Ausbaubeiträge in Vaterstetten:"Strabs" ist wieder da

Lesezeit: 3 min

Die Andreas-Herz-Straße in Baldham ist sanierungsbedürftig, im Juni sollen die Bauarbeiten beginnen. Für die Anwohner könnte das teuer werden. (Foto: Christian Endt)

In Baldham soll eine Straße saniert werden - und möglicherweise müssen die Anwohner mitzahlen. Der Grund dafür ist eine Grauzone im Gesetz.

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Teure Post könnte demnächst einigen Anwohnern in Baldham ins Haus flattern: Eine Rechnung für die Sanierung ihrer Straße. Zwar sind die früher üblichen Beiträge für solche Baumaßnahmen seit mehr als fünf Jahren in Bayern eigentlich abgeschafft - für die Andreas-Herz-Straße könnte aber eine Ausnahme gelten. Die muss dringend saniert werden, im Juni sollen die Bauarbeiten beginnen, dies hat der Gemeinderat nun beschlossen. Ob die Anwohner dafür die Rechnung erhalten, wird sich wohl in einigen Wochen zeigen.

Sie war gewissermaßen das Gesellenstück des aktuellen bayerischen Wirtschaftsministers: Die Straßenausbaubeitragssatzung, kurz und prägnant "Strabs" abgekürzt. Mit dieser wurde in vielen Kommunen geregelt, wie sich Anwohner am Straßenbau finanziell zu beteiligen haben. Diese Beteiligung abzuschaffen hatten sich die Freien Wähler im Landtagswahlkampf 2018 auf die Fahnen geschrieben - die sie so heftig schwenkten, dass die damalige CSU-Staatsregierung noch vor dem Wahltag die Anwohnerbeiträge abschaffte.

In der Großgemeinde kam das für viele zum gerade richtigen Zeitpunkt. Denn zwar hatte Vaterstetten jahrzehntelang bei den Anliegern nicht kassiert - 2017 beschloss der Gemeinderat dennoch, eine Beitragssatzung einzuführen, wenn auch unfreiwillig. Grund waren eine Änderung der Kommunalabgabensatzung sowie ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofes, das Gemeinden nur dann erlaubt, auf die Beiträge zu verzichten, wenn sie einen Haushalt ohne Neuverschuldung vorlegen - was in Vaterstetten seit Jahren nicht der Fall ist.

Nicht alles, was wie eine Straße aussieht, ist auch eine Straße

Doch kurz bevor die Satzung erstmals Anwendung finden konnte, wurden die Anwohnerbeiträge gekippt - zumindest teilweise. Denn zwar muss niemand mehr mitbezahlen, wenn die Straße vor dem eigenen Anwesen saniert wird, eine Beteiligung an der Erschließung ist aber nach wie vor vorgeschrieben. Meist ist diese Regelung völlig unstrittig, denn meist geht es hier um Neubaugebiete, in denen auch neue Straßen gebaut werden - aber eben nicht immer. Denn nicht immer ist klar, ob eine Straße wirklich eine Straße ist.

Bereits kurz nach dem Ende der Ausbaubeiträge hatte man im Vaterstettener Bauamt mehrere solcher Nicht-Straßen identifiziert. Für den Laien sind diese nur schwer von richtigen Straßen zu unterscheiden, für Fachleute gelten diese Verkehrswege indes als Provisorien - auch wenn diese schon seit Jahrzehnten in Benutzung sind. Und da hätten nun die Ersterschließungsbeiträge gegriffen: Ist eine Straße offiziell keine, müssen die Anwohner bei einem Ausbau - der dann formell ein Neubau ist - mitbezahlen.

Auszeichnung an verdienten Gemeindebürger
:Peter Linner wird Ehrenbürger von Vaterstetten

Erst zum dritten Mal vergibt die Großgemeinde diese Auszeichnung, der Geehrte war bei der Feuerwehr, im Schützenverein und in der Kommunalpolitik aktiv.

Von Wieland Bögel

Solche, so hieß es zunächst aus dem Bauamt, gäbe es in der Gemeinde reichlich: Jede zehnte Vaterstettener Straße könnte ein solches Provisorium sein - das wären gut 30 Stück. Ein paar Monate später war die Liste auf fünf Nicht-Straßen zusammengeschnurrt - aber schon damals war die Andreas-Herz-Straße noch dabei. Außerdem noch der Brombeer-, Dorffeld- und Dompfaffweg.

Aus Termingründen - zwei Termine, um genau zu sein - verzichtet man dann aber Ende 2019 auch diesmal auf eine Beteiligung der Anlieger. Termin eins war der 15. März 2020 - da fanden die Kommunalwahlen statt. Termin zwei war ein von der Staatsregierung eingeführtes Zeitlimit: Demnach darf der Ausbau von Provisorien nur maximal 25 Jahre nach ihrer Errichtung bei den Anwohnern abgerechnet werden. Zwar wurde noch eine Art Gnadenfrist für ältere Nicht-Straßen eingeführt, aber spätestens am 31. März 2021 war dann Schluss.

Je nachdem, wie man rechnet, könnten Ansprüche noch nicht verjährt sein

So zumindest die bisherige Rechtslage - doch die könnte sich gerade wieder geändert haben, wie Bauamtsleiterin Brigitte Littke nun im Gemeinderat erläuterte. Denn es sei nicht ganz klar, von welchem Stichtag aus sich die Verjährungsfrist für Anliegerbeiträge bemesse. Hierzu gebe es neue Urteile vom Verwaltungsgericht, bislang hatte man immer vom Baubeginn - "erster Spatenstich" - gerechnet, nun könnten die Fristen länger sein.

Ob dies aber auch für die Andreas-Herz-Straße gilt, muss erst geprüft werden. Sollte dies der Fall sein, könnte es für die Anwohner durchaus teuer werden: Rund 355 000 Euro soll die Sanierung der Straße - geplant ist die Erneuerung der Fahrbahn sowie der Entwässerung - nach ersten Berechnungen kosten. Gälte dies als Ersterschließung, lägen laut Kommunalabgabengesetz 90 Prozent der Baukosten bei den Anliegern, aufgeteilt nach Grundstücksgröße und Geschossfläche.

Die Verwaltung sei von der Rechtsaufsicht ausdrücklich auf die neuen Urteile hingewiesen worden, sagt Bürgermeister Leonhard Spitzauer (CSU) auf Nachfrage. Darum müsse man eben prüfen, ob diese als Präzedenzfälle auf die Andreas-Herz-Straße anzuwenden seien. "Wenn nach 30 oder 40 Jahren sowas kommt, ist das für die Anwohner schon bitter", sagt der Bürgermeister, aber die Gemeinde habe hier keinen Ermessensspielraum. Sollten die Anlieger wirklich zahlen müssen, werde die Gemeinde das Geld auf keinen Fall auf einmal verlangen, sondern die Zahlungen über einen langen Zeitraum strecken.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusImmobilien im Landkreis Ebersberg
:Jetzt zugreifen

Zwar ist das Zinsniveau nach wie vor hoch, doch die Preise für Immobilien gehen auch im Raum Ebersberg deutlich zurück. Finanzexperten sind sich deshalb einig, dass nun ein guter Zeitpunkt gekommen ist, um in ein Eigenheim zu investieren.

Von Andreas Junkmann

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: