Corona-Krise:Ebersberger Landrat kritisiert Teil-Lockdown

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Kreisklinik Ebersberg: Der Ärztliche Direktor Peter Kreissl (links) und Ingrid Schwarz, Bereichsleiterin der Inneren Medizin, zeigen Landrat Robert Niedergesäß den Bestand an Infektionsschutzausrüstungen. (Foto: Kreisklinik/oh)

Robert Niedergesäß befürchtet einen massiven Schaden für die Wirtschaft. Die Infektionszahlen für den Landkreis Ebersberg sind weiter gestiegen - und Coronaleugner verbreiten ihre Thesen per Post.

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Landrat Robert Niedergesäß (CSU) hat sich sehr kritisch zu einem weiteren Teil-Lockdown in der Corona-Pandemie geäußert: "Ein pauschales zweites Herunterfahren der Wirtschaft wird dieser massiv schaden", so der Ebersberger Landrat in einer Pressemitteilung. Das Virus müsse stattdessen gezielt dort bekämpft werden, wo es auftrete. Wie es im Landkreis Ebersberg weiter geht, damit befasst sich der Krisenstab in seiner Sitzung an diesem Donnerstag. Die guten Nachrichten halten sich allerdings auch im Kreis Ebersberg sehr in Grenzen: Die Sieben-Tage-Inzidenz ist weiter gestiegen und liegt nun bei 120,23. Insgesamt ist derzeit bei 201 Menschen aus dem Landkreis eine Infektion nachgewiesen.

Die Sieben-Tage-Inzidenz gibt an, wie viele Menschen sich bezogen auf 100 000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen neu mit dem Coronavirus infiziert haben. Ab einem Wert von 100 springt die Corona-Ampel auf dunkelrot um, dann gelten eigentlich automatisch die Beschränkungen des Freistaats für diesen Fall. Weil die offiziellen Statistiken des Robert-Koch-Instituts und des Landesamts für Gesundheit etwas hinterherhinken, werden aber laut Landratsamt neue Beschränkungen frühestens am Freitag in Kraft treten - danach folgen wohl ohnehin die wesentlich schärferen Maßnahmen des Bundes.

Dann werden auch die Gaststätten wieder schließen müssen, eine Tatsache, für die der Landrat kein Verständnis hat: "Die Gastronomie ohne differenzierte Betrachtung komplett zu schließen, beziehungsweise alleine schon eine Sperrzeit um 21 Uhr ist ein grober und unnötiger Schlag ins Gesicht derjenigen Gastronomen, die in den letzten Monaten erhebliche Investitionen zur Einhaltung der geforderten Hygienekonzepte getätigt und diese konsequent umgesetzt haben." Es ist nicht das erste Mal, dass Niedergesäß den eingeschlagenen Weg bei der Corona-Prävention kritisiert. Vor knapp zwei Wochen hatte er - ebenso wie Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) - auch die Maskenpflicht an Grundschulen ausgesetzt, die der Freistaat eigentlich in Regionen mit hohen Infektionszahlen vorsieht.

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Während in der Vergangenheit die meisten Infektionen im Landkreis auf Reiserückkehrer und Familienfeste zurückgeführt wurden, lässt sich heute nicht mehr so genau sagen, wo sich die Menschen angesteckt haben. "Es gibt momentan kein klares Bild", so Landratsamtssprecherin Evelyn Schwaiger. Das gesamte Geschehen sei "diffuser geworden". Das Contact Tracing Team im Landkreis tut sein Bestes, um die Infektionen nachzuvollziehen, doch die Lage hier sei nicht einfach, so Schwaiger. Derzeit gebe es hier einige offene Stellen, unter anderem werden Ärzte fürs Gesundheitsamt gesucht. Aber auch der ständige personelle Wechsel sei ein Problem. Inzwischen sei eine Person allein dafür zuständig, die Neuen anzulernen.

Während sich die Lage weiter verschärft, machen auch die Coronaleugner immer stärker mobil: Gleich bündelweise landen Pamphlete, in denen die Gefährlichkeit der Krankheit bestritten wird und Verschwörungstheorien ausgebreitet werden, derzeit im Briefkasten der Landkreisbürger. Auch Einladungen zu Demonstrationen sind unter den Flugblättern. Viele der Empfänger ärgern sich über diese "Hetzzettel gegen die Corona-Maßnahmen, getarnt als bürgerrechtliches Engagement", wie es ein SZ-Leser beschreibt. "Es ist schade, dass die Bevölkerung in dieser Situation so verunsichert wird", sagt der frühere SPD-Stadtrat Hans Mühlfenzl, der sich ebenfalls über die Flugblätter geärgert hat. Viel unternehmen können die Empfänger gegen die Post, die offenbar persönlich eingeworfen wird, allerdings nicht, selbst wenn sie die darin vertretenen Ansichten absolut nicht teilen. "Wenn es bloß Unsinn ist, dann ist es nicht strafrechtlich relevant", fasst es Ulrich Milius, Chef der Ebersberger Polizeiinspektion, zusammen.

© SZ vom 29.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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