Es war dann wohl doch eher ein recht kurzes Intermezzo zwischen Poing und den MVG-Leihrädern, zumindest kürzer, als es sich die Gemeinderäte angesichts der erfolgten Investition wohl gewünscht hätten: Noch nicht einmal zwei Jahre sind die Räder in der Gemeinde in Betrieb, doch wie Erster Bürgermeister Thomas Stark (parteilos) bei der jüngsten Gemeinderatssitzung bekanntgab, wird daraus definitiv keine Langzeitbeziehung. MVG Rad wird abgeschafft - zumindest so, wie es derzeit läuft, und das nicht nur in Poing, sondern überall.
Bereits im Juni 2019 fiel im Poinger Gemeinderat der Grundsatzbeschluss für das Bikesharing-System aus der Landeshauptstadt, wegen Lieferschwierigkeiten bei den notwendigen Materialien hat es dann ein halbes Jahr länger als geplant gedauert, ehe die drei Leihstationen für die MVG-Räder im Dezember 2021 an den Start gingen - ein Pilotprojekt im Landkreis Ebersberg, denn Poing ist beziehungsweise war hier die einzige Gemeinde mit MVG-Leihrädern: zwei große Stationen mit jeweils zehn Rädern in der Ortsmitte auf der nördlichen Seite des S-Bahnhofes und am Wildpark sowie eine kleine Station mit fünf Rädern am Bergfeldsee.
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Mit der Handy-App " MVG more" lässt sich auf einen Blick erkennen, an welcher Station aktuell wie viele Fahrräder zum Ausleihen parat stehen, also derzeit nicht gemietet sind. Eine Minute radeln macht sich mit acht Cent weniger im Geldbeutel bemerkbar, der Tarif für Studierende und Isarcard-Abonnenten ist niedriger, sofern sie ihre Kundendaten und entsprechende Nachweise in der App hinterlegt haben.
Als der tatsächliche Startschuss fiel, berichtete Bürgermeister Stark von Nachbargemeinden, die ihre ursprüngliche Zahl an Leihstationen beziehungsweise Leihrädern schon bald aufgestockt haben, weil das Angebot so stark genutzt worden war - ein Szenario, das man sich bei entsprechender Nachfrage auch für Poing erhoffte.
Die Verträge zwischen MVG und dem aktuellen Anbieter laufen 2025 aus
Daraus wird nun aber nichts - Nachfrage hin oder her. Denn die Verträge zwischen der Landeshauptstadt München und dem Anbieter für MVG Rad, die Firma Nextbike, laufen 2025 aus. Seit Einführung des Systems hat sich technisch jedoch viel an den Rädern und generell am Konzept des Bikesharings geändert, wie es in den Sitzungsunterlagen heißt. Dementsprechend wird sich mit der neuen Ausschreibung auch einiges am System ändern, "so ist beispielsweise keine teure Stationsinfrastruktur vorgesehen, die Räder werden geleast (statt gekauft) und das System von Anfang an regional ausgerichtet". Also: Ein mögliches Bikesharing-System für den gesamten Landkreis.
An sich keine schlechte Sache, das war zumindest den Wortmeldungen während der Sitzung zu entnehmen. Konkret für Poing hätte es jedoch besser laufen können. Denn da die Räder und die Ständermodule - alles im Eigentum der MVG - im neuen System nicht mehr nutzbar sein werden, lässt das die Investition der Gemeinde Poing im Vergleich zur recht kurzen Laufzeit sehr hoch erscheinen: Bei Beschlussfassung der Zweck- und eine Durchführungsvereinbarung sprach man von 28 000 Euro Kosten pro großer Station, 17 500 Euro für die kleine, dazu noch Betriebskosten in niedriger vierstelliger Höhe. Derzeit werde für die Stelen geprüft, inwiefern und unter welchen Voraussetzungen sie in das Eigentum der Gemeinde übergehen könnten, ebenso die rechtlichen und praktischen Möglichkeiten in Bezug auf die Räder und die Ständermodule, so heißt es in den Sitzungsunterlagen weiter.
"Wir werden das weiter beobachten", sagte Bürgermeister Stark. Er gab seinem Ärger darüber Auskunft, dass die MVG die Gemeinde bei Vertragsabschluss durchaus darauf hinweisen hätte können, dass die Verträge mit Nextbike demnächst auslaufen. "Hat aber keiner", so Stark weiter. Marc Salih (FDP) hakte daraufhin noch einmal nach: "Also das wussten wir gar nicht?" Nein, bekräftige Stark. Und nun stünde eben die Frage im Raum, ob man, falls möglich, tatsächlich die vorhandene Infrastruktur übernehmen solle - "das ist ein Haufen Geld" - oder ob man das bisherige System auf sich beruhen lasse und sich dem darauf folgenden anschließe.
"Ich fühle mich getäuscht", meldete sich Grünen-Gemeinderat und Dritter Bürgermeister Werner Dankesreiter zu Wort. Er bezeichnete die bisher geleistete Investition der Gemeinde als "verlorenes Geld" und regte an, rechtlich zu prüfen, ob und welche Möglichkeiten der Gemeinde wegen des Vorenthaltens von Informationen zur Verfügung stünden.