Haushalt der Kreisstadt:Kompromiss dank Rasenmäher

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Gute Nachrichten für die Kultur in Ebersberg: Die Zuschüsse für das Alte Kino werden nun doch nicht gekürzt. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Nach zähen Debatten einigen sich die Ebersberger Stadtratsfraktionen auf einen Haushalt. Der sieht pauschale Kürzungen vor, dafür sind Einsparungen bei der Kultur und bei den Vereinen vom Tisch, genau wie Steuererhöhungen.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Mit gut zwei Monaten Verspätung hat die Kreisstadt Ebersberg nun endlich einen Haushalt für das Jahr 2024. Vorangegangen waren informelle Beratungen in zwei Workshops von Politik und Verwaltung sowie eine Sitzung des Finanzausschusses, in der das ursprüngliche Zahlenwerk mit hauchdünner Mehrheit verabschiedet wurde. Diese Mehrheit schien im Stadtrat fraglich, am Ende einigte man sich auf einen Kompromiss. Der sieht pauschale Einsparungen vor, im Gegenzug müssen Kultur und Vereinsleben den Gürtel weniger eng schnallen. Und auch die Steuererhöhungen fallen aus - zumindest für dieses Jahr.

Der Ernst der Lage zeigte sich vor der Sitzung bei einem Blick ins Publikum. Nicht nur war in den beiden Altbürgermeistern Walter Brilmayer und seines Vorgängers Hans Vollhardt nahezu ein halbes Jahrhundert Rathausleitung anwesend. Es waren auch zahlreiche Vertreter aus Kunst und Kultur erschienen, etwa Markus Bachmeier und Alexander Liegl vom Alten Kino genau wie Andreas Mitterer vom Kunstverein. Dazu Vertreter von Vereinen und Initiativen genau wie ehemalige Stadtratsmitglieder.

Finanzen in Ebersberg
:Knappe Sache

Mit viel Mühe und hauchdünner Mehrheit bringt Ebersberg endlich den Haushalt auf den Weg - ob er es durch den Stadtrat schafft, ist offen. Vor allem das Thema Steuererhöhungen spaltet die Politik.

Von Wieland Bögel

Dazu, dass diese eine in teilweise für Ebersberger Verhältnisse äußerst scharfem Ton geführte Debatte zu hören bekamen, trug auch bei, dass die Fraktionen von CSU/FDP und Pro Ebersberg sowie zumindest Teilen jener der Freien Wähler wenige Stunden vor der Sitzung eine Liste mit neuen Sparvorschlägen eingebracht hatten. Natürlich werde man diese behandeln, so Bürgermeister Ulrich Proske (parteilos), "aber Fairplay geht anders".

Zu den Einsparungen führte CSU-Fraktionschef Florian Brilmayer in der Sitzung lediglich ein paar kleinere Posten an, etwa 10 000 Euro Planungskosten für die Amtsgerichtskreuzung, die dem Landkreis gehört, oder je 6000 für ein Studierzimmer und für das Projekt "Kinderfreundliche Kommune". Auf SZ-Nachfrage erklärt Brilmayer, es sei vor allem um externe Sachverständige und Dienstleister gegangen. Dafür seien alleine im aktuellen Haushalt rund 1,7 Millionen Euro veranschlagt, einiges davon könne man zumindest kürzen. In der Sitzung bezifferte Brilmayer die Einsparungen in dem interfraktionellen Plan auf rund 840 000 Euro - ohne dass man die Steuern erhöhen oder die umstrittenen Kürzungen bei der Kultur und den Vereinen vornehmen müsse.

Laut dem ursprünglichen Plan hätten Kultur und Vereine kräftig sparen müssen

Diese sind im ersten Haushaltsentwurf nicht unerheblich: Altes Kino und Alter Speicher sollen demnach pro Monat 4000 Euro weniger bekommen. Vereinszuschüsse würden von 50 000 auf nur 10 000 Euro sinken und die Stadtführung ganz gestrichen werden. Zudem soll der Hebesatz bei der Grundsteuer von 400 auf 450 Punkte steigen, bei der Gewerbesteuer von 360 auf 380. Mit rund 635 000 Euro Mehreinnahmen rechnete die Kämmerei dadurch. Die neue Sparliste, so Brilmayer, würde also rund 200 000 Euro mehr freimachen als sich durch die Steuererhöhungen erzielen ließen.

Dass diese Liste durchaus bedenkenswerte Vorschläge enthalte, gestand auch Christoph Münch (SPD) zu - so weit man das in der kurzen Zeit beurteilen konnte. Er kritisierte, dass die CSU diese nicht bereits in den beiden Haushalts-Workshops eingereicht hatte. Dies bemängelte auch Eduard Zwingler (FW), wenn man die Liste bereits vor der Sitzung des Finanzausschusses gehabt hätte, "dann hätten wir uns die Steuererhöhungen sparen können".

Bei einigen im Gremium liegen die Nerven blank

Einen deutlich weniger konzilianten Ton schlugen Dritte Bürgermeisterin Lakhena Leng (Grüne), deren Fraktion im Ausschuss für den Haushalt gestimmt hatte, und Josef Peis (Pro Ebersberg), der damals ablehnte, an. Leng warf CSU, FDP und Pro Ebersberg mangelnde Umgangsformen vor. Durch die am Tag vor der Sitzung eingebrachten Vorschläge seien die vielen Stunden in den Workshops reine Zeitverschwendung gewesen. Dies seien sie ohnehin, meinte Peis, das ganze Verfahren tauge nichts. Dass man die eigenen Sparvorschläge am Sitzungstag präsentiert habe, sei nur folgerichtig. Schließlich hätte die Verwaltung die Unterlagen für den Finanzausschuss vor zwei Wochen sogar erst 90 Minuten vor Sitzungsbeginn ins System eingestellt. Ganz generell habe er auch Zweifel, ob die Verwaltung der Lage gewachsen sei: "Der Bürgermeister hat viele Qualitäten - die Steuerung der Finanzen gehört nicht dazu."

Das grundlegende Problem brachte Münch auf den Punkt: "Was hat die schlimmeren Auswirkungen: Steuererhöhungen oder mehr sparen?" Seiner Meinung nach solle man mit ersterem nicht zu lange warten - "besser wir erhöhen jetzt moderat, als dass wir es in ein paar Jahren sehr viel mehr anheben müssen". Dass das Motto "sparen, sparen, sparen" lauten müsse, machte auch Zwingler klar, allerdings brauche man die Steuererhöhungen, damit die haushaltsfreie Zeit endet und die Stadt wieder handlungsfähig wird. Darum werde er dem Entwurf der Verwaltung zustimmen.

Allerdings ist diese Meinung nicht einhellig in der Fraktion, mindestens ein weiteres Mitglied hatte sich der Brilmayer'schen Sparoffensive angeschlossen. Damit hätte der Haushaltsentwurf der Verwaltung keine Mehrheit gefunden. Ein Risiko, dessen sich Bürgermeister Proske bewusst war, er wolle "es nicht auf eine Kampfabstimmung ankommen lassen" und bat daher die Fraktionssprecher zu einer nicht-öffentlichen Beratung.

Ein neues Gremium soll künftig einmal im Monat Sparpotenziale ausloten

Mit Erfolg, wie sich nach gut 20 Minuten zeigte. Die Sparvorschläge der CSU spielten dabei keine Rolle mehr, die Christsozialen konnten sich aber mit ihrer Forderung durchsetzen, auf die Einsparungen bei der Kultur zu verzichten. Auch die Steuererhöhungen soll es nicht geben - zumindest heuer nicht, wie Kämmerer Josef Gibis anmerkte. Die Vereinszuschüsse sinken um 20 000 statt um 40 000 Euro und auch die Stadtführungen sollen weiter Geld bekommen. Auch eine von den Grünen kritisierte Sparmaßnahme wurde gestrichen: Photovoltaikanlagen wollte die Stadt künftig nur noch bauen, wenn sie sich binnen sieben Jahren amortisieren. Der Zeitraum fällt nun weg.

Gegenfinanziert werden soll das Ganze durch eine pauschale Kürzung aller Haushaltsstellen um 15 Prozent - zumindest jene, zu welchen die Stadt nicht "vertraglich oder dienstlich verpflichtet" ist. Wie hoch die Einsparungen dann in Euro und Cent ausfallen werden, stand aufgrund der Komplexität des Zahlenwerks bei der Abstimmung noch nicht fest. Ursprünglich war von einem Gesamtvolumen von 69,7 Millionen Euro ausgegangen worden, davon 41 Millionen im Verwaltungshaushalt, wo am meisten eingespart wird.

Sehr nachhaltig eingespart hatte der Stadtrat am Ende zumindest sein Konfliktpotenzial: Der Haushalt wurde - bis auf die Steuererhöhungen, die Teile der Grünen und der SPD weiter befürworteten - einstimmig verabschiedet. Außerdem wurde die Einrichtung einer Konsolidierungsgruppe beschlossen, in der Vertreter aller Fraktionen einmal im Monat über Sparpotenziale beraten sollen.

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