Trotz Corona:Ebersbergs Wirtschaft liegt bundesweit auf Platz zehn

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Eine magnetgelagerte Hochpräzisionsschleifmaschine der Aßlinger Firma Hofmann & Vratny. Dank der vielen erfolgreichen Unternehmen im Landkreis ist dessen Wirtschaftsniveau und -dynamik trotz Pandemie hoch. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ein Institut hat untersucht, wie unterschiedliche Regionen durch die Pandemie gekommen sind. Die gute Nachricht: Der Landkreis zählt zu den "Outperformern".

Von Merlin Wassermann, Ebersberg

Wissenschaftler sind für ihren nüchternen - man möchte fast sagen: trockenen - Schreibstil bekannt. Da überrascht es nicht, dass die Forscher des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) in ihrem jüngsten vierteljährlichen Bericht den Einfluss des Coronavirus so zusammenfassen: "Die Corona-Pandemie hat die Wirtschaft in den letzten zwei Jahren vor große Herausforderungen gestellt."

Groß waren die Herausforderungen in der Tat - jedoch fielen sie regional unterschiedlich aus. So zumindest die These der Forscher, die 400 Kreise und kreisfreie Städte in Hinblick auf den Einfluss der Pandemie auf die Wirtschaftsleistung untersucht haben. Der Landkreis Ebersberg erreicht dabei mit 54,4 Punkten den zehnten Platz, zumindest im Niveauranking.

Die Forscher unterscheiden zwischen Niveau und Dynamik

Das Niveau, welches die Autoren der Studie auch "Erfolg" nennen, basiert auf den messbaren Variablen Kaufkraft, als Indikator für Wohlstand, und Arbeitslosigkeit, als Indikator für Partizipation. In beiden Bereichen schneidet Ebersberg sehr gut ab, so wie auch der Landkreis München, der den ersten Platz belegt, und die Stadt München, die auf Platz drei landet.

Die maßgeblich positiven Faktoren der Region seien "exzellente Bedingungen für die lokale Wirtschaft", wie es in der Studie heißt. Darunter fallen unter anderem geringe Gewerbesteuersätze, die räumliche Nähe zu Universitäten und der damit verbundene Pool an hochqualifizierten Arbeitskräften sowie die "im bundesweiten Vergleich überdurchschnittlich hohe Beschäftigungsrate von Frauen".

Allerdings ist ein hohes Niveau nicht der einzige Faktor, an dem die Forscher die Auswirkungen der Pandemie auf die Regionen festmachen. Ebenfalls in ihrem Blick ist die Dynamik, also die Entwicklung des Niveaus über einen bestimmten Zeitraum. Diese hatte durch die Pandemie in manchen Regionen einen Dämpfer bekommen. Insbesondere solche Wirtschaftszentren, deren Leistungen auf Industrie und Automobilbranche basieren, zeigten sich anfällig. Doch auch solche Regionen, die bereits ein hohes Niveau erreicht haben, weisen häufig eine niedrigere Dynamik auf.

Der Landkreis Ebersberg zählt zu den "Outperformern"

Der Landkreis Ebersberg erweist sich hingegen als resilient. Da sowohl sein Niveau, als auch seine Dynamik hoch sind - hier erreichte der Landkreis immerhin Platz 13 - gehört er zu den "Outperformern", wie das IW schreibt. Insgesamt 93 der 400 Regionen zählen bundesweit zu dieser Gruppe. Sowohl Stadt als auch Landkreis München sind hingegen Absteiger, das heißt, ihr Niveau ist zwar hoch, doch die Dynamik niedrig. Die Autoren warnen solche Regionen davor, sich "auf ihren Lorbeeren auszuruhen".

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Ein wichtiger Indikator für Niveau und Dynamik sind laut IW die Gewerbesteuereinnahmen - und diese sind in Ebersberg hoch, trotz Pandemie. Zwischen 2018 und 2020 stiegen die Einnahmen aus der Gewerbesteuer im Landkreis um 35 Prozent. Damit zählt Ebersberg zu einer bundesweit auserwählten Gruppe: Nur sieben Prozent aller Kreise zeigten in diesem Zeitraum eine gleichbleibende oder wachsende Steuerkraft. Allerdings ist diese auch in Ebersberg nicht gleich verteilt.

Die Pandemie hat möglicherweise auch positive Auswirkungen gehabt

Eine Abwärtsspirale, vor der die Autoren der Studie bei sinkenden Gewerbesteuereinnahmen warnen, da fehlende Investitionen Niveau und Dynamik senken, lässt sich in Ebersberg also nicht beobachten. Womöglich, so spekuliert das IW, hat die Pandemie in mancher Hinsicht und längerfristig betrachtet sogar positive Auswirkungen.

So sieht das IW die Pandemie auch als einen Beschleuniger von grundsätzlich positiven Trends wie etwa der Digitalisierung der Arbeitswelt und der damit verbundenen Reduktion des Pendelns. Auch das "Bewusstsein und das Handlungstempo für die Dekarbonisierung", also die Reduzierung von Kohlendioxidemissionen, sei durch sie - und den Krieg in der Ukraine - "weiter geschärft und forciert" worden.

Darüber hinaus habe die Pandemie "den Wert wohnortnaher Erholungs- und Grünflächen hervorgehoben". Und schließlich sei aufgrund der Digitalisierung nicht nur der Arbeit, sondern auch der universitären Ausbildung die Möglichkeit gegeben, junge Menschen langfristig an ländliche Regionen zu binden und somit Städte zu entlasten.

Bei alldem ist jedoch auch zu beachten, dass die Pandemie noch nicht vorüber ist und sich die endgültigen Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft dementsprechend bislang nicht völlig abschätzen lassen. Der Landkreis Ebersberg scheint jedoch mehr als glimpflich davongekommen zu sein.

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