Greensill und Vaterstetten:Die nächste Pleite

Lesezeit: 2 min

Die Pleite der bremisch-australischen Privatbank Greensill hat die Gemeinde Vaterstetten 5,5 Millionen Euro gekostet. (Foto: Sina Schuldt/dpa)

Vaterstetten könnte in der Causa Greensill erneut Verluste erleiden. Der Vermögensvermittler, den die Gemeinde erfolgreich verklagt hat, soll in finanziellen Schwierigkeiten stecken.

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Erst Anfang August hatte die Großgemeinde einen großen Erfolg erzielt: Das Oberlandesgericht München sprach Vaterstetten eine Million Euro zu. Zahlen soll diese ein Anlagevermittler, welcher nach Ansicht des Gerichts die Gemeinde zu spät über Probleme bei der Greensill-Bank informiert hatte, wo Vaterstetten rund 5,5 Millionen Euro angelegt hatte - die nach der Pleite des Geldhauses Anfang 2021 erst einmal weg waren. Nun gibt es Hinweise, dass es zumindest in nächster Zeit nichts werden könnte mit dem Geldsegen: Der verurteilte Anlagevermittler, eine Firma aus der Region, soll in ernsten finanziellen Schwierigkeiten stecken und Insolvenz beantragt haben.

Bei der Gemeinde Vaterstetten sei man bislang über eine mögliche Insolvenz des Vermittlers nicht informiert worden, sagt Georg Kast, Wirtschaftsförderer und Referent von Bürgermeister Leonhard Spitzauer (CSU). Allerdings hält Kast eine anstehende Insolvenz der Firma auch nicht für komplett unwahrscheinlich, auch und gerade in dem kurzen zeitlichen Zusammenhang mit dem Urteil am Oberlandesgericht. Sollte sich die Pleite des Anlagevermittlers bestätigen, könnte das für die Gemeinde Vaterstetten bedeuten, dass sie von der erstrittenen Million vielleicht keinen Cent sieht. Diese Möglichkeit sieht auch Kast, wenn die Kassen des Vermittlers leer sind, "kann es sein, dass es gar nichts gibt".

In zwei Instanzen hat die Gemeinde gegen den Anlagevermittler gewonnen

Das Verfahren gegen den Anlagevermittler hatte die Gemeinde ein Vierteljahr nach der Bankenpleite auf den Weg gebracht. Damals, im Herbst 2021, suchte man nach Möglichkeiten, zumindest einen Teil des Geldes wiederzubekommen. Ein gutes Jahr später schien dieses Vorhaben von Erfolg gekrönt, das Landgericht München I sprach der Gemeinde eine Million Euro zu. Begründet wurde dies mit einem angeblichen Versäumnis des Anlagevermittlers.

Dieser, so die Überzeugung des Gerichtes, hätte die Gemeinde zu spät über Probleme bei der Bremisch-Australischen Privatbank informiert, so dass diese ihre Einlagen im Dezember noch einmal erhöht hatte. So hatte damals bereits die Bankenaufsicht (Bafin) gegen Greensill ermittelt. Gewissermaßen die letzte Chance, um zumindest nennenswerte Teile des Gemeindevermögens zu retten, habe nach Auffassung des Gerichts Anfang März bestanden. Damals veröffentlichte die Nachrichtenagentur Bloomberg eine Warnung, dass es bei Greensill bald zu Problemen kommen könnte.

Aus dem Insolvenzverfahren gegen Greensill gibt es positive Neuigkeiten

Der Anlagevermittler argumentierte mit einem Haftungsausschluss in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen, dies ließ die Kammer indes nicht gelten, sie sah eine Pflichtverletzung des Beklagten. Dieser rief die nächste Instanz an, doch das Oberlandesgericht bestätigte das Urteil, der Beklagte habe einen zwischen ihm und der Gemeinde bestehenden Auskunftsvertrag verletzt, darum stehe der Klägerin Schadensersatz zu. Revision ließ das Oberlandesgericht nicht zu, die Möglichkeit, gegen das Urteil Beschwerde einzulegen, hat der Beklagte nicht wahrgenommen - möglicherweise, weil man lieber den Ausweg über ein Insolvenzverfahren anstrebt.

Ein solches läuft derzeit auch noch für die Greensill-Bank und hier könnte es für die Gemeinde Vaterstetten erfreulicher ausgehen, sagt zumindest Kast: "Das sieht relativ gut aus, da wird es Geld geben." Wie viel die Gemeinde am Ende aus der Konkursmasse bekommt, stehe zwar noch aus, laut Kast sei aber ein Wert im Bereich von 30 Prozent realistisch. Bei den insgesamt 5,5 Millionen Euro, die Vaterstetten bei Greensill angelegt hatte, wären das immerhin 1,65 Millionen. Wann es allerdings so weit ist, bleibt offen, Geld scheint indes vorhanden: Laut eines Berichts des Nachrichtenportals Business Insider hat der Insolvenzverwalter 1,2 Milliarden Euro aus der Greensill-Konkursmasse eingesammelt.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusGeschichte
:"Große Einheiten sind nicht automatisch besser"

Bei der Gebietsreform in den 1960er und 1970er Jahren wurden Tausende Dörfer eingemeindet und verschwanden von der Landkarte. Ein Gespräch mit der Historikerin Julia Mattern über die Geschichte der Gebietsreform und warum Nettelkofen jetzt ein Teil von Grafing ist, Bruck aber nicht.

Interview von Merlin Wassermann

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: