Schnelles Internet in Vaterstetten:Zu viel ist am Ende zu wenig

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In der Karl-Böhm-Straße werden derzeit Glasfaserkabel verlegt. Doch ob und wie der Ausbau in Vaterstetten weitergeht, ist derzeit unklar. (Foto: Christian Endt)

Der Glasfaser-Ausbau in Vaterstetten könnte deutlich langsamer vorankommen als geplant. Es scheint, die beiden Konkurrenten Telekom und Avacomm haben sich in einem Patt verhakt.

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Kommt der Glasfaser-Ausbau in der Großgemeinde zu einem Ende, bevor er richtig begonnen hat? Die Befürchtung gibt es zumindest bei der Firma Avacomm, die derzeit im Nordosten der Kerngemeinde das Glasfasernetz baut. Sie hat nun angekündigt, bis auf weiteres keine weiteren Gebiete mehr zu erschließen. Grund ist, dass auch die Telekom derzeit massiv in Vaterstetten ausbaut - allerdings vielleicht nicht mehr lange.

Das Problem, um das es geht, nennen Fachleute "Überbau". Das bedeutet, der Markt ist eigentlich zu klein, als dass die Netze zweier Anbieter rentabel sind. Meist wird hier eine Quote von einem Drittel der Haushalte genannt, in Vaterstetten waren es vor knapp fünf Jahren, als die Firma Ropa/Echtschnell den Versuch startete, ein Glasfasernetz zu etablieren, sogar 40 Prozent. Damals wurde das Ziel bei Weitem nicht erreicht, gerade einmal vier Prozent der Vaterstettener Haushalte zeigten Interesse. Daraufhin gab es seitens der Politik den Plan, die Gemeinde könnte dank Fördermittel selbst ein Glasfasernetz aufbauen. Spätestens als die Telekom im Juli 2022 bekannt gab, bis 2025 das gesamte Gemeindegebiet mit einem Glasfasernetz versehen zu wollen und die Avacomm im selben Monat eine Erklärung mit gleichem Inhalt veröffentlichte, war der geförderte Ausbau durch die Gemeinde geplatzt. Seitdem stellt sich die Frage: Ist die Großgemeinde groß genug für beide Anbieter?

Auffällig ist, dass die Telekom genau in den Gebieten ausbaut, wo dies die Konkurrenz tut

Nein, sagt Helmut Gallitscher, Geschäftsführer von Avacomm. Das Unternehmen baut bereits seit einigen Jahren in den Vaterstettener Ortschaften das Internet aus, nach Hergolding, Weißenfeld, Parsdorf und Neufarn wurden im vergangenen in Jahr Baldham-Dorf Glasfaserkabel verlegt. Darum habe die Avacomm zunächst auch den Bereich westlich und östlich der Karl-Böhm Straße ausgebaut, also in den Straßen die nach Komponisten und nach Waldtieren heißen. Kurz darauf sei die Telekom aktiv geworden, so Helmut Gallitscher - und zwar exakt in dem Gebiet zwischen jenem, das die Avacomm bereits ausgebaut hatte, und dem Rest der Gemeinde.

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Für die Anwohner ist das eine Belastung - die sich allerdings nicht verhindern lässt, sagt Vaterstettens Bürgermeister Leonhard Spitzauer (CSU). Denn die Gemeinde müsse den Glasfaser-Ausbau zulassen, die Firmen hätten lediglich dafür Sorge zu tragen, dass die Rettungswege nicht behindert und die Straßen hinterher wieder hergestellt werden. Seitens der Gemeinde habe man zwar versucht, die beiden Firmen zu einer Abstimmung zu bewegen, dies habe aber nicht funktioniert, so der Bürgermeister.

Was nicht an seiner Firma gelegen habe, versichert Helmut Gallitscher. Johannes Gallitscher, Leiter Expansion bei Avacomm, sagt, man habe dem Konkurrenten angeboten, für diesen eine Leitung mitzuverlegen - das habe die Telekom aber abgelehnt. Dies bestätigt Markus Jodl, Pressesprecher bei der Telekom - wenn auch indirekt: "Wir bieten 'Mitverlegung' grundsätzlich überall an. Wir haben das auch in Vaterstetten angeboten. Die Wettbewerber lehnen das regelmäßig ab. Natürlich ist das nicht ideal." Was aber auch heißt: Diese Kooperation ist daran gescheitert, dass beide Firmen zwar die Kabel der Mitbewerber verlegen würden - die eigenen aber von diesen nicht verlegen lassen.

Den Vorwurf an die Telekom, sie behindere Mitbewerber, gibt es auch anderswo

Auch habe man der Telekom mitgeteilt, wo man selbst als nächstes ausbaut, damit dieser dann an anderer Stelle bauen kann, sagt Johannes Gallitscher. Doch die Telekom habe dann genau in den Straßen gebaut, welche Avacomm bereits auf dem Schirm hatte. Dieses Vorgehen kenne man auch aus anderen Kommunen, sagt Helmut Gallitscher. Er vergleicht das mit einem "Sperr-Riegel" und vermutet eine Taktik des größeren Konkurrenten dahinter.

Damit ist er nicht der Einzige, bereits seit vergangenem Jahr häufen sich die Beschwerden von kleineren Netzbetreibern bei der Bundesnetzagentur wegen Überbaus der Telekom. Der Vorwurf lautet, die Telekom gehe hier strategisch vor, indem sie gezielt dort ausbaue, wo die Konkurrenz schon im Gange ist. Teilweise reiche schon, dass die Telekom selbst Werber losschickt, um für das eigene Netz zu werben - denn bei zwei Angeboten sinkt die Marge der Interessenten pro Bewerber. Im Endeffekt, so die Kritik, werde dadurch zumindest bis auf Weiteres kein Glasfasernetz gebaut, weil eben die für eine Rentabilität nötige Zahl an Abnehmern nicht zustande kommt. Profitieren würde davon die Telekom - die besitzt schließlich überall schon das Kupferkabel-Netz, und dies solle mit der Überbau-Strategie vor Konkurrenz geschützt werden.

Genau diese Situation habe man in Vaterstetten, so Helmut Gallitscher weiter. Aktuell sei man nicht in der Lage, das Netz weiter auszubauen, als man es bereits getan habe. Denn durch die Kundenakquise zweier Anbieter sei in manchen Gebieten "ein Patt erreicht". Tatsächlich berichten einige Vaterstettener davon, dass sie die Werber der Telekom zwar - teilweise ziemlich vehement - von einem Vertrag für einen Glasfaseranschluss überzeugen wollten, auf Nachfrage, wann man denn mit dem schnellen Internet rechnen könne, eher ausweichend geantwortet hätten.

Seitens der Telekom erklärt man das Vorgehen mit technischen Gründen

Dass man mit dem Ausbau nicht so schnell vorankommt, wie noch im vorvergangenen Jahr angekündigt, räumt die Telekom mittlerweile selbst ein. War im Sommer 2022 noch die Rede davon, bis 2025 das gesamte Gemeindegebiet von Vaterstetten auszubauen, nennt Pressesprecher Jodl nun einen anderen Zeitrahmen: Der "Ausbau wird in verschiedenen Bauabschnitten bis 2026 erfolgen."

Dass man aber die Konkurrenz gezielt behindern würde, streitet Jodl ab, der eigene Ausbau in unmittelbarer Nähe jenes der Konkurrenz habe rein technische Gründe: "Hier wird vor Ort kurzfristig nach der Verfügbarkeit von Manpower, Maschinen und Material entschieden."

Interessant ist in der Auskunft des Pressesprechers indes noch der Verweis auf die aktuelle Internet-Situation in der Gemeinde: "Darüber hinaus hat man an den meisten Anschlüssen in Vaterstetten schon heute die Möglichkeit, einen Internetanschluss mit bis zu 250 Megabit pro Sekunde zu buchen. Niemand muss in Vaterstetten auf schnelles Internet warten. Vaterstetten ist schon heute von der Telekom gut versorgt." Und vielleicht wird das auch noch einige Zeit so bleiben.

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