Energiewende im Landkreis Ebersberg:Bitte mehr Mitsprache

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Nordwestlich von Nettelkofen könnte das Bürgerwindrad entstehen. Zu dieser Frage hat Grafings Bürgermeister Christian Bauer nun einen Ratsentscheid angekündigt - ohne sich mit dem Gemeinderat vorher abzustimmen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Rund 250 Meter würde die Spitze des geplanten Grafinger Bürgerwindrad in den Himmel ragen, deutlich höher als das Hamberger Windrad. Bürgermeister Christian Bauer (CSU) kündigt einen Ratsentscheid um das Projekt an - allerdings ohne mit dem Gremium zu reden, dass den Entscheid am Ende zu beschließen hätte.

Von Thorsten Rienth, Grafing

Auf Grafing kommt wahrscheinlich der nächste Bürgerentscheid zu: Bürgermeister Christian Bauer (CSU) will über das nordwestlich von Nettelkofen geplante Bürgerwindrad per Ratsbegehren abstimmen lassen. "Bei dem Windrad handelt es sich um die wohl größte Investition in dieser Wahlperiode, daher finde ich eine solche Öffentlichkeitsbeteiligung angemessen", erklärte Bauer am Dienstag der SZ.

Zuerst hatte die "Ebersberger Zeitung" über Bauers Pläne berichtet. "Wir werden aber einen Bürgerentscheid in Form eines Ratsbegehrens durchführen, weil dieses Projekt von der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger befürwortet werden muss", zitiert das Blatt den Bürgermeister im Rahmen eines Interviews. "Sonst setzen wir es nicht um." Letzterer Satz ist insofern interessant, als er einen erst in der November-Sitzung gefällten Grafinger Stadtratsbeschluss infrage stellt. Nämlich den Antrag auf den Vorbescheid zu den Planungen beim Ebersberger Landratsamt.

Genau das ist der Grund, warum nun einige im Grafinger Stadtrat etwas verschnupft sind. "Es ist einfach kein guter Stil, wenn das Gremium, das den Ratsentscheid formal zu beschließen hat, aus der Zeitung erfährt, dass jemand anderes die Sache sozusagen vorab schon beschlossen hat", kritisiert Grünen-Stadträtin Andrea Maier.

An der Idee eines Bürgerentscheids gibt es an sich keine Kritik - aber an Bauers Vorgehen

Maier unterstreicht, dass es ihr nicht grundsätzlich um eine Bürgerentscheidung für oder gegen das Windrad geht. "Aber das so locker nebenher per Interview anzukündigen, das wird der Tragweite einfach nicht gerecht." Transparenter wäre gewesen, die Pläne einfach in der Sitzung vor ein paar Wochen öffentlich zu erläutern.

Ihre Kritik hat die Stadträtin auch per E-Mail an Bürgermeister Bauer sowie den Stadtratsverteiler adressiert. Selbst ein Gremiumsmitglied, das Bauer politisch nicht allzu fern steht, nennt Maiers Schreiben: "Sachlich hervorragend, aber in der Sache sehr kritisch." Es wäre fraglos sinnvoller gewesen, einen Ratsentscheid erst einmal dort abzuwägen, wo am Ende die Entscheidung auch gefällt wird. Im Stadtrat.

Offenbar hat sich Bauer bei der Aussage so viel gar nicht gedacht. "Mein Gedanke war, ich bringe das jetzt einfach mal ins Rennen", erklärte der Bürgermeister. "Ich bin überzeugt, dass eine Mehrheit erkannt hat, dass solche Anlagen für die Energiewende schlicht und einfach nötig sind. Der Entscheid wird positiv ausgehen, da habe ich keinen Zweifel."

Grafings Bürgermeister Christian Bauer mag keine öffentliche Debatte über die Zamstarten-Zusammenarbeit. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ein Blick auf das Grafinger Ergebnis beim Bürgerentscheid um die Windräder im Ebersberger Forst vor gut zwei Jahren dürfte Bauers Prognose stützen. Damals votierten die Grafinger mit rund 58 Prozent und einer überdurchschnittlichen Wahlbeteiligung von fast 65 Prozent recht deutlich für den Windpark.

Auch im Grafinger Stadtrat muss Bauer jenseits von Stilfragen nicht mit vielen Gegenstimmen rechnen. Als das Gremium zum Beispiel im vorvergangenen Jahr der Bebauungsplan für die geplante Photovoltaik-Freiflächenanlage bei Nettelkofen aufstellte, gab es nur zwei Gegenstimmen. Bei der Abstimmung über den Windrad-Vorbescheid im November war es nur noch eine.

Voraussichtlich im Februar wird das Thema im Stadtrat auf der Tagesordnung stehen

In der nächsten Stadtratssitzung Anfang Februar wolle er die Ratsentscheid-Idee im Stadtrat zur Debatte stellen, kündigte Bauer an. "Da können wir ja dann auch über die Fragestellung reden." Einen Termin für die Abstimmung hat Bauer bereits im Auge. "Die Europawahl am 9. Juni würde sich aus meiner Sicht gut anbieten."

Die Stadt plant die Anlage mit einer Nabenhöhe von bis zu 180 Metern, die Spitze eines senkrecht stehenden Blattes würde dann etwa auf 250 Metern liegen. Die Nabenhöhe des wenige Kilometer südlich stehenden Hamberger Windrads liegt bei 140 Metern. Nachdem es sich beim Bürgerwindrad um ein Windrad auf Grafinger Gemeindegebiet handelt, dürfen auch zuerst die Einwohner aus dem Gemeindegebiet zeichnen. Sind die versorgt, will die Stadt den Kreis auch für auswärtige Interessenten öffnen.

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