Amtsgericht Ebersberg:Zweifelhafter Liebesgruß aus fahrendem Auto

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In Ebersberg, hier zu sehen die Kreuzung am Amtsgericht, haben Radler ein besonders geringes Gefühl von Sicherheit. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ein Mann soll sich unerlaubterweise seiner Ex-Freundin genähert und sie aus dem Fahrzeug beleidigt haben.

Von Michaela Pelz, Ebersberg

Beleidigungen im Auto sind auf bundesdeutschen Straßen Alltag. Meist geht es dabei um Überholvorgänge oder Spurwechsel, der Adressat ist in der Regel ein anderer Verkehrsteilnehmer. Im jenem Fall, der nun vor dem Ebersberger Amtsgericht verhandelt wurde, liegt die Sache jedoch anders: Der Beschuldigte aus dem südlichen Landkreis, der während des Vorbeifahrens einer jungen Frau den ausgestreckten Mittelfinger gezeigt haben soll, ist ihr ehemaliger Lebensgefährte.

Vorgeworfen wurde ihm aber nicht nur Beleidigung, sondern auch ein Verstoß gegen das Gewaltschutzgesetz. Denn laut Beschluss ist ihm der Kontakt zur Ex-Partnerin untersagt, er darf sie auch nicht an ihrem Arbeitsplatz aufsuchen. Genau vor diesem aber, gelegen an einer belebten Straße, saß sie an dem betreffenden Tag zur Mittagszeit mit einer Kollegin auf einer Bank; beide waren im Prozess als Zeuginnen geladen. Zweimal sei der 35-Jährige im Abstand von etwa zehn Minuten an ihnen vorbeigefahren. Auf dem Rückweg soll sich dann die beleidigende Geste ereignet haben.

Die Begegnung sei unabsichtlich gewesen

Wie der Beschuldigte und seine rechtliche Vertreterin erklärten, gab es für die Fahrt einen triftigen Grund: Der Berufskraftfahrer habe Dokumente in einer Anwaltskanzlei vorbeigebracht und dafür den kürzesten Weg gewählt. Mitnichten habe er also gewendet, um bewusst ein zweites Mal an der Arbeitsstelle seiner früheren Freundin vorbeizufahren, sondern sich lediglich auf dem Heimweg befunden. "Dabei habe ich niemanden gesehen, sondern mich auf den fließenden Verkehr konzentriert," so die Stellungnahme des Beschuldigten, der ergänzte, alles müsse komplett erfunden sein, um ihm zu schaden, schließlich könne er den Mittelfinger gar nicht gehoben haben, habe er doch die Hand zum Autofahren gebraucht. Es steht also Aussage gegen Aussage.

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Auch war grundsätzlich zu klären, inwieweit die Auflagen des Gewaltschutzgesetzbeschlusses verletzt wurden. Richterin Vera Hörauf zitierte noch einmal den entscheidenden Wortlaut: "Er hat es zu unterlassen, einen Platz aufzusuchen, an dem sie sich aufhält", worauf die Verteidigerin die Frage aufwarf, ob dabei auch das Vorbeifahren im fließenden Verkehr gemeint sei. Die Vorsitzende präzisierte, dass es um das gezielte Anfahren eines Orts gehe. Bei zufälligen Treffen wiederum sei unverzüglich der vereinbarte Abstand von mehr als 75 Metern einzuhalten. Dass er dies in der Vergangenheit bei einem ungeplanten Aufeinandertreffen in einem Baumarkt getan hatte, indem er diesen sofort verließ, als er seine Ex-Partnerin bemerkt hatte, wurde später von dieser bestätigt.

"Hergeschaut hat er nicht"

Uneinigkeit allerdings gab es zwischen der Aussage, die die beiden jungen Frauen bei der polizeilichen Vernehmung nach dem Vorfall machten und dem, was sie im Gerichtssaal sagten: Zunächst hatte die Ex-Freundin angegeben: "Hergeschaut hat er nicht", während ihre Kollegin geäußert hatte, es nicht genau zu wissen. In der Verhandlung waren sich aber beide sicher, dass er hergeschaut habe. Als die Eintragungen im Bundeszentralregister verlesen wurden, war auch klar, warum die Anwältin auf Freispruch oder Einstellung des Verfahrens plädierte: Es liegt ein Urteil mit Bewährungsstrafe gegen ihren Mandanten vor, wegen Verletzung der Unterhaltspflicht.

Da er mittlerweile seinen entsprechenden Verpflichtungen nachkommt, inklusive einer Begleichung der Rückstände und sich die Sachlage im "Vergehen gegen das Gewaltschutzgesetz in Tateinheit mit Beleidigung" nicht eindeutig darstellte, schlug die Richterin eine vorläufige Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung von 800 Euro an den katholischen Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit In Via Bayern e.V. vor, womit sich der Beschuldigte nach kurzer Beratung mit seiner Anwältin einverstanden erklärte. Wird der Betrag, der im übrigen nicht als Spende absetzbar sei, innerhalb einer Frist von maximal sechs Monaten komplett beglichen, werde das Verfahren endgültig eingestellt und es gebe keinen weiteren Eintrag und auch keine Verlängerung der Bewährung, so Richterin Hörauf.

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