Landtagswahlkampf:Ab in die Mitte

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"Alle reden nur noch in Extremen", kritisiert FDP-Landesvorsitzender Daniel Föst im Anzinger Kirchenwirt. (Foto: Christian Endt)

Die FDP will am 14. Oktober wieder Landtagsfraktion werden. In Anzing erklärt Landesvorsitzender Daniel Föst, wie das klappen soll.

Von Wieland Bögel, Anzing

Die Tischdekoration gibt die Strategie vor, auf den kleinen Schildern im Anzinger Kirchenwirt steht: "Ankerzentrum für CSU-Flüchtlinge". Auf wie viele der knapp 30 Anwesenden das zutrifft, kann man nur vermuten, FDP-Kreisvorsitzender und Direktkandidat für die Landtagswahl Alexander Müller freute sich jedenfalls über "zahlreiche Neumitglieder", die er am Dienstagabend beim Wahlkampfabend der FDP begrüßen konnte.

Beides passt zu der Agenda, die Müller und der FDP-Landesvorsitzende Daniel Föst formulieren: Die Liberalen wollen da punkten, wo die CSU verliert - in der Mitte. Denn für moderate Stimmen gebe es derzeit Bedarf, findet Föst, "alle reden nur noch in Extremen". So scheine es etwa in der Asyl- und Einwanderungspolitik nur die Positionen "alle müssen raus oder keiner muss raus" zu geben, bei der inneren Sicherheit forderten die einen, die Polizei müsse alles, die anderen, sie dürfe gar nichts dürfen. "Wir brauchen eine Stimme der Mitte", fordert Föst, und das könne derzeit nur die FDP sein.

Der Landesvorsitzende macht aber auch klar, dass der Wiedereinzug der FDP ins Maximilianeum nicht von alleine passiert. Derzeit stehe die Partei bei sechs, vielleicht sieben Prozent, "das macht mich nicht zufrieden", so Föst. Damit es am 14. Oktober vielleicht ein paar Prozentpunkte mehr werden, müssten die Liberalen vor allem eines tun: "Wir haben nicht die einfachen Antworten der Populisten, wir müssen erklären."

Etwa warum es mit einem "weiter so" nicht getan sein kann - auch wenn die CSU sich auf der derzeit guten Lage ausruhe, so Föst. Denn zwar stehe Bayern vergleichsweise gut da, für die Zukunft werde aber zu wenig getan, sagt der Landesvorsitzende. Egal ob bei Bildung, Digitalisierung, der Förderung von Start-ups und Innovationen oder bei Infrastruktur und Wohnungsbau, überall gebe es Nachholbedarf. Was offenbar inzwischen auch die CSU erkannt habe, sagt Föst: "Söder rennt durchs Land und verspricht die Lösung für Probleme, die die CSU verursacht hat."

Im Landkreis liegen diese laut Müller vor allem beim Verkehr und beim Wohnungsbau - beziehungsweise eben bei dessen Fehlen. Nach aktuellen statistischen Daten brauche es etwa 1000 Wohnungen pro Jahr, um dem Zuzug gerecht zu werden, so Müller, davon sei man aber derzeit weit entfernt. Was aber nicht an fehlenden Flächen liege, sondern daran, dass oft nicht hoch und nicht dicht genug gebaut würde. "Wir müssen die Flächen die wir verbrauchen, intelligent verbrauchen".

Mehr fordert Müller auch bei der Infrastruktur, besonders für den Nahverkehr müsse etwas getan werden: "Wir sind verkehrsmäßig auf dem Stand von 1972", also dem Jahr der Inbetriebnahme des S-Bahn-Netzes. Wie nötig das sei, zeige sich an den täglichen Staus auf den Straßen - die ebenfalls mit dem Zuzug immer mehr würden. "Wir müssen mehr Leute in den öffentlichen Nahverkehr bringen", so Müller. Dazu brauche es neben dem Ausbau von Bus und Bahn auch mehr Park-and-Ride-Plätze und vor allem mehr Radwege. Müller erinnerte daran, dass derzeit rund 100 Kilometer Radwege auf der Agenda des Landkreises stehen - "jedes Jahr werden aber nur drei bis fünf Kilometer gebaut".

Ein Problem, das nicht nur der Landkreis Ebersberg habe, sagte Föst, überall in Bayern gebe es Mängel an der Infrastruktur. Ob langsames Internet, überfüllte Straßen, Busse und Bahnen - oder auch das Fehlen von Ärzten, Arbeitsplätzen, Einkaufsmöglichkeiten und Schulen in einigen Landesteilen. Dadurch treibe man die Leute geradezu in die Ballungsräume und verschärfe die Probleme weiter, so Föst.

Ob sich die FDP nach der Wahl von der Regierungsbank diesen Problemen widmen werde, hänge - neben dem Wahlergebnis - vor allem von der CSU ab. Man werde "keine Regierung um jeden Preis" bilden, aber "wenn sich die CSU bewegt, übernehmen wir Verantwortung". Die Aussage Söders, er wolle sicher nicht mit der FDP koalieren, sieht Müller da noch als das kleinste Hindernis für Schwarz-Gelb in Bayern, denn "vielleicht will ja Ilse Aigner eine Koalition".

© SZ vom 06.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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