Markt Schwaben:Baustellenbesichtigung mit ein bisschen Wahlkampf

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An dieser Stelle soll das neue Heizkraftwerk des Kommunalunternehmens Markt Schwaben einmal stehen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Walentina Dahms, stellvertretende Bürgermeisterin Markt Schwabens, hat zum Osterspaziergang und zur Besichtigung von zwei Großbauprojekten geladen. Mit dabei ist auch der noch amtierende Rathauschef Michael Stolze - und spricht sich dort diskret für Dahms als seine Nachfolgerin aus.

Von Merlin Wassermann, Markt Schwaben

Ein wenig symbolisch ist es schon, dass der Ortsspaziergang in Markt Schwaben am jüngst vergangenen Dienstag zu zwei Baustellen führt. Die stellvertretende Bürgermeisterin Walentina Dahms (CSU) hatte eingeladen, das Kommunalunternehmen Markt Schwaben (KUMS) am Erlberg zu besichtigen sowie über geplante Hochwasserschutzmaßnahmen im Einbergfeld zu informieren. Mit von der Partie war auch Bürgermeister Michael Stolze (parteilos).

Baustellen - vor allem politische - hatte es zuletzt einige in der Marktgemeinde gegeben. Ende Februar hatte der amtierende Rathauschef Stolze seinen Rücktritt zu Ende Mai erklärt. Auslöser war die Kontroverse um eine geplante Flüchtlingsunterkunft, für die der Bürgermeister von Anwohnern viel Kritik einstecken musste.

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Walentina Dahms hat daraufhin ihre Kandidatur erklärt und wird neben der CSU von den Freien Wählern und der FDP unterstützt. Ihr Gegenkandidat ist Ronny Schreib von der Partei Zukunft Markt Schwaben, der von den Grünen mitgetragen wird. Michael Stolze, der beim Spaziergang den Hauptredeanteil hatte, stellt sich auf Nachfrage der Süddeutschen Zeitung hinter Walentina Dahms. "Nach vierjähriger guter Zusammenarbeit ist es fast schon ein Automatismus, dass ich für meine Stellvertreterin eine Empfehlung ausspreche", sagt er. Eine große Ankündigung wolle er daraus jedoch nicht machen.

Bürgermeisterkandidatin Walentina Dahms (CSU) und Bürgermeister Michael Stolze (parteilos). Stolze spricht sich für seine Stellvertreterin als Nachfolgerin aus. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Vielmehr gibt Michael Stolze den rund ein dutzend Teilnehmern vor allem Infos, zunächst über das KUMS. In der wieder über den Landkreis hereingebrochenen Kälte - zumindest im Vergleich zu den sommerlichen am vergangenen Wochenende - lauschen sie den Ausführungen des Noch-Bürgermeisters über das Blockheizkraftwerk, das in verführerischer Nähe vielversprechenden weißen Dampf ausstößt.

Langfristig könnte das KUMS mit Wasserstoff betrieben werden

2022 habe das Kraftwerk 5,8 Gigawattstunden Strom produziert, die Fernwärme, die dabei als Abfallprodukt entsteht, würde mittlerweile durch fast vier Kilometer Hauptleitungen in 400 Haushalte und immerhin 18 Großobjekte transportiert werden.

In Zukunft sollen alle diese Zahlen vervielfacht werden. Deswegen klafft neben dem KUMS eine große Baugrube, aus der ein Kran in die Höhe ragt. Dort entsteht ein "neues, innovatives Heizkraftwerk", wie der Bürgermeister ausführt, Spatenstich war Mitte März, schon nächstes Jahr soll die Anlage in Betrieb gehen. Neben einem weiteren gasgespeisten Blockheizkraftwerk soll dort auch eine große Luftwärmepumpe installiert werden, welche wiederum in Zukunft durch eine Photovoltaikanlage mit Energie gespeist werden soll. So will das KUMS langsam, aber sicher, zu erneuerbarer Strom- und Wärmeerzeugung wechseln, womöglich eines Tages sogar mithilfe von Wasserstoff. Kosten wird der Bau der Anlage etwa 17,15 Millionen Euro, finanziert durch Fördergelder.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer lauschen Stolzes Ausführungen zum KUMS. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Als die Zuhörerinnen und Zuhörer schon gut durchgefroren sind, richtet Stolze noch einen Appell an sie: "Jeder Einzelne kann ein Botschafter für das KUMS sein", sagt er. Man habe nicht die Möglichkeiten, Vertreter zu jedem Haushalt zu schicken, also hoffe er auf Mundpropaganda. Die Kritik vorwegnehmend, dass das KUMS mit Gas betrieben wird und damit - anders als etwa die Erdwärme in Poing - noch wenig klimaneutral sei, erklärt Stolze: "Sicher hätte man in der Vergangenheit manches anders machen können, aber viele Kommunen stehen jetzt noch auf null." Das KUMS könne sich in Zukunft weiterentwickeln zu einem klimafreundlichen Kraftwerk in kommunaler Hand.

Am Einbergfeld soll ein neues Rückhaltebecken für den Hochwasserschutz entstehen

Nach einer kurzen Besichtigung der Innenräume des Kraftwerks, wo sich die Teilnehmer kurz die Hände wärmen und ein paar Gummibärchen stibitzen können, geht es ein paar hundert Meter weiter an den Schienen entlang zur nächsten Station. Gerade als es anfängt zu regnen, stoppt Stolze den kleinen Trupp. "Perfekte Überleitung" kommentiert er, denn jetzt ginge es um das Hochwasserschutzkonzept der Gemeinde.

Er deutet auf ein paar geschwungene Hügel und Felder am Einbergfeld, wo sich womöglich bald das nächste Bauprojekt befindet: ein Rückhaltebecken. "Mit schöner Regelmäßigkeit" käme es im Markt zu Überschwemmungen, mit den Baumaßnahmen am Henningbach wolle man dem entgegenwirken, ebenso wie hier, das sei "hoheitliche Aufgabe".

Diese 3D-Simulation zeigt, wie das Rückhaltebecken einmal aussehen könnte. Bürgermeister Stolze betont, dass es sich "sehr gut in die Landschaft einfügen wird". (Foto: Gemeinde Markt Schwaben)

Im Extremfall könnten nach Fertigstellung des Baus des Beckens 240 000 Kubikmeter Wasser zurückgehalten und gedrosselt abgelassen werden. "Das wird aber kein neuer Badesee", betont Stolze sogleich. Nach zwei Tagen sei das Wasser selbst bei einem Starkregenereignis wieder abgeflossen.

Ob das Becken überhaupt kommt, steht indes auf einem anderen regendurchtränkten Blatt: Jemand hat gegen das Projekt geklagt, der Sachverhalt landet jetzt vor Gericht. Auf dem Weg zurück zum KUMS, wo noch etwas geratscht wird, gibt es einiges an Kopfschütteln über diese neue Baustelle - diesmal eine juristische.

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