Gastronomie im Landkreis Ebersberg:"Nichts zu sagen, das geht gar nicht"

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Einen Tisch zu reservieren und dann nicht zu erscheinen, wird als "No Show" bezeichnet. (Foto: Catherina Hess)

In München verlangen Restaurants für nicht wahrgenommene Reservierungen Geld und begrenzen die Zeit, die ein Tisch belegt werden kann. Wie groß ist das Problem im Landkreis Ebersberg und wie gehen die Wirte damit um?

Von Merlin Wassermann, Ebersberg

Freitagabend, man schlendert mit Freunden durch die Stadt und entscheidet sich, spontan ein neues Lokal auszuprobieren. Immer häufiger wird man mit den Worten begrüßt: "Tut uns leid, wir haben keinen Tisch mehr frei." Man lernt seine Lektion, reserviert die Woche drauf gleich bei ein paar Lokalen, mal schauen, wohin einen der Magen dann treibt, Italienisch vielleicht, die anderen Reservierungen bleiben dann halt auf der Strecke. "No-show" nennen Wirte und Restaurantbetreiber dieses Phänomen, das Nicht-Wahrnehmen einer Reservierung. In der Landeshauptstadt führen manche Restaurants sogar Gebühren für dieses Verhalten ein und reduzieren außerdem die Zeit, die man einen reservierten Tisch besetzen kann. Auch im Landkreis Ebersberg kennt man das Problem, sucht aber einen anderen Umgang damit.

So etwa Alexander Hoyer, Wirt des Schweiger Brauhaus in Markt Schwaben. "Das No-Show-Problem ist heute deutlich ausgeprägter als vor zwei oder drei Jahren", sagt er. Er geht davon aus, dass viele Gäste in mehreren Restaurants gleichzeitig reservieren und sich dann in letzter Minute entscheiden, wo sie hin wollen. "Reservierungen scheinen in den Augen der Kunden unverbindlicher geworden zu sein", so Hoyer.

Auch Manuel Hütz vom Wirtshaus Zur Gass in Ebersberg hat immer wieder Gäste, die trotz Reservierung nicht erscheinen. "Das Problem ist nicht massiv, aber es ist blöd", sagt er. So wolle er etwa zur Mittagszeit einen Tisch vielleicht zwei oder dreimal belegen. Komme ein Gast mit Reservierung allerdings nicht, ohne Bescheid zu geben, müsse er schon mal Laufkundschaft wegschicken - "vielleicht ist der andere ja nur im Stau".

Das No-Show-Problem nehme zwar noch nicht "überhand", sagt der Wirt des Restaurants Zur Gass in Ebersberg, Manuel Hütz, aber es habe spürbar zugenommen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Das sei nicht nur schade, es kostet auch bares Geld. Zehn bis dreißig Euro Umsatz verliere Hütz pro Kunden, Hoyer spricht von mindestens 150 Euro bei einer Gruppe von fünf Leuten, die nicht erscheint. "Das ist noch niedrig angesetzt, man muss ja noch das Trinkgeld mit einrechnen und die vorbereitete Ware", so Hoyer.

Besonders oft käme es bei großen Gruppen dazu, dass manche der reservierten Sitzplätze am Ende frei blieben. Das berichten Konstantinos Katsoulis vom Lokal Poseidon in Baldham und Pargat Singh des indischen Restaurants Sargam in Kirchseeon. Bei einer Gruppe von 15 Leuten sei es normal, dass zwei oder drei nicht auftauchten, was allerdings noch zu verschmerzen sei. Seltener, aber umso ärgerlicher, sei es, wenn eine große Gruppe nicht auftauche. "Die meisten sagen aber vorher ab", so Katsoulis, häufig wegen Krankheit.

Die Pandemie hat die Bedingungen in der Gastronomie verändert

Solch handfeste Gründe sind allerdings nur ein Teil der Erklärung. Hoyer führt die neue Unverbindlichkeit auf verschiedene Faktoren zurück. So sei es heute wichtiger, frühzeitig zu reservieren, um noch einen Tisch zu bekommen, da viele Gastronomiebetriebe aufgrund der Corona-Pandemie ihre Kapazitäten reduziert hätten - weniger Tische oder kürzere Öffnungszeiten für gleich viele Kunden. Insbesondere die kürzeren Öffnungszeiten seien auch ein Resultat des Wettbewerbs der Restaurants um gute Arbeitskräfte. Hoyer erzählt, dass er seit elf Jahren keinen Ruhetag gehabt habe, nun habe er probehalber einen eingeführt.

Darüber hinaus hätten sich die Menschen während der Corona-Pandemie schlicht daran gewöhnt, zu reservieren, was durch Online-Buchungssysteme noch erleichtert werden würde. "Vor acht Jahren haben 20 Prozent meiner Kundinnen und Kunden einen Tisch reserviert", sagt Hoyer. "Mittlerweile hat sich dieses Verhältnis umgedreht."

Das bestätigt auch der Wirt des Restaurants Zur Gass. "Die meisten Kunden reservieren mittlerweile", sagt Manuel Hütz. Das sei zwar schade für diejenigen, die spontan vorbeischauen, weswegen er immer versuche, einen oder zwei Tische freizuhalten. "Aber eigentlich ist das Reservieren gut, für die Kalkulation." Sofern die Reservierung dann wahrgenommen wird.

Auf Gebühren wollen die Wirte im Landkreis Ebersberg noch verzichten

Doch wie bringt man die Leute dazu? Auf No-Show-Gebühren wie in München wollen die Wirte noch nicht zurückgreifen. "Ich habe schon darüber nachgedacht", so Manuel Hütz. "Aber wir wollen gemütlich und menschlich bleiben." Er setze darauf, denjenigen ein schlechtes Gewissen zu machen, die nicht erscheinen. Viele Kunden kämen ohnehin regelmäßig, da könne er das gleich ansprechen.

Auch Katsoulis, Singh und Hoyer wollen auf Gebühren verzichten. "Dafür passiert es zu selten", so Katsoulis und Hoyer sagt: "Ganz klare Regeln sind hier schwierig, wir sind schließlich auch Dienstleister und wollen unsere Kundschaft nicht vergraulen."

Alexander Hoyer, Wirt des Schweiger Brauhauses in Markt Schwaben, hat volles Verständnis für die Restaurantbetreiber, die No-Show-Gebühren erheben. (Foto: Privat)

Er habe allerdings volles Verständnis für die Kolleginnen und Kollegen, die so etwas machen, insbesondere die kleineren Lokale. "Ich habe viel Platz und bin deswegen sehr flexibel", so der Schweiger-Wirt. "Aber wenn ein Wirt nur 50 Tische hat und dann kommen acht oder neun Leute nicht, ist das ein echtes Problem." Auch Pargat Singh betrachtet die Größe seines Lokals als vorteilhaft: "Wir haben 100 Tische drinnen und im Sommer 80 Tische draußen", so Singh. Dadurch könne er Fluktuationen leichter auffangen.

Ebenfalls absehen tun die Wirte von einer Begrenzung der Reservierungsdauer. Lediglich an Feiertagen gäbe es gesonderte Regelungen, so dass Tische etwa nur zwei Stunden zur Verfügung stehen. Die meiste Zeit des Jahres kann man jedoch ohne Eile sein Mahl zu sich nehmen.

Und wenn man doch einmal eine Reservierung absagen muss, ist früher besser als später: "Bis sechs Stunden vorher hat der Wirt eine sehr gute Chance, den Tisch neu zu belegen", sagt Alexander Hoyer. Manuel Hütz ergänzt diese Regel um "besser spät als nie": "Auch fünf Minuten vorher ist es noch besser, weil ich dann den Tisch freigeben kann", sagt er und schärft ein: "Nichts zu sagen, das geht gar nicht."

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