Radverkehr in Kirchseeon:Ausgebremst

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In der vom Autoverkehr geprägten Gemeinde Kirchseeon haben es Radfahrer traditionell schwer. Nun will man einen neuen Versuch starten, um die Situation zu verbessern. (Foto: Christian Endt)

Ein Jahr lang hat sich ein Arbeitskreis Gedanken darüber gemacht, wie man die Situation für Radfahrer in Kirchseeon kurzfristig verbessern könnte. Nun liegen die Maßnahmen auf dem Tisch - doch es gibt Kritik.

Von Andreas Junkmann, Kirchseeon

Bisher geben in der Marktgemeinde Kirchseeon vor allem die Autofahrer und die Bahn den Ton an - und das im wahrsten Sinne des Wortes. Seit einem Jahr arbeitet nun eine Gruppe von engagierten Bürgern daran, dass auch Fahrradfahrer am Ort zu ihrem Recht kommen. Der Arbeitskreis (AK) Radverkehr trifft sich regelmäßig und diskutiert dabei über Möglichkeiten, wie man die Situation für die Radler verbessern könnte. Auf längere Sicht soll ein Radwegekonzept für die komplette Gemeinde dafür sorgen, dass die Bikerinnen und Biker gut vorankommen, doch auch über kurzfristige Maßnahmen ließe sich einiges erreichen. Davon sind zumindest die Mitglieder des AK überzeugt und haben nun mit der Unterstützung eines Ingenieurbüros eine ganze Reihe von Ideen präsentiert. Doch diese gefallen nicht allen.

Die Planer hatten sich zusammen mit Vertretern des Rathauses und der Polizei einige Stellen am Ort angeschaut, an denen Potenzial für mehr Fahrradfreundlichkeit vorhanden wäre. Unter anderem sollte eine Lösung für den Abschnitt vom Eglhartinger Bahnhof in Richtung Kirchseeon gefunden werden, für den es entlang der Bundesstraße keinen Radweg gibt. Wie Planer Alexander Reindl in der Sitzung des Gemeinderates am Mittwochabend vorstellte, könne man die Radfahrer stattdessen über den parallel verlaufenden Hirschenweg und die Eichenstraße leiten. Diese würden dann in "unechte Fahrradstraßen" umgewandelt werden, so Reindl. "Der Autofahrer wird dort zwar geduldet, muss aber auf Fahrradfahrer achten", erklärte der Experte.

Die Idee des Arbeitskreises ist es, Radler verstärkt über Nebenstraßen zu leiten

Die gleiche Umwidmung könnten sich die Mitglieder des AK Radverkehr auch für die Siedlerstraße weiter östlich vorstellen, um den Radlern eine einfachere Anfahrt zum Rathaus und zur Grundschule zu ermöglichen. Im Süden der Bundesstraße sollen Fahrradfahrer die Behörde über die Rotbuchen- und die Koloniestraße ansteuern, auch diese könnten deshalb zu Fahrradstraßen werden. Auf der Rathausstraße selbst ist den Plänen zufolge denkbar, auf beiden Seiten einen Fahrradstreifen anzubringen, ebenso auf der Fritz-Litzlfelder-Straße. Allerdings gab Alexander Reindl in der Sitzung zu bedenken, dass gerade in diesen Bereichen ohnehin bereits ein extremer Parkdruck herrsche. Für Fahrradstreifen aber sei ein beidseitiges Halteverbot erforderlich.

Ähnlich stellt sich das Problem in der Wasserburger Straße am östlichen Ortsausgang von Kirchseeon dar. Auch hier hätte der AK Radverkehr gerne zumindest auf einer Fahrbahnseite eine Markierung, die auf Radler aufmerksam macht. Allerdings ist diese Passage eine der am meist frequentierten in der Marktgemeinde und außerdem eine beliebte Parkmöglichkeit für Kunden des anliegenden Gewerbes - nicht zuletzt auch für eine Arztpraxis. Diese Stellplätze müssten im Falle eines Fahrradstreifens jedoch alle wegfallen, wie Reindl sagte. Diesen Umstand hatte bereits die Polizei bei einem Ortsbesuch kritisch angemerkt, die damit argumentierte, dass die parkenden Autos ja ohnehin eine "natürliche Geschwindigkeitsbremse" darstellten.

Die Maßnahmen könnten relativ schnell und kostengünstig umgesetzt werden

Der große Vorteil all dieser kurzfristigen Maßnahmen wären hingegen die eher überschaubaren Kosten, die bei lediglich rund 54 000 Euro liegen. Vor allem die reinen Straßenmarkierungen seien recht günstig umzusetzen, so Reindl. Etwas teurer kämen die Fahrradstraßen, für die man noch zusätzliche Verkehrsschilder benötige. Aus Sicht des Arbeitskreises jedenfalls wäre es eine sehr lohnende Investition. "Unsere Idee ist es, die Nebenstraßen zu aktivieren", sagte AK-Mitglied und UWG-Gemeinderätin Barbara Blanc. "Radfahren soll insgesamt attraktiver werden."

Dieser Aussage wollte auch niemand im Gremium widersprechen, es gab allerdings viele Bedenken, ob die nun vorgestellten Maßnahmen dafür geeignet sind. Die möglichen Fahrradstraßen etwa seien doch ohnehin bereits 30er-Zonen, sagte Domenico Ciccia (SPD). "Ich weiß nicht, ob da die Steuergelder sinnvoll eingesetzt sind." Paul Hörl plädierte stellvertretend für die CSU-Fraktion dafür, nichts zu überstürzen. "Der Fahrradverkehr ist kein Unfallschwerpunkt", sagte er und verwies zudem auf die geplante Erschließung des ehemaligen Bahnschwellen-Geländes, wo in einigen Jahren eine komplett neue Siedlung entstehen könnte. Es sei hinsichtlich der deshalb zu erwartenden Verkehrszunahme kontraproduktiv, sich jetzt mit der Ausweisung von Fahrradstraßen einzuengen.

Letztendlich votierte das Gremium mehrheitlich dafür, die Maßnahmen so lange zurückzustellen, bis abzusehen ist, wie sich der Verkehr in Kirchseeon entwickeln wird. Dennoch sollen die Radler währenddessen nicht aus den Augen verloren werden, wie Bürgermeister Jan Paeplow (CSU) zum Abschluss versicherte: "Wir wollen den Radverkehr insgesamt fördern."

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