Hans Vollhardt kann seinen Blick kaum abwenden von den verkohlten Balken, den geborstenen Scheiben, den splittrigen Resten der Photovoltaikanlage auf dem Dach. "Es ist so traurig", sagt der Vorsitzende des Förderkreises für das Museum Wald und Umwelt am Donnerstagmorgen. Erst wenige Stunden ist es her, seit über dem Gebäude eine gewaltige Rauchwolke lag, seit Flammen aus dem Dach des historischen Jägerhäusls geschlagen sind und die Feuerwehrleute gerade noch ein Übergreifen auf das Innere des fast 300 Jahre alten Gebäudes verhindern konnten.
"Ein paar Minuten später, und es wäre nicht mehr zu retten gewesen", sagt Uli Proske, Kommandant der Ebersberger Feuerwehr, der nach einer kurzen Nacht schon wieder am Brandort steht. Zusammen mit 120 Kollegen hat er bis weit nach Mitternacht gegen das Feuer gekämpft, das an der Fassade auf der Westseite des neuen Trakt des Museums ausgebrochen war, sich dann aufs Dach ausgebreitet und dann schließlich auch auf das denkmalgeschützte Gebäude übergegriffen hat.
Der Einsatz der Feuerwehrler hat sich gelohnt: Das historische Jägerhäusl steht noch, auch einsturzgefährdet ist es nicht, wie Bürgermeister Walter Brilmayer und der Kommandant sagen. Dennoch wagt Brilmayer zunächst keine Prognose, ob der Bau erhalten werden kann. Er hoffe es natürlich, sagt der Bürgermeister, dennoch sei die ganze Sache "furchtbar". Auf mindestens eine Million Euro schätzen er und die Fachleute, die die Brandstelle begutachtet haben, den Schaden.
Am Abend zuvor war der Bürgermeister einer der ersten an der Brandstelle gewesen, noch vor der Feuerwehr. Er hatte den Abend bei einer gemütlichen Weihnachtsfeier direkt nebenan, in der Ebersberger Alm, verbracht. Gerade, als der Salat serviert wurde, kam einer in das kleine Nebenzimmer der Gaststätte und fragte, ob denn der Bürgermeister anwesend sei, das Museum brenne nämlich. Der Brandherd, so stellte man schnell fest, war außen an der Westfassade. Erst als die Feuerwehr schon angerückt war, löste die Brandmeldeanlage aus - das heißt, dass Flammen oder Rauch erst dann nach innen drangen.
Die Rückschlüsse, die man aus dieser Tatsache in Bezug auf die Brandursache ziehen könnte, sind beunruhigend. Ausschließen könne man eine Brandstiftung jedenfalls nicht, sagen Brilmayer und Proske. Genaueres werden in einigen Tagen die Brandfahnder der Kriminalpolizei Erding sagen können, die am Donnerstagmorgen in ihren weißen Overalls das Gebäude unter die Lupe genommen haben.
Bei all den schlechten Nachrichten gibt es allerdings auch eine gute: Die wertvollen Exponate, darunter die Holzbibliothek, die Candid Huber Ende des 18. Jahrhunderts geschaffen hat, wurden von den Flammen nicht beschädigt. Betondecken und -wände schützten die Stücke vor Flammen und Löschwasser, die Feuerwehrleute lagerten sie noch in der Brandnacht in das daneben gelegene Wirtshaus aus. Am Donnerstagvormittag wurden die Ausstellungsstücke dann von dem neuen Museumschef Hannes Müller - der erst zwei Tage zuvor seine Tätigkeit angetreten hatte - und seiner Vorgängerin Ines Linke in Lagerräume der Stadt gebracht.
Wann sie wieder ins Waldmuseum zurückkehren können, diese Frage könne man zum momentanen Zeitpunkt nicht seriös beantworten, sagt der Bürgermeister: "Wir schauen, dass es so schnell geht wie möglich." Die fünf festangestellten Mitarbeiter des Museums würden selbstverständlich weiterbeschäftigt, sie müssten sich nun um die Exponate und dann den Wiederaufbau der Ausstellung kümmern. "Die werden viel zu tun haben", so die Prognose des Bürgermeisters. Er selbst ist von den Vorgängen der Nacht zuvor sichtlich betroffen. "Es steckt viel Herzblut drin, das tut einfach weh", sagt er. Das Museum sei einfach "ein ganz zentrales Stück von Ebersberg".
Ähnlich äußern sich viele, die am Donnerstagmorgen hinter den weiß-roten Absperrbändern stehen und versuchen, sich ein Bild von der Lage zu machen. "Ich habe keine Worte", sagt Stadtarchivarin Antje Berberich, die sofort zum Museum geradelt ist, als sie von dem Feuer erfahren hatte: "Wir alle im Rathaus sind wie gelähmt, man sieht überall nur traurige Gesichter." "Es ist ein Schock - nicht nur für die Stadt, sondern für den ganzen Landkreis", sagt auch Landrat Robert Niedergesäß. Das Museum am Rande des Ebersberger Forsts sei ein "Herzstück in Sachen Geschichte, Kultur und Bildung". Auch Hans Vollhardt kann immer noch nicht so recht fassen, was da an dem Ort passiert ist, der ihm so am Herzen liegt. "Es ist eine Katastrophe", sagt er, und dies gerade zu einer Zeit mit neuen Besucherrekorden und einer hervorragenden Reputation des Museums weit über die Landkreisgrenzen hinaus.
Den besonderen Reiz des Museums machen seine Lage aus
Tatsächlich hat sich das 2004 gegründete Museum seit einigen Jahren zu einem beliebten Ausflugsziel entwickelt. Die Dauerausstellung bietet Informationen über die Geschichte der Waldnutzung und der Ökologie des Waldes. Darüber hinaus gibt es immer wieder Sonderausstellungen: "Mensch - Baum" ist der Titel der aktuell laufenden, in der Holzskulpturen von Bernhard Schmid gezeigt werden.
Den besonderen Reiz des Museums machen freilich seine Lage auf der Anhöhe über Ebersberg und am Rand des Forstes aus, die angegliederte Umweltstation bezieht den Wald in ihren Kursen und Veranstaltungen immer wieder ein. Das Jägerhäusl, das ein Teil des Museums und schon von weitem ein Blickfang ist, stand ursprünglich in Kirchseeon und wurde 1995 - also schon lange vor der offiziellen Eröffnung des Museums - auf dem idyllischen Fleckchen auf der Ludwigshöhe neu aufgebaut.
Museumsleiter Hannes Müller, der sich seine erste Arbeitswoche durchaus anders vorgestellt hätte, ist nun zunächst damit beschäftigt, die Stücke zu begutachten, die Meldung an die Versicherung vorzubereiten und alle Beteiligten - von der Putzfirma bis zu freien Mitarbeitern - zu informieren. Bis ins neue Jahr ist das Museum ohnehin geschlossen, dann könne man vielleicht auch mehr sagen, wann und wie es weitergeht. Viele der Aktionen des Museums finden ohnehin im Freien statt, diese Programmpunkte könnte man also trotz des Brandschadens anbieten.