Mitten in Markt Schwaben:Wie die ganz Großen

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Das Franz-Marc-Gymnasium bekommt einen Preis - wofür, das ist nicht ganz leicht zu erklären.

Glosse von Wieland Bögel

It's the economy, stupid!" Mit dieser Ansage an alle Blödmänner und -frauen, dass die Wirtschaft das Maß aller Dinge sei, kann man einiges gewinnen. Bill Clinton vor mehr als drei Jahrzehnten die amerikanische Präsidentschaft, das Franz-Marc-Gymnasium in Markt Schwaben nun einen Schulinnovationspreis namens "isi Digital". Gewürdigt wird etwas, das sich für die Durchschnitts-Blödperson so anhört, als habe man sich in eine BWL-Vorlesung höherer Semester verirrt. Kostprobe gefällig? "Als agiles Team im Pilotversuch "digitale Schule der Zukunft" führen wir unser Backlog in einem digitalen Kanban-Board." Alles klar?

Die Projektbeschreibung klingt ebenfalls wie aus einem Management-Seminar, da wird die Schulleitung zum "Sponsor", die "Ressourcen zur Verfügung stellt", die Beschulten und deren Erziehungsberechtigte sind "Stakeholder", und alle zusammen arbeiten an oder für oder in der "Learning Matrix". Wer jetzt an dunkle Brillen und waghalsige Stunts denkt, ist erstens sicher schon weit über das Alter des durchschnittlichen Franz-Marc-Stakeholders hinaus und hat wahrscheinlich überhaupt nicht kapiert, welche revolutionäre Entwicklung an der Schule - Verzeihung, der Brain-Improvement-Institution of Market Swabia - gerade vonstatten geht: Die Lehrkräfte arbeiten an einem Konzept, wie digitale Medien und elektronische Datenausgabegeräte in den Unterricht eingebunden werden können.

Dazu hat man eine Aufgabenliste erstellt und dazu - Stichwort: Economy - auf eine Planungsmethode zurückgegriffen, die aus der japanischen Wiederaufbauwirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg stammt: Kanban, was sich in etwa mit Pinnwand übersetzen lässt. Wer sich für BWL jenseits des Grundstudiums interessiert, weiß vielleicht noch, dass daraus dann vierzig Jahre später das vor allem in der Software-Entwicklung gebräuchliche "scrum"-Verfahren hervorging, das - sehr verkürzt gesagt - dafür sorgen soll, dass für möglichst wenig Geld, möglichst viel und schnell gearbeitet wird, was sich wiederum in der bekannten Qualität der handelsüblichen Software-Lösungen sehr gut niederschlägt.

In Markt Schwaben, so ist zumindest der Website des Gymnasiums zu entnehmen, sieht das dann so aus, dass die Developer nach Rücksprache mit den Stakeholdern eine digitale Pinnwand mit zu erledigenden Aufgaben füllen, etwa welche Computer oder Tablets für welche Klassen angeschafft werden sollen oder schon vorhanden sind. Das klingt auch für alle Blödleute ziemlich verständlich - vielleicht ein bisschen zu sehr. Möglicherweise hat man sich in der Schule auf ein Bonmot des Namenspatrons erinnert, der einmal gesagt hat: "Neue Ideen sind nur durch ihre Ungewohntheit schwer verständlich." Im Umkehrschluss: Ist es nur schwer verständlich genug, ist es neu - und würdig für einen Innovationspreis.

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