Grafinger Bürgermeisterin:"Rechtsverstöße sind nicht erkennbar"

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Grafings Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne). (Foto: Christian Endt)

Nach schweren Vorwürfen von BfG und CSU entlastet die Rechtsaufsicht im Landratsamt Grafings Grüne Bürgermeisterin Angelika Obermayr.

Von Thorsten Rienth, Grafing

Verfügungsrahmen überschritten, zweifelhafte Verwandtschaftsverhältnisse bei der Auftragsvergabe, ein nicht vollzogener Stadtratsbeschluss: Es waren schwere Vorwürfe, die das Bündnis für Grafing (BfG) sowie die CSU an Grafings Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) erhoben hatten. Nun stellt die Rechtsaufsicht im Ebersberger Landratsamt klar: "Rechtsverstöße sind nicht erkennbar." Kritik an den Rathausabläufen gibt es dennoch - die betreffen auch Obermayrs Stellvertreter Josef Rothmoser (CSU) sowie Stadtkämmerer und CSU-Bürgermeisterkandidat Christian Bauer.

Auslöser der Prüfung war eine Dienstaufsichtsbeschwerde von BfG-Stadtrat Heinz Fröhlich zu den Vorgängen rund um das mehrteilige Gutachten zum Zustand der Grafinger Stadthalle. Die CSU hatte sich zwar nicht formell an der Eingabe beteiligt, erhob jedoch die Vorwürfe ebenfalls. Deren zentralen Punkten folgt das Landratsamt jedoch nicht. Dies geht aus einer auf den Montag, 3. Februar, datierten Stellungnahme der Kreisbehörde hervor.

So hatte der Grafinger CSU-Kreisvorsitzende Thomas Huber etwa behauptet, Obermayr habe Aufträge erteilt, deren Summe "weit über den Verfügungsrahmen der Ersten Bürgermeisterin hinausgehen". Diese Darstellung ist laut Rechtsaufsicht "falsch". Keine der Rechnungen, so heißt es, übersteige Obermayrs Grenze von 30 000 Euro, bis zu der sie abzeichnen darf. "Auch hinsichtlich der Wertgrenze liegen keine Anhaltspunkte für Rechtsverstöße vor." Offensichtlich beruhe die Annahme der Kritiker "auf einer unkorrekten Zuordnung einiger Aufträge zu den Rechnungen". Es sei klar erkennbar, dass "die Aufträge getrennt bearbeitet wurden und nicht als Gesamtprojekt zu sehen sind".

Auch die von mehreren Grafinger Stadträten gemutmaßten Kosten für Gutachter zum Zustand der Stadthalle in Höhe von fast 80 000 Euro korrigierte das Landratsamt auf eine Summe knapp über 51 000 Euro deutlich nach unten.

Die Verwandtschaftsverhältnisse der Bürgermeisterin sind zwar nicht Teil von Fröhlichs Dienstaufsichtsbeschwerde, dennoch thematisiert das Landratsamt auch diese. Hintergrund ist, dass Obermayrs Schwippschwager - also der Ehemann der Schwester ihres Mannes - zum Stadthallen-Architektenteam gehört. Allen voran die CSU hatte hierzu Bedenken angemeldet.

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Die Rechtsaufsicht sieht es anders. "Ein Anschein von 'Vetternwirtschaft' entsteht nicht. Rechtsverstöße sind nicht erkennbar." Das Architekturbüro sei bereits mehrfach mit Aufträgen zur Grafinger Stadthalle beauftragt gewesen - "auch vor Amtsantritt der Bürgermeisterin". Zudem mache es Sinn, "weitere Aufträge zu erteilen, da das Objekt und dessen Probleme bereits bekannt sind".

Auf anderer Ebene sieht die Aufsichtsbehörde Versäumisse der Bürgermeisterin

Auch den Vorwurf, Obermayr habe einen Bauausschuss-Beschluss aus dem Herbst 2017 unter anderem zur Sanierung von Lüftungsklappen nicht umgesetzt, verneint die Rechtsaufsicht: Stadtrat und Verwaltung sei durchaus bewusst gewesen, "welche kleinteilige und umfangreiche Vorarbeit für eine Sanierung noch zu leisten ist." Beide hätten diese Aufgabe bei der Verwaltung gesehen und überhaupt kein vollziehbares Votum gefasst. "Die Bürgermeisterin hat daher auch nicht gegen die ihr obliegenden Dienstpflichten verstoßen, indem ein gefasster Beschluss nicht umgesetzt wurde." Genauso wenig hätte Obermayr für die Sanierungsgutachten nicht eigens vorab einen Gremienbeschluss des Stadtrats einholen müssen.

Während das Amt die Vorwürfe von Rechtsverstößen allesamt zurückweist, sieht es solche auf Ebene der Gemeindeordnung (GO) durchaus gegeben. Etwa, weil Obermayr Gutachteraufträge in mehreren Fällen lediglich mündlich erteilt habe. Die Rechtsaufsicht bewertet dies als "klaren Verstoß gegen Art. 38 Abs. 2 GO", wenngleich "dieser Fehler" nicht die Wirksamkeit der Aufträge berühre. Die Aufsicht sei "zumindest verwundert", warum Obermayr dem Stadtrat nicht regelmäßiger vom aktuellen Sanierungsstand der Stadthalle berichtet habe. "Diese Informationspolitik ist grenzwertig."

Im Anschluss mahnt das Amt einen aufmerksameren Umgang bei der Bezahlung von Rechnungen im Rathaus an: Die vier Abschlagszahlungen der Architekten hätte die Verwaltung nicht wie geschehen anweisen dürfen. "Bereits bei der ersten Abschlagszahlung hätte die fehlende Zuordnung zu den einzelnen Aufträgen auffallen und Nachbesserung eingefordert werden müssen", befindet die Rechtsaufsicht. Abgezeichnet hat Obermayr die vier Rechnungen über 51 000 Euro jedoch nicht alleine: Die erste hatte Stadtkämmerer und CSU-Bürgermeisterkandidat Christian Bauer angewiesen, die zweite und dritte die Bürgermeisterin, die vierte Obermayrs Stellvertreter Josef Rothmoser (CSU).

© SZ vom 06.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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