vaterstettener Wohnhauses hängen ordentlich nebeneinander gereiht Schraubzwingen in verschiedenen Größen an der Wand, in einem Regal stehen Kisten, die mit "Kirsche", "Zirbel" oder "Buche" beschriftet sind. Ordnung in der Werkstatt sei essenziell für ihre Arbeit, erklärt die Schreinerin, etwa wenn sie für Kurse mal wieder Werkzeug zusammen suchen müsse.

Für ihren nächsten Workshop hat Kirchlechner bereits Scheiben hergerichtet, aus Fichte. Manche von ihnen sind von einem Pilz befallen, der eine fröhliche Maserung auf die Scheiben malt. Kirchlechner hat für dieses Holz einen liebevollen Namen, sie nennt es "altersoptimiert". Aus den Scheiben dürfen die Teilnehmer eine Krippe sägen. Jedoch keine normale: Melanie Kirchlechner will Kindern wie Erwachsenen helfen, weihnachtliche Ensembles zum Anfassen zu gestalten. Inspiriert von den Ostheimer-Figuren sei sie vor etwa dreißig Jahren auf die Idee gekommen, Krippen haptisch zugänglicher zu gestalten. Spielerisch sollen sie sein, und zum Spielen animieren.

Diese Holzscheiben aus Fichte warten darauf, in weihnachtliche Krippen verwandelt zu werden. (Foto: Christian Endt)

Dass es was Handwerkliches sein musste, beruflich, wusste Melanie Kirchlechner schon früh. Vielleicht Lüftlmalerin -das sind die, die süddeutsche und österreichische Fassaden mit traditionsreichen Malereien verschönern-, Kirchenmalerin oder Holzbildhauerin? Nach dem Abitur lebte und arbeitete sie ein Jahr in Namibia und entschied sich schließlich für eine Lehre bei einem Schreiner im Ort. Damals sei nur jeder zehnte Schreiner weiblich gewesen, erinnert sie sich. Ihr Lehrmeister aber fördert sie sehr: "Ich durfte alles selbständig machen, hatte schon eigene Projekte." Schnell wird klar, dass Melanie Kirchlechner besonders gut im Restaurieren ist, und bekommt viele dementsprechende Projekte zugewiesen.

Bald heiratet sie, bekommt ihr erstes Kind, arbeitet in Teilzeit. Die Schreinerlehre ist die Basis, doch genauso gut und gerne schnitzt Melanie Kirchlechner figürlich oder in Holzplatten, die anschließend als Holzschnitte gedruckt werden. "Meine Schreinerlehre hat mir die Liebe zum Holz gebracht", erzählt sie. Warum gerade Holz? "Holz ist das Material mit den größten Möglichkeiten", so die Schreinerin, "das finde ich faszinierend, und das möchte ich in meinen Kursen weitergeben." Kinder im Alter von acht bis zehn Jahren würden besonders intuitiv an das Arbeiten mit Holz herangehen. Nachdem ihr zweites Kind auf die Welt gekommen ist, macht sie sich selbstständig, schreibt nebenbei noch für Fachzeitschriften.

Kunst und Handwerk geben sich immer wieder die Hand in Melanie Kirchlechners Schaffen. Sie zeigt etwa filigrane Tortenheber, gefertigt aus edlen, fein geschliffenen Hölzern, oder erzählt von toten Schmetterlingen, die sie zu Kunstwerken verarbeitet. Die Schmetterlinge, das muss man dazu schreiben, waren bereits tot, als Kirchlechner sie gefunden hat. Außerdem ist Melanie Kirchlechner Oberflächenspezialistin, hat zu diesem Thema auch ein Buch geschrieben. Gleich nach dem Gespräch mit der SZ Ebersberg muss sie los, noch den Stuhl von einem älteren Ehepaar reparieren.

Weihnachtliches Ensemble: Die ersten Krippen hat Melanie Kirchlechner noch bunt bemalt. (Foto: Christian Endt)
Heute lässt sie die Farbe lieber weg und konzentriert sich auf das, was das Holz auf natürliche Weise vorgibt. (Foto: Christian Endt)
Der Josef hier hat weder Stock noch Hut, zu erkennen ist er trotzdem ziemlich gut. (Foto: Christian Endt)

Krippen aus Holz hat Melanie Kirchlechner nun schon drei Jahrzehnte lang in ihrem Repertoire. Dabei steht bei ihr nicht unbedingt die christliche Heilsgeschichte im Vordergrund, sondern vor allem das Miteinander. "Von der staden Zeit kann man ja heute nicht mehr reden", sagt sie. Aber gerade die Vorweihnachtszeit solle man dazu nutzen, drinnen was zusammen zu machen, zum Beispiel eben aus Holz etwas Kreatives zu schaffen. Neben Krippen könne man sich als Laie etwa auch an Kerzenleuchtern oder kleinen Laubsägearbeiten versuchen. Melanie Kirchlechner findet: "Mit Holz zu arbeiten, das ist immer stimmungsvoll."

Wer private Holzwerkkurse bei Melanie Kirchlechner buchen will, zum Beispiel für sich, Kinder oder auch in kleineren Gruppen, kann sich unter www.holz-sinn.de über ihre Angebote informieren.

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