Jubiläumskonzert:Ganz großes Solo

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Der 17-jährige Cellist Heinrich Kremer spielt die Solopartie beim Jubiläumskonzert des Symphonieorchesters des Kulturvereins Baldham-Zorneding. (Foto: privat)

Das Symphonieorchester des Kulturvereins Baldham-Zorneding hat 50 Jahre gemeinsam überstanden und feiert nun seinen runden Geburtstag mit zwei Auftritten und dem aufstrebenden Cellisten Heinrich Kremer.

Von Alexandra Leuthner, Zorneding

Am liebsten wäre es ihm wohl, wenn er einfach mitten in der Nacht geweckt würde, und dann ginge es gleich rauf auf die Bühne. "Dann hätte ich die Aufregung nicht vor dem Konzert", sagt Heinrich Kremer und lacht. Ein bisschen gequält vielleicht, aber nur ein bisschen. Denn es bedeutet dem 17-Jährigen so viel, wenn er mit seinem Cello auftreten darf, dass er mit den zwei Tagen, in denen ihm vor einem Konzert ein wenig die Nerven flattern, doch ganz gut umgehen kann.

Aber klar, das flaue Gefühl ist nicht angenehm. Und er hat es vor allem dann, wenn er, wie am kommenden Wochenende, einen Solopart übernimmt. Gemeinsam mit dem Symphonieorchester des Kulturvereins Baldham-Zorneding tritt er am Samstag und Sonntag, 20. und 21. April, zur Feier des 50-jährigen Vereinsjubiläums bei zwei Konzerten auf. Zwischen Mozarts Ouvertüre zu "Figaros Hochzeit" und Beethovens festlicher 3. Symphonie, der "Eroica" spielt er beim virtuosen Cello-Konzert in a-Moll von Camille Saint-Saëns die Hauptrolle.

Heinrich Kremer ist es von klein auf gewohnt, vor Publikum zu musizieren. Er kann sogar ganz genau definieren, welches Publikum er am schlimmsten findet. "Jurys bei Wettbewerben. Wettbewerbe überhaupt, die sind schon eine Herausforderung." Und er hat schon einige erlebt. 2016 hat er, als Neunjähriger, zum ersten Mal am "Podium junge Musik" im Landkreis Ebersberg teilgenommen, es folgten unter anderem Solo- und Ensemble-Auftritte bei "Jugend musiziert" im Regional- und Landeswettbewerb. 2022 schaffte er es dort mit Cello solo in den Bundesentscheid - für den jungen Musiker ein einschneidendes Erlebnis und die rechte Basis, sich einen langgehegten Traum zu erfüllen: Er bewarb sich um einen Platz als Jungstudent an drei bayerischen Universitäten. Aus Nürnberg und Augsburg bekam er eine Zusage, und jetzt schultert er einmal die Woche sein geliebtes Instrument und setzt sich in den ICE nach Nürnberg - die Entscheidung für die Uni in Franken fiel aufgrund persönlicher Beziehungen seiner Cellolehrer.

Der junge Cellist Heinrich Kremer vor fünf Jahren: Musikunterricht bei Karolin Alliger in der Ebersberger Musikschule. (Foto: Christian Endt)

Ein enormer Zeitaufwand für einen Schüler, der nebenher auch noch im Jugendorchester Attacca des Bayerischen Staatsorchesters spielt und seit 2023 mit dem Bayerischen Landesjugendorchester auf Tour geht. Auftritts- und Orchestererfahrung hat er schon zuvor in mehreren Ensembles der Ebersberger Musikschule und im Schulorchester des Gymnasiums Kirchseeon gesammelt, wo er die elfte Klasse besucht.

Bleibt da überhaupt noch Raum für Freunde? "Also, das ist mir schon wichtig. Ich habe sehr enge Freunde in der Schule und auch im Orchester, und das ist mir wichtig", erzählt Heinrich Kremer bei einem Besuch in der SZ-Redaktion. Mehr als zwei Stunden am Tag übe er unter der Woche ohnehin nicht, "da machen andere mehr". Viel Zeit für Partys bleibe trotzdem nicht, räumt er ein. Drei Stunden jedes Wochenende sind für Proben mit dem Jugendorchester reserviert - schon wieder wandert also samstags das Instrument auf seinen Rücken, die Proben finden in München statt.

Aber dort trifft Heinrich zumindest eine ganze Menge junger Leute, anders ist es auf den wöchentlichen Fahrten nach Nürnberg, wo einmal im Monat auch Theorie, Rhythmik und Stimmbildung auf dem Programm stehen. "Das ist manchmal schon ein bisschen einsam", sagt er, aber seine Kopfhörer, die würden ihm helfen. "Ich höre eigentlich immer Musik", erzählt er, Modernes, Pop, was halt so im Radio laufe, die 80er-Jahre, Abba - alles, eher Songs, die von der Melodie leben, weniger von harten Gitarrensounds. Immer wieder hört er sich auch Stücke an, die er selber gerade übt, um sie zu lernen und um Dynamik und Interpretation zu vergleichen. Schließlich hilft gerade fürs auswendig Spielen die stete Wiederholung.

"Musik ist etwas anderes als Auswendiglernen: Musik ergibt sich einfach von selbst."

Wenn er ein Stück oft genug höre und spiele, dann brauche er sich nicht hinsetzen und Noten pauken, dann gehe das irgendwann ins Gehirn - ganz anders als in der Schule, feixt Heinrich, wo er sich mit Fremdsprachen herumschlagen müsse, und auch mit Mathe. "Musik ist etwas ganz anderes, als etwas hinzuschreiben, das man komplett auswendig lernen musste. Musik ergibt sich einfach von selbst." Nur die Abzweigungen, "an denen man beim Spielen ohne Noten falsch abbiegen kann", die muss sich dann auch ein Talent wie Heinrich Kremer etwas genauer anschauen.

Symphonieorchester Kulturverein Zorneding-Baldham feiert seinen 50. Geburtstag mit zwei Konzerten. (Foto: Johannes Schmieg; blende85567, oh)

Zur Selbstüberschätzung neigt der junge Mann ohnehin nicht. Ob sein Berufswunsch, Musiker in einem Orchester zu werden, sich erfüllt, das stehe noch in den Sternen, sagt er. Zu seinem Jungstudium in Nürnberg befragt, erklärt er: "Ach, da gibt's welche, die studieren schon mit zehn, da fühlt man sich so, als ob man nichts kann." Und irgendwann habe es auch bei ihm Zeiten gegeben, in denen er gezweifelt habe. Mit vier Jahren hat er zum ersten Mal den Bogen eines Sechzehntel-Cellos bei seiner ersten Musikschullehrerin Karolin Alliger in die Hand genommen und zwölf Jahre bei ihr gespielt, seit vier Jahren lernt er auch noch im Zweitfach Klavier bei Martina Hußmann - als Grundlage für seine Bewerbung um ein Hochschulstudium. Und doch sagt er: "Das hat doch jeder, dass er irgendwann alles hinschmeißen will. Die meisten hören dann auf."

Heinrich Kremer aber hat das nicht getan, viel hat dazu sicher seine Familie beigetragen, in der jeder Instrumente spielt, wie er erzählt, der Vater Klavier, Gitarre und Klavier die Mutter, die Oma war Gitarrenlehrerin, Bruder, Schwester und ein Cousin spielen Geige, ein anderer Saxofon. Gemeinsames Weihnachtsmusizieren also? Natürlich! Auch ganz ohne Vorbereitung.

Bei einem Sommerkonzert im Alten Speicher 2021cdirigierte Pascal Heinzmann das Symphonie-Orchester des Kulturvereins Zorneding. (Foto: Peter Hinz-Rosin/Photographie Peter Hinz-Rosin)

Für den Auftritt am kommenden Wochenende waren immerhin zwei gemeinsame Proben angesetzt, auch wenn Orchesterleiter Pascal Heinzmann den jungen Stargast schon länger kennt und ihm den Solopart angetragen hat. Hin und wieder hilft Kremer im Orchester mit seinem Cello aus.

Bleibt noch eine letzte Frage: Warum musste es eigentlich ausgerechnet das Cello sein? "Gar keine Frage, es hat einfach den schönsten Klang, nicht zu hoch, nicht zu tief, wie ein warmes Braun."

Die Jubiläumskonzerte des Symphonieorchesters des Kulturvereins Zorneding-Baldham finden am Samstag, 20. April, im Martinstadl in Zorneding und am Sonntag, 21. April, im Alten Speicher in Ebersberg statt. Beginn ist jeweils um 19 Uhr. Karten sind über die Homepage des Orchesters unter www.orchester-zorneding.de , bei Steffi's Schreibwaren in Zorneding oder an der Abendkasse ab 18.15 Uhr zu bekommen. Schüler haben freien Eintritt.

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