Finanzen in Ebersberg:Knappe Sache

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Der Weg aus der Ebersberger Finanzmisere ist leider nicht ausgeschildert, und darum ist die richtige Route höchst umstritten. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Mit viel Mühe und hauchdünner Mehrheit bringt Ebersberg endlich den Haushalt auf den Weg - ob er es durch den Stadtrat schafft, ist offen. Vor allem das Thema Steuererhöhungen spaltet die Politik.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Kaum Spielräume gibt es in diesem Jahr beim Haushalt der Kreisstadt, das gilt inhaltlich wie politisch. Der Finanzausschuss hat das Zahlenwerk nun auf den Weg gebracht - mit nur einer Stimme Mehrheit. Ob diese im Stadtrat hält, muss sich zeigen. Kern des für Ebersberger Verhältnisse doch recht deutlich ausgetragenen Disputs ist die Frage, ob die Verwaltung noch mehr einsparen kann und ob man so nicht vielleicht um Steuererhöhungen herumkommt.

Die fallen teilweise deutlich aus, obwohl - wie auch Kämmerer Josef Gibis einräumte - Ebersberg im Landkreisvergleich schon zu den Kommunen mit den höchsten Hebesätzen gehört. Bei der Grundsteuer sind es aktuell 400 Punkte, nur Markt Schwaben verlangt genauso viel. Bei der Gewerbesteuer ist der Satz derzeit bei 360 Punkten, nur in Pliening sind es mit 380 mehr.

Aber eben nicht mehr lange, denn dieser Hebesatz soll künftig auch in Ebersberg gelten, die Grundsteuer würde auf 450 Punkte ansteigen. Dadurch, so der Kämmerer, könnte man 378 000 Euro mehr Gewerbe- und 257 500 Euro mehr Grundsteuer einnehmen. Für ein Einfamilienhaus entstünden so rund 60, für eine Doppelhaushälfte etwa 31 Euro Mehrkosten im Jahr. Wobei dies nur eine Art Vorschuss sei, so Gibis weiter, durch die Reform der Grundsteuer werde diese ohnehin steigen. Der Plan ist nun, die Sätze nach der Reform erneut anzupassen, so dass dann eine Erhöhung ausbleibt.

Sollten sich die Haushaltszahlen nicht verbessern, droht die Zwangsverwaltung

Bereits im vergangenen Jahr gelang es nur mit Mühe, einen Haushalt aufzustellen, damals gab es die Auflage vom Landratsamt, einen externen Sachverständigen mit einem Konsolidierungsprogramm zu beauftragen. Warum das nötig ist, erläuterte Gibis am prognostizierten Wachstum der Schulden: Lasse man den Haushalt weiterlaufen wie bisher, würden aus den aktuell rund 26,7 Millionen Euro 38 Millionen zum Jahresende und bis zu 62 im Jahr 2027.

Laut Gibis besteht ab 50 Millionen Euro die Gefahr, "dass uns das Landratsamt das Licht ausdreht" - konkret also unter Zwangsverwaltung stellt. Das Problem seien die hohen Zinsen und Tilgungen für Kredite aufgrund vergangener Großprojekte. Aktuell zahlt die Stadt dafür jährlich rund drei Millionen Euro, bis zu fünf könnten es zum Ende des Jahrzehnts sein. Diese sogenannten Pflicht-Zuführungen sind auch ein Grund dafür, dass sich bei der ersten Planung des Haushaltes im vergangenen Dezember laut Gibis noch ein Defizit von rund drei Millionen Euro ergeben hat, im Januar fehlten noch etwa 1,8 Millionen Euro, mittlerweile ist es auf 744 600 Euro geschrumpft. Zusammen mit der Nichtbesetzung einer geplanten Stelle im Bauamt könnte die Steuererhöhung dieses Defizit abfangen und so einen genehmigungsfähigen Haushalt ermöglichen.

CSU, FDP und Pro Ebersberg fordern mehr und schnellere Einsparungen

Dies bezweifelte Florian Brilmayer (CSU): "Es ist die Frage, ob das Landratsamt diesem Haushalt überhaupt zustimmen wird." Seine Fraktion zumindest werde das nicht tun, denn es seien längst nicht alle Einsparmöglichkeiten ausgeschöpft. Ähnlich argumentierten Josef Peis (Pro Ebersberg) und Bernhard Spötzl (FDP). Ihr Fazit: Bevor man die Steuern erhöht, müsste vor allem im Verwaltungshaushalt - also bei den laufenden Ausgaben - mehr gespart werden.

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Was allerdings bereits geschieht: So sollen etwa die Kulturstätten Altes Kino und Alter Speicher pro Monat 4000 Euro weniger bekommen, allerdings erst von September an. Die jährliche Unterstützung würde so um 48 000 Euro sinken. Die Zuschüsse für Vereine sollen um 40 000 Euro pro Jahr gekürzt werden, um den gleichen Betrag sollen die Parkgebühren steigen. 21 200 Euro spart man sich, weil die Stadtführungen gar keinen Zuschuss mehr bekommen, genau wie das Jugendstadion des TSV, was ähnlich hohe Einsparungen bringen soll. Die Stadt versilbert sogar Gold - ganz wörtlich: Eine Münzsammlung aus dem Fundus im geschätzten Wert von 250 000 Euro soll veräußert werden.

Es gibt eine lange Liste von Sparvorschlägen - aber die greifen meist erst 2025

Die meisten potenziellen Einsparungen, vor allem die mit den größten Volumina, würden aber erst im kommenden Jahr wirksam. Insgesamt könnte die Stadt 2025 rund 7,8 Millionen Euro sparen beziehungsweise mehr einnehmen. Allerdings finden sich auf der Liste sowohl Einmaleffekte wie der Verkauf der Grundstücke im Stadtteil Friedenseiche für rund 2,6 Millionen Euro, als auch Vorschläge, für die eine Mehrheit zumindest fraglich ist. Etwa die Umweltstation am Waldmuseum zu schließen, und in diesem die Eintrittspreise kräftig zu erhöhen, beides soll je 100 000 Euro bringen, genauso viel eine höhere Müllgebühr. Eine halbe Million Euro könnte durch einen Ausstieg aus der Defizitvereinbarung mit den Kitas kommen, vier Millionen, würde man das geplante Parkhaus in der Ulrichstraße für den Kindergarten St. Sebastian nicht bauen.

Um Mehrheiten für Einsparungen auszuloten, hatte die Verwaltung die Mitglieder des Finanzausschusses vor den eigentlichen Sitzungen zu zwei Workshops eingeladen. Allerdings, so wurde es nun im Gremium deutlich, haben wohl nicht alle gleichermaßen mitgearbeitet. Zumindest legten das Beiträge von Christoph Münch (SPD) und Eduard Zwingler (FW) nahe. Die beiden bemängelten, dass ausgerechnet die beiden Fraktionen CSU/FDP und Pro Ebersberg, die nun den Haushalt ablehnten, keine Sparvorschläge bei der Erarbeitung desselben eingebracht hätten.

Peis kritisierte im Gegenzug, dass man ihm Vorwürfe mache, "der Tabellen-Arbeit nicht gerecht geworden zu sein". Spötzl befand, er "glaube nicht, dass die Fraktionen zuständig sind, einen genehmigungsfähigen Haushalt aufzustellen", das müsse schon die Verwaltung tun. Florian Brilmayer indes bewies, dass zumindest er sehr wohl zu Tabellen-Arbeit imstande und willens ist und sich auch dafür zuständig sieht, den Haushalt genehmigungsfähig zu bekommen - nur, auch das wurde deutlich - eben nicht im Rahmen eines nichtöffentlichen Workshops.

Bei der CSU sieht man zahlreiche nicht genutzte Möglichkeiten, die Kosten zu senken

So listete Brilmayer zahlreiche Kostenstellen auf, bei denen er noch Einsparpotenzial sieht - unter anderem das Bürgermeister-Budget, das im Jahresvergleich um 25 Prozent gestiegen sei. In Zahlen zwar nur von 4000 auf 5000 Euro, aber für Brilmayer ein gutes Beispiel, dass eben nicht alle Einsparmöglichkeiten überprüft worden seien. Das Gleiche gelte für Veranstaltungen wie den 8er-Rat, ein Beteiligungsgremium für Jugendliche, das Vielfalt-Festival oder die kinderfreundliche Kommune. Alles Dinge, die man nicht abschaffen sollte - aber die man sicher auch günstiger bekomme.

Dass man bei den Ausgaben weiter kürzen müsse, sei richtig, so Jürgen Friedrichs (Grüne), er gab aber auch zu bedenken, dass dies nicht "mit der Sense" geschehen dürfe, sonst leide die Lebensqualität in der Stadt. Die Steuererhöhungen seien nötig, um sich die Zeit zu verschaffen, "bis die Konsolidierung greift". Stefan Mühlfenzl (SPD) drückte es noch deutlicher aus: "Wir haben die Verantwortung, die Handlungsfähigkeit der Stadt zu erhalten, dafür brauchen wir jetzt den Haushalt."

Bürgermeister Ulrich Proske (parteilos) verwehrte sich gegen den Vorwurf aus den Reihen von CSU, FDP und Pro Ebersberg: "Ich kann es nicht stehen lassen, dass die Verwaltung keinen Willen zum Sparen hat - wenn wir auf die Steuererhöhungen verzichten könnten, würden wir das tun." Mit den Stimmen von Grünen, SPD und Freien Wählern sowie jener Proskes wurde der Haushaltsentwurf beschlossen, in zwei Wochen wird der Stadtrat entscheiden, ob das Zahlenwerk Bestand hat.

Die Zahlen

Gesamtvolumen: 69,7 Millionen Euro; Verwaltungshaushalt: 41 Millionen Euro; Vermögenshaushalt: 28,7 Millionen Euro

Größte Einnahmen: Einkommensteuer: 10,9 Millionen Euro; Gewerbesteuer: 10,1 Millionen Euro; Grundsteuer A und B: 2,3 Millionen Euro; Grundstücksverkäufe: 2,8 Millionen Euro

Größte Ausgaben: Verwaltung/Betrieb: 10,1 Millionen Euro; Kreisumlage: 9,6 Millionen Euro; Personalkosten: 8,2 Millionen Euro

Größte Investitionen: Hallenbad: 3,7 Millionen Euro; Schule Oberndorf: 3,7 Millionen Euro; Kita Ringstraße: 3 Millionen Euro; Kita Oberndorf: 2,7 Millionen Euro; Breitbandausbau: 2,2 Millionen Euro

Schulden: zum 1.1. 2024: 26,7 Millionen Euro; zum 31.12.2024 (Plan): 38 Millionen Euro; zum 31.12.2025 (Plan): 54 Millionen Euro; zum 31.12.2026 (Plan): 56,5 Millionen Euro; zum 31.12.2027 (Plan): 62 Millionen Euro

Rücklagen: zum 1.1. 2024: 3,3 Millionen Euro; zum 31.12.2024 (Plan): 1,6 Millionen Euro

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