Ebersberg:Kistenweise Spenden im Jugendzentrum

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Spendentag im Jugendzentrum AJZ: Am Nachmittag werden die Kisten in einen LKW geladen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Seebrücke und der Kreisjugendging sammeln für Bedürftige, sowohl in der Region als auch auf dem Mittelmeer soll Hilfe geleistet werden. Auch Gymnasien aus dem Landkreis beteiligen sich.

Von Saladin Salem, Ebersberg

Vor dem Eingang des Jugendzentrums in Ebersberg stapeln sich am Samstagnachmittag die Kartons. "Baby" steht auf einer der Kisten, "Männerkleidung" oder "Spielzeug" heißt es auf anderen. Aus dem Inneren des Gebäudes hallt laut Musik. Die Seebrücke und der Kreisjugendring Ebersberg (KJR) veranstalten an diesem Tag eine Spendenaktion zugunsten der Flüchtlingshilfe Erding und der Seenotrettungsorganisation Sea-Eye. Die Veranstaltung findet im Rahmen der "Wochen der Toleranz" statt, die vom Kreisbildungswerk Ebersberg organisiert werden. Etwa 15 Leute packen vor Ort mit an und kümmern sich um die Sachspenden.

Vor allem Klamotten werden bei der Aktion im Jugendzentrum abgegeben. Die Sachen seien alle in gutem Zustand, sauber und ordentlich, erzählt Angela Warg-Portenlänger vom KJR Ebersberg. Auch von der Menge an Spenden ist man positiv überrascht. "Das ist schon ein Batzen mehr als letztes Jahr", sagt Leonhard Martz, Mitglied der Seebrücke. Die Spendenaktion findet bereits das dritte Jahr in Folge statt.

Unter den Spenden sind teils sogar neue, noch verpackte Sachen

Neu sei jedoch, dass im Vorfeld auch dezentral Spenden gesammelt wurden. Das Gymnasium Kirchseeon machte zum Beispiel mit einem Elternbrief auf die Aktion aufmerksam. Die zahlreichen Sachspenden mussten schließlich mithilfe eines Sprinters transportiert werden. Und auch finanzielle Unterstützung gab es: Das Gymnasium Vaterstetten sammelte mit selbst gebackenem Kuchen gut 200 Euro für die Organisation Sea-Eye.

Im Jugendzentrum Ebersberg werden die Spenden in zahlreichen Kisten verpackt und sortiert. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Es würden sogar hochwertige Kleidung und Spielzeug gespendet, teilweise seien die Sachen noch neu verpackt, erzählt Martz. In den Kartons befindet sich alles mögliche: Regenschirme, Erste-Hilfe-Sets, Hygieneartikel wie Seife, Schulsachen oder auch Fahrradhelme. "Da sieht man, in was für einer Überflussgesellschaft wir leben", sagt er. Die Spenden gingen allesamt an die Flüchtlingshilfe Erding und würden von dort aus weiterverteilt.

Harald Fink ist als Vertreter der Flüchtlingshilfe vor Ort. Die Organisation musste vor kurzem mit ihrem Lager nach Isen umziehen. Nun würden immer mehr Spenden benötigt, da viele der alten Spender weggebrochen seien, erklärt er. Was am Samstag gesammelt wird, gehe allerdings nicht nur an Geflüchtete in der Region, sondern an alle Bedürftigen. Teile würden sogar in Richtung Ukraine, nach Gambia oder Nigeria verschickt.

Aktuell wird vor allem warme Kleidung benötigt

Die Aktion sei in diesem Jahr sogar noch besser angelaufen als die Jahre zuvor, und die Vorbereitung sei hervorragend gewesen, sagt Fink. Dies sei enorm wichtig, denn von politischer Seite bekäme die Flüchtlingshilfe keine Unterstützung. Man sei stattdessen auf Privatspender und andere Organisationen angewiesen. Ohne sie hätten viele Menschen ein "Riesenproblem", erklärt er. Aktuell werde vor allem warme Kleidung benötigt, Winterjacken und Mäntel, denn viele der Geflüchteten seien nicht "ausgerüstet für die kalten Temperaturen". In der Erstaufnahmeeinrichtung in Deggendorf kämen die Menschen teils nur mit Plastiktüten, etwas Kleidung zum Wechseln und ihren Papieren an.

Umso mehr freut sich Harald Fink über die zahlreichen Spenden an diesem Samstag. Als gegen vier Uhr nachmittags ein Lastwagen vorfährt, um die Mengen an Kleidung, Spielzeug und Alltagsgegenständen abzutransportieren, stapeln sich die Kisten im Laderaum bis zur Decke.

Trotz des erfolgreichen Spendentags schaut Leonhard Martz mit Sorge auf den aktuellen Diskurs zu Geflüchteten. Die Art und Weise, wie über Migration, Abschiebungen und Seenotrettung gesprochen werde, verschärfe sich massiv. Dabei werde zu wenig über "Fluchtursachen gesprochen, die wir selbst produzieren", sagt Martz. Angesichts eines kürzlich dem Bundeskabinett vorgelegten Gesetzentwurfs zu irregulärer Migration erklärt er, dass vor allem die Seenotrettung dringend Rechtssicherheit brauche.

Die Helferinnen und Helfer der Spendenaktion am Samstag. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Sea-Eye-Mitglied Jacob Lundius ist an diesem Samstag ebenfalls nach Ebersberg gekommen, denn der Eintrittspreis für das Abendprogramm im AJZ soll an seine Hilfsorganisation gespendet werden. Auch das Bier kostet an diesem Tag einige Cent mehr, ein Teil wird weitergegeben. "Die Spenden gehen komplett in die Seenotrettung", sagt Lundius. Zu finanzieren seien die Rettungsaktionen des Schiffs Sea-Eye-4. Die größten Kosten verursache dabei der Sprit. Zwischen fünf und sechs Mal pro Jahr fahre das Schiff aktuell auf das Mittelmeer hinaus.

Die Arbeit von Sea-Eye sei mittlerweile wesentlich schwieriger geworden, erzählt Lundius. Heutzutage dürfe das Schiff nur noch eine Rettungsaktion pro Fahrt durchführen und müsse dann in den Hafen zurückkehren. Früher sei es möglich gewesen, nach dem Auslaufen so viele Menschen wie möglich aufzunehmen. Jedes Mal zurück in den Hafen zu fahren, sei auch eine Kostenfrage.

Jährliche Spendenaktion soll bestehen bleiben

Unterstützt wird Sea-Eye an diesem Abend von zwei Bands und einem DJ, die allesamt Kontakte zum Kreisjugendring Ebersberg haben. Für die Band Men of the Yeah! ist es der erste Auftritt im Landkreis. Schlagzeuger Erich Mayer erklärt, es sei nach der Anfrage fast eine Verpflichtung gewesen, auf dem Benefizkonzert zu spielen. "Es ist nicht die größte Veranstaltung, aber es ist wichtig, auf so etwas hinzuweisen", sagt er vor dem Auftritt der Band. Als Musiker wollten sie ihren Teil dazu beitragen. Die Vorband entstamme zur Hälfte selbst dem KJR Ebersberg und habe sich erst im September speziell für diesen Abend gegründet, erzählt Sängerin Klara Senechal. Erst drei Mal habe die Gruppe Vagabond Plants in Urban Ecosystems proben können, seit Leonhard Martz um einen Auftritt gebeten hatte.

Nach der erfolgreichen Spendenaktion am Samstag planen die Seebrücke und der Kreisjugendring Ebersberg, auch im kommenden Jahr eine solche zu veranstalten. Mittlerweile sei es ja fast schon eine Tradition, sagt Martz.

Sachspenden an die Flüchtlingshilfe werden ganzjährig jeden Samstag zwischen 11 und 13 Uhr in Isen angenommen. In einem Kleiderladen am Erdinger S-Bahnhof können Bedürftige montags zwischen 10 und 13 Uhr Kleidung oder andere Sachspenden entgegennehmen.

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