Energiewende im Landkreis Ebersberg:Regionen für Rotoren

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Das bislang einzige Windrad im Landkreis steht in Hamberg bei Bruck. Nun hat die Stadt Ebersberg Flächen für Windkraft ausgewiesen. (Foto: Christian Endt)

Als erste Landkreiskommune hat die Stadt Ebersberg nun Flächen für die Windkraftnutzung ausgewiesen. Noch in diesem Jahr könnte man mit Interessenten verhandeln.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

In der Kreisstadt gibt es nun offiziell ein Standortkonzept für die Nutzung von Windkraft, Ebersberg ist damit die erste Landkreiskommune, die eine solche Planung abgeschlossen hat. Mit großer Mehrheit hat der Stadtrat den geänderten Flächennutzungsplan beschlossen, dieser muss nun noch von der Rechtsaufsicht im Landratsamt geprüft werden, das gilt aber als reine Formsache.

Knapp einen Monat nachdem sich die Mehrheit der Wahlberechtigten im Landkreis grundsätzlich für den Bau von Windrädern im Ebersberger Forst ausgesprochen hatte - das war im Mai 2021 - beschloss man in der Stadt Ebersberg konkret in die Standortplanung für Windräder einzusteigen. Der zuständige Ausschuss brachte einen Teilflächennutzungsplan auf den Weg, damit kann eine Kommune bestimmte Nutzungen in manchen Gebieten festlegen und auch dieselbe Nutzung anderswo untersagen. Das Prinzip der sogenannten Konzentrationsflächen nutzen viele Städte und Gemeinden etwa beim Kiesabbau.

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Das Votum fällt knapp aus: Die Befürworter haben gewonnen - sie halten den Bau von fünf Windrädern im Ebersberger Forst für nötig, um Atom- und Kohlestrom abzulösen.

Von Wieland Bögel

In Ebersberg ging es aber vor allem darum, überhaupt Windräder auf eigener Flur zu ermöglichen, denn zum Zeitpunkt des Planungsbeginns galt in Bayern noch uneingeschränkt die 10-H-Regel, wonach ein Windrad das Zehnfache seiner Höhe von der nächsten Wohnbebauung entfernt sein muss. Zumindest, wenn die betreffende Kommune über ihren Flächennutzungsplan nichts anderes bestimmt. Dieser leitet sich nämlich aus dem Bundesbaugesetz ab, während 10-H ein Landesgesetz ist. Nach dem Prinzip "Ober sticht Unter" kann also eine Kommune die bayerische Abstandsregel mit Verweis auf das Gesetz des Bundes außer Kraft setzen.

Die Planung könnte auch nach Abschwächung der 10-H-Regel wichtig werden

Mittlerweile wurde die 10-H-Regel zwar etwas gelockert, für die Ebersberger könnte sich die Standortplanung indes trotzdem noch auszahlen. Denn das heuer in Kraft getretene "Wind-an-Land-Gesetz" schreibt verbindlich vor, dass die Bundesländer Standorte für Windkraftnutzung ausweisen müssen, in Bayern sind es 1,8 Prozent der Landesfläche bis 2033. Um dieses Ziel zu erreichen, können auch ohne Mitsprache der betroffenen Kommunen Standorte ausgewiesen werden - außer, die Kommune hat dies bereits selbst erledigt und erreicht damit einen Flächenanteil von mehr als 1,8 Prozent.

Genau das wäre mit dem nun beschlossenen Ebersberger Flächennutzungsplan mehr als erfüllt: Demnach liegt die Gesamtfläche potenzieller Windkraftstandorte bei 349 Hektar, das entspricht 8,5 Prozent des Ebersberger Gemeindegebietes. Damit sei die Stadt "rechtlich auf der sicheren Seite", bekräftigte nun in der Sitzung auch Bauamtsleiter Christian Stöhr. Er rechnet damit, dass die Rechtsaufsicht den Plan in etwa einem Monat genehmigen wird, dies sei die übliche Bearbeitungszeit. Anschließend können Interessenten, die ein Windrad errichten wollen, ganz offiziell mit der Stadt in Verhandlungen treten.

Wo die Standorte liegen, hat die Politik in den vergangenen Monaten zusammen mit den Planern vom Büro TB Markert erarbeitet. Im Wesentlichen sieht man das größte Potenzial im Norden Richtung Ebersberger Forst. Konkret geht es um einen rund einen Kilometer tiefen Streifen, der von der Anzinger Straße im Westen bis zur Gemeindegrenze östlich der Schafweide reicht. Kleinere Potenzialflächen gibt es noch im Bereich südlich der Schafweide und nördlich von Halbing sowie ganz im Südosten bei Pollmoos - wo bereits eine Anlage in Planung ist.

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Für das Projekt im Südosten Ebersbergs hat nun die Bauleitplanung begonnen. Die insgesamt 246 Meter hohe Anlage wäre erst die zweite überhaupt im gesamten Landkreis.

Von Wieland Bögel

Angesichts der langen Vorbereitungszeit gab es wenig Diskussionsbedarf. Josef Riedl (CSU) wollte noch wissen, ob die Abstandsflächen von 950 Metern eventuell Konflikte mit einer möglichen Erweiterung des Gewerbegebietes Nord geben könnte. Dies sei nicht zu erwarten, so Stöhr, da die Abstände nur zur Wohnbebauung gelten. An Gewerbe könnten die Windräder bis zu 500 Meter herangebaut werden. Was ja auch sinnvoll sei, merkte Gerd Otter (Pro Ebersberg) an, "die brauchen ja den Strom."

Außerdem, so Stöhr, genehmige man mit dem Flächennutzungsplan ja keine konkreten Standorte, sondern legen nur Flächen fest, in denen Anlagen gebaut werden könnten. Für jedes beantragte Windrad werde es dann ein Bauleitverfahren geben, in dem auch Fragen wie die Gewerbeflächenerweiterung abgewogen werden müssen.

Bei einer Gegenstimme - jener des bekennenden Windkraftgegners Toni Ried (FW) - wurde die für das Standortkonzept nötige Änderung des Flächennutzungsplanes beschlossen.

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