Innovation:Von Hürden und Highlights

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Die stolzen Preisträger: Michael Lenz, Reiner Gerke, Reinhard John aus Zorneding, Florian und Barbara Wieser aus Straußdorf, Landrat Robert Niedergesäß, Christian Stampfer und Stefan Speer von der Firma Canon, dazwischen Wirtschaftsförderer Augustinus Meusel. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Zur Energiewende führen viele Wege - das haben auch dieses Jahr wieder Privatleute, Unternehmen und Kommunen bewiesen. Drei von ihnen wurden für ihr Engagement nun mit dem Energiepreis des Landkreises Ebersberg ausgezeichnet.

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Man braucht nicht nur Überzeugung, Ideen und meist auch einiges an Startkapital, um etwas zur Energiewende beizutragen. Oft bedarf es auch einer gewissen Tapferkeit. Zum Beispiel bei Barbara und Florian Wieser. Ihr Garten in Straußdorf dürfte ein Idyll gewesen sein, bis sie sich entschieden, ihr Einfamilienhaus künftig mit Erdwärme zu heizen. Danach war er - vorübergehend - eine öde Kraterlandschaft: Sieben riesige Erdwärmekörbe mussten im Garten versenkt werden, dass es ein Garten war, war zu diesem Zeitpunkt kaum mehr zu erkennen, sagt Florian Wieser.

Sieben riesige Erdwärmekörbe mussten im Garten der Wiesers ins Straußdorf versenkt werden. (Foto: privat)

Inzwischen ist Gras über die Sache gewachsen, und für die Familie Wieser hat sich der Aufwand gelohnt: Früher verbrauchte sie 2500 Liter Heizöl im Jahr, heute ist sie bei der Wärmeerzeugung von fossilen Energieträgern unabhängig, eine Photovoltaikanlage auf dem Dach senkt darüber hinaus die Stromkosten. Für ihr Engagement sind Barbara und Florian Wieser nun mit dem Energiepreis des Landkreises Ebersberg ausgezeichnet worden. "Vorbildlich und nahe an der Autarkie" sei das Projekt, so das Urteil der Jury.

Diese hatte den Wiesers den mit 1500 Euro dotierten Hauptpreis zugedacht, weitere Preise in Verbindung mit je 750 Euro gingen bei der kleinen Feier am Mittwochabend im Landratsamt an Reiner Gerke und eine Zornedinger Tiefgarageneigentümergemeinschaft sowie die Firma Canon Production Printing Germany in Poing.

Für ihr Engagement haben Florian und Barbara Wieser von Landrat Robert Niedergesäß den Hauptpreis erhalten. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Bereits zum zwölften Mal wurde der Energiepreis in diesem Jahr verliehen. Insgesamt haben sich seither 171 Privatpersonen, Firmen, Kommunen und Organisationen um einen der Preise beworben, in diesem Jahr waren es elf Bewerbungen gewesen. Natürlich, so unterstrich Landrat Robert Niedergesäß (CSU), könne der Landkreis Ebersberg allein die Welt nicht retten - aber doch einen Beitrag leisten. "Viele kleine Leute, an vielen kleinen Orten, die viele kleine Dinge tun, können das Gesicht dieser Welt verändern", zitierte der Landrat ein afrikanisches Sprichwort.

Garageneigentümer zu überzeugen - kein leichtes Unterfangen

Niedergesäß betonte, dass die Folgen des Klimawandels keine abstrakte Gefahr seien, sie seien mitten in Europa und auch mitten in Deutschland zu spüren - wie etwa die Flutkatastrophe im Ahrtal im Jahr 2021 gezeigt habe. Daher sei jeder auch lokal gefordert, etwas dagegen zu unternehmen.

Wie unterschiedlich und spannend diese kleinen und mittelgroßen Projekte auf lokaler Ebene aussehen können, das wurde deutlich, als die Preisträger ihre Projekte präsentierten. Sollte es beispielweise in Zorneding künftig einen E-Auto-Boom geben, kann es gut sein, dass das Projekt einer Eigentümergemeinschaft in der Gemeinde ein Stück dazu beigetragen hat. Reiner Gerke, Reinhard John und Michael Lenz ist nämlich das Kunststück gelungen, diese 93 Eigentümer einer Tiefgarage in der Lorenz-Stadler-Straße zum gemeinsamen Handeln zu überzeugen und die Tiefgarage mit Ladestationen auszurüsten.

Michael Lenz in der Zornedinger Tiefgarage, die nun mit Lademöglichkeiten ausgestattet ist. (Foto: Christian Endt)
Für ihr Engagement sind Michael Lenz, Reiner Gerke (von links) und Reinhard John (rechts) von Landrat Robert Niedergesäß mit dem Energiepreis des Landkreises ausgezeichnet worden. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Dabei hatte es nicht in jeder Phase des Projekts gut für die Pläne ausgesehen, wie Reiner Gerke schilderte. Noch bevor das Vorhaben erstmals zur Abstimmung gestellt werden konnte, zeichnete ein Gegner ein Katastrophenszenario mit erst einem, dann vielen brennenden E-Autos, einer in Flammen stehenden Garage und schließlich einer einstürzenden Wohnanlage - "unser Waterloo" nennt Gerke rückblickend jenen Abend, an dem es dann gar nicht erst zur Abstimmung kam. "Dann haben wir unsere Hausaufgaben gemacht", so Gerke, man habe umfassend informiert, jeden Einzelnen gefragt, ob es noch offene Fragen gebe und diese dann auch beantwortet. Mit Erfolg: Heute sind die Ladestationen längst realisiert - und viele anderen Zornedinger fragen bei Gerke, John und Lenz nach Ratschlägen und Tipps, wie sie es ihnen nachtun könnten.

Auch die in Poing ansässige Firma Canon könnte mit dem, was sie für die Energiewende tut, für viele andere ein Beispiel sein - das hat sogar schon Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) erkannt, der Canon bereits vor einigen Jahren mal aufs Dach gestiegen ist. Dort gibt es nämlich schon lange große Photovoltaikanlagen, die es dem Unternehmen ermöglichen, 20 Prozent des Stroms selbst zu produzieren. Das ist nicht nur gut für die Energiewende, sondern auch für die Finanzen des Unternehmens: Wegen der Strompreisentwicklung werden sich die Anlagen sogar noch früher amortisiert haben, als ohnehin gedacht, wie Stefan Speer unterstrich, der gemeinsam mit Christian Stampfer als Vertreter von Canon das Projekt vorstellte.

Sogar Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger hat schon bei Canon vorbeigeschaut und das Engagement für den Klimaschutz gelobt. (Foto: StMWi/E. Neureuther/oh)
Nun hat auch der Landkreis den Beitrag zur Energiewende gewürdigt (von links): Poings Bürgermeister Thomas Stark, Christian Stampfer, Landrat Robert Niedergesäß, Stefan Speer, Augustinus Meusel. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Doch das ist nicht das Einzige, womit Canon etwas fürs Klima tut. Sukkulenten auf dem Dach, eine Dusche für diejenigen, die mit dem Fahrrad zur Arbeit kommen, Lademöglichkeiten für E-Bikes und E-Autos, darüber hinaus Nisthilfen für Vögel, Blühwiesen und Bienenvölker. Für die Produktionsanlage und andere Gebäude wird eine Grundwasserkühlung genutzt, die Abwärme der Drucker geht ebenfalls nicht verloren. Viele weitere Projekte seien derzeit noch in Planung, sagte Speer - das verbindet die große Firma Canon mit dem kleinen Einfamilienhaus der Wiesers in Straußdorf: Auch da will man noch weitere Schritte in Richtung Energiewende unternehmen.

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