Klimawandel:Kirchseeons Gemeinderat verhindert lokale Klima-Zielsetzung

Lesezeit: 2 min

Auf dem Haus für Kinder am Spannleitenberg ist bereits eine PV-Anlage installiert. Doch das Potenzial des Daches ist noch nicht vollständig ausgeschöpft. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Der Antrag der Grünen, das örtliche Klimaschutzkonzept zu aktualisieren, scheitert. Ein Energiebericht soll stattdessen als Basis für Maßnahmen dienen.

Von Andreas Junkmann, Kirchseeon

Da ein guter Weitblick häufig ja nur rückwirkend feststellbar ist, lässt sich nun sagen, dass man in Kirchseeon einen eben solchen im Jahr 2011 bewiesen hat. Damals hatte der Marktgemeinderat bereits die Zeichen der Zeit erkannt und ein integriertes Energie- und Klimaschutzkonzept für den Ort erstellen lassen. Der Maßnahmenkatalog feiert in diesem Oktober seinen neunten Geburtstag - Grund genug, um das Papier einem kleinen Update zu unterziehen. So sieht man das zumindest bei der Grünen Liste in Kirchseeon, deren Mitglieder darum jetzt eine Überarbeitung des Klimakonzepts beantragt haben. Dieses Gesuch teilt seit Montagabend aber das gleiche Schicksal, wie viele der 2011 festgelegten Maßnahmen: es ist gescheitert.

"Das bestehende Klimaschutzkonzept ist nicht mehr auf dem aktuellen Stand und bedarf nach neun Jahren einer Überarbeitung", heißt es in dem Antrag, den Fraktionsvorsitzende Natalie Katholing in der jüngsten Sitzung des Marktgemeinderates vorgestellt hat. Darin erinnern die Grünen an das gemeinsame Ziel des Landkreises Ebersberg und des Marktes Kirchseeon, bis 2030 klimaneutral zu sein.

Um das zu erreichen, "sollten wir uns schnellstmöglich innerhalb des Gemeinderates in Zusammenarbeit mit der Verwaltung, unserer Klimaschutzmanagerin und dem AK-Energie austauschen und ein gemeinsames Vorgehen entscheiden", heißt es in dem Schreiben. Wie Katholing sagte, brauche es neue Ideen und Maßnahmen, um das Klimaziel zu erreichen. Als Beispiel nannte die Grünen-Vorsitzende etwa eine in der Planung vorgeschriebene Klimaneutralität für Bauvorhaben, wie es sie seit Kurzem in Vaterstetten gibt. "Das würde uns für unsere Gemeinde auch vorschweben", so Katholing.

Dass es zwischen Wunsch und Realität aber zuweilen einer weiter Weg ist, musste die örtliche Klimaschutzmanagerin Melanie Fuchs in der Sitzung einräumen. Zwar seien viele der Maßnahmen aus dem Klimaschutzkonzept von 2011 bereits realisiert worden - etwa die Förderung des Ausbaus privater Photovoltaikanalgen oder ein Energiemanagement für kommunale Liegenschaften -, einige Punkte aber würden sich derzeit aus verschiedenen Gründen schlicht nicht für eine Umsetzung anbieten. Etwas konkreter wurde Bürgermeister Jan Paeplow (CSU), der sich etwa das Konzept einer großen Photovoltaikanlage auf der Fläche des ehemaligen Bahnschwellenwerks herausgriff. "Wir unterhalten uns da über Maßnahmen auf einem Gelände, das uns gar nicht gehört."

Debatte in Ebersberg
:Bürger entscheiden über Windräder im Wald

Darf man im Ebersberger Forst Windkraftanlagen bauen? Der Kreistag beschließt ein Ratsbegehren - mit sehr knapper Mehrheit.

Von Korbinian Eisenberger

Stattdessen, so der Appell des Bürgermeisters, solle man sich lieber auf diejenige Ziele konzentrieren, die tatsächlich in der Hand der Gemeinde liegen - und dabei aber durchaus neue Wege gehen. "Klar ist, dass mit den bisher erarbeiteten Maßnahmen das Ziel 2030 nicht zu erreichen ist", so Paeplow. Dinge würden sich häufig auf dem Papier ganz nett lesen, eine Kommune müsse aber auch in der Lage sein, diese umzusetzen.

Und genau hier will der Bürgermeister den Hebel ansetzen: Anstatt Geld für ein neues Klimakonzept auszugeben, sprach sich Paeplow dafür aus, einen Energiebericht über den bisherigen Ist-Zustand erstellen zu lassen und auf dessen Basis weitere Maßnahmen einzuleiten. Im Fokus stehen dabei vor allem die Gebäude in Gemeindehand, wie etwa das neue Haus für Kinder am Spannleitenberg, auf dessen Dach vor Kurzem eine Photovoltaikanlage in Betrieb gegangen ist. Außerdem, so der Bürgermeister, sollen Bürger stärker in Fragen des Klimaschutzes eingebunden werden.

Dieser Ansicht war auch Dritte Bürgermeisterin Andrea Oberhauser-Hainer (Grüne): "Wir müssen die Bevölkerung mit ins Boot holen." Ein Forum dafür gebe es bereits, wie Paul Hörl mit Blick auf den Arbeitskreis Energiewende sagte. "Ich kann alle Gemeinderäte nur auffordern: Kommt bitte in die Sitzungen des AK", so der CSU-Fraktionsvorsitzende, der eine formale Überarbeitung des Klimaschutzkonzeptes deshalb für unnötig erachtete. Dieser Meinung war schließlich - wenn auch knapp - die Mehrheit des Gremiums, das mit 13 zu elf Stimmen eine Aktualisierung des bestehenden Konzeptes ablehnte. Bürgermeister Paeplow versicherte allerdings, dass das Thema Energiewende stets präsent sei. Aufbauend auf dem Energiebericht werde man sich deshalb gemeinsam neue Schritte überlegen.

© SZ vom 28.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Wohnraum
:Teure Heimat Ebersberg: Fachkräfte verlassen den Landkreis

Es fehlt an bezahlbarem Wohnraum, Fachkräfte zieht es deshalb weg aus Ebersberg. Wie der Landkreis und die IHK nun gegensteuern wollen.

Von Andreas Junkmann

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: