Kultur in Markt Schwaben:Ein paar Leichen und ganz viel Spaß

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Die Freifrau (Tamara McAboy, Mitte) ist wirklich keine nette Person. Kein Wunder also, dass Schwester Maria (Sylvia Lorenz, links) und Dr. Kümmersbrück (Luna Künkler) sie erst einmal mundtot machen. (Foto: Christian Endt)

Die Jugendgruppe "Futura" des Theatervereins bringt die Krimikomödie "Mörderstund ist ungesund" auf die Bühne. Sie erzählt von allerhand Turbulenzen in einem psychiatrischen Sanatorium.

Von Michaela Pelz, Markt Schwaben

Attila ist leider krank. Und Leopold Freiherr von Putzstein hat einen wichtigen Termin. Das ist sehr schade, aber da Nero, Napoleon, Lucrezia Borgia, Agatha Christie und all die anderen Figuren vollständig versammelt sind, lässt sich trotzdem erahnen, was das Publikum nun von der jungen Markt Schwabener Theatergruppe Futura erwarten darf.

Eine ganze Menge nämlich, so viel ist nach dem Probenbesuch in der Halle des Theatervereins klar. Denn einerseits überzeugt die Krimikomödie "Mörderstund ist ungesund" von Christine Steinwasser mit einer turbulenten, spannenden Handlung und großartigen Dialogen, andererseits beeindruckt vor allem die Spielfreude der Akteure, die im fiktiven psychiatrischen Sanatorium "Schloss Putzstein" aufeinandertreffen.

Sie mögen verrückt sein und dennoch (oder gerade deswegen?) bester Laune: Nero (Michael Schweighart), Napoleon (Korbinian Herrmansgabner), Lucrezia Borgia (Antonia Buchenrieder) und Agatha Christie (Nicole Költzsch). (Foto: Christian Endt)

Die Insassen eint die Überzeugung, in Wirklichkeit eine illustre, historische Person zu sein - was sie höchst glaubhaft zum Ausdruck bringen: Patientin Murmelreich (köstlich: Nicole Költzsch) etwa hält sich für eine bekannte Kriminalschriftstellerin, weswegen sie auch sofort einen vermeintlichen Diebstahl aufklären will. Dabei sind ihr gern behilflich: der blasierte Herr Korsikowski (mit grandios französischem Akzent: Korbinian Hermannsgabner), dessen in die Jacke geschobene Hand keinen Zweifel an seiner "wahren" Persönlichkeit lässt, Toga-Träger Brenner (Michael Schweighart), der sich mit "Sklaven" grundsätzlich nicht abgibt, die gefährlich-verführerische Frau Retterspitz (Antonia Buchenrieder) und der kernige Herr Hunnermeier (Christian Beslmüller). Souverän den Überblick bewahrt die "echte" Ärztin Franziska Kümmersbrück (kompetent: Luna Künkler), Lebensgefährtin des Schlossbesitzers (Finn Uetzmann).

Der eingebildete Diebstahl ist aber nichts gegen das, was kurz darauf alles in dem Sanatorium passiert. Denn die Noch-Ehefrau des Hausherrn, Änne Freifrau von Putzstein (unfassbar überheblich und herrlich gemein: Tamara McAboy) möchte mithilfe einer Unternehmensberaterin (Meisterin des Business-Sprech: Wiebke Rauschenbach) die Rentabilität des alten Gemäuers erhöhen. Deswegen soll das Schloss in ein Casino umgewandelt werden, alle Kranken nebst Personal - Ärztin, sächselnder Pflegerin (großartig resolut: Sylvia Lorenz) sowie einem eigenwilligen Koch (sehr selbstbewusst: Max Lipsdorf) - sollen dementsprechend ausziehen.

Wer ist echt, wer nur ein vermeintlicher "Gärtner"? Und was machen die beiden Beamtinnen im Hintergrund? Von links: Mark Zeiff, Simon Steiner, Eloise Tuchan und Vassilisa Hesselbarth. (Foto: Christian Endt)

Diesen Plan wollen die Bewohner des Schlosses jedoch mit aller Kraft vereiteln. Während die Patienten mit ihren multiplen Persönlichkeiten freilich ungewöhnliche Rettungsvorschläge haben, greift der Freiherr lieber auf die "klassische" Lösung des Problems zurück. Deshalb kommen nun zusätzlich zwei Gärtner ins Spiel, erst ein echter (der schüchterne Pflanzenversteher Simon Steiner), dann ein falscher (Auftragskiller der Herzen: Mark Zeiff). Kein Wunder also, dass nicht nur die Kommissarin (Eloise Tuchan) und ihre Assistentin (Vassilisa Hesselbarth) bald den Überblick verlieren. Für die Zuschauenden jedoch ist das Geschehen auf der Bühne nicht nur äußerst schlüssig - sondern obendrein zwerchfellerschütternd.

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"Wir wollten wieder etwas Lustiges", sagt Regisseurin Brigitte Knauer, die die Nachwuchsgruppe des Markt Schwabener Theatervereins seit vergangenem Jahr leitet. "Nach der Pandemie bietet sich ein solcher Stoff an, damit sowohl die Zuschauer als auch die Spieler Spaß haben."

Für die Darsteller ergibt sich die Freude am Spiel wohl auch daraus, dass die Rollen perfekt auf sie zugeschnitten sind. Knauer hatte nämlich schon bei der Auswahl des Stücks die Besetzung im Kopf. "Ich wusste zum Beispiel gleich, dass der Attila ein g'standenes Mannsbild sein sollte." Was erklärt, warum Christian Beslmüller dieses "Urviech" verkörpert. Er ist, genauso wie Sylvia Lorenz und Wiebke Rauschenbach, älter als der Rest der Truppe - aufgrund der Vielzahl an Rollen im Stück wurden die Futuras nämlich aufgefüllt mit anderen Vereinsmitgliedern.

Die Mitglieder der Jugendgruppe sind zwischen 16 und 25 Jahren. Einige von ihnen stehen mitten im Abitur - und sind froh, dass sie beim Auswendiglernen des Schulstoffes von der Textarbeit profitieren. Andere studieren bereits und haben daher lange Anfahrtswege - was, so Knauer, es erheblich erschwere, "alle Beteiligten für die Proben unter einen Hut zu bringen".

Betrachtet man das flüssige Zusammenspiel der Akteure, scheint die Terminkoordination trotz allem gut gelungen zu sein. Dass an diesem Nachmittag dennoch nicht alles reibungslos läuft, liegt an der Bühne: Da sie vorher anderweitig belegt war, steht die Halle nun zum allerersten Mal als Spielort zur Verfügung. Dabei zeigt sich, dass zum Theaterspiel weit mehr gehört, als Texte zu beherrschen. Auch Auf- und Abgänge müssen sitzen. Gar nicht so leicht, wenn da plötzlich eine Tür ist, wo man sich vorher nur von rechts nach links bewegt hat. Um die Abläufe zu perfektionieren, lässt Regisseurin Knauer die Szene unerbittlich wiederholen, korrigiert hier eine Aussprache, dort einen Gang.

Regisseurin Brigitte Knauer findet bei Bedarf deutliche Worte - ist aber sonst ganz lieb. (Foto: Christian Endt)

Ganz schön streng klingt sie plötzlich, die sonst so herzliche und stets motivierende Chefin. Ihre Futuras nehmen ihr dies jedoch kein bisschen übel. "Das muss so sein, es ist wichtig, dass nicht jeder irgendwas macht, wir wollen ja alle ein perfektes Stück auf die Bühne bringen", ist aus den Reihen der Jugendlichen zu hören. Auch sonst sind die Darsteller voll des Lobes: "Wir dürfen jederzeit unsere eigenen Ideen einbringen. Und Brigitte findet für jeden die passende Rolle, da können wir uns komplett ausleben", meint etwa die böse Freifrau, die ihren Ex und seine Neue so lustvoll wie gekonnt schikaniert.

Ihr Outfit ist, passend zum Setting, Original-90er-Ware: Es stammt direkt aus dem Kleiderschrank der Regisseurin. Bei Kostümen und Ausstattung wird diese zudem unterstützt von Christa Hermannsgabner, die den Vereinsfundus in- und auswendig kennt. Doch nicht nur das: Als Leiterin des Kindertheaters sind ihr die meisten Schauspielerinnen und Schauspieler im Raum wohlvertraut. "Ich habe sie ausgebildet - nun sind sie meiner Gruppe entwachsen." Offenbar betreiben also einige dieses Hobby teilweise schon seit vielen Jahren. "Meine besten Freunde habe ich so kennengelernt", sagt Antonia Buchenrieder alias Frau Retterspitz alias Lucrezia Borgia. Wahrscheinlich ist das Spiel der Gruppe deswegen so gut und harmonisch - oder es liegt an dem, was Korbinian Hermannsgabner alias Herr Korsikowski alias Napoleon mit einem Lachen anmerkt: "Einen Verrückten zu spielen, gibt dir eine gewisse Freiheit."

Wozu dieser ganze Irrsinn führt, ob es tatsächlich zur Schließung des Schlosses kommt, welche Figur das Ende des Stücks erleben wird und welche nicht, sei an dieser Stelle natürlich nicht verraten. Vielleicht haben Attila und der Freiherr ja Glück.

Jugendtheater Futura: "Mörderstund ist ungesund", Theater am Burgerfeld. Termine: Freitag, 8. März, Samstag, 9. März, Freitag, 15. März und Samstag, 16. März, jeweils 20 Uhr sowie Sonntag, 17. März, 15 Uhr. Einlass ist eine Stunde vor Beginn. Karten gibt es auf der Homepage des Theatervereins (elf Euro) oder an der Abendkasse (13 Euro).

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