Fällaktion:Mehrere Bäume gerodet - Naturfrevel in Ebersberg?

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Anfang Juli wurden diese Obstbäume im Ebersberger Süden umgeschnitten. Ob das legal war, prüft derzeit die Untere Naturschutzbehörde. (Foto: Peter-Hinz-Rosin)

Die Fällaktion fand auf einem Grundstück in Ebersberg statt. Eine Passantin vermutet nun einen Verstoß gegen das Bundesnaturschutzgesetz.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Bäume sind, so zumindest die landläufige Meinung, problemlos als solche zu erkennen. Nicht umsonst gehören sie zu den jenen Motiven, die bereits im Kindergartenalter weitgehend problemlos und für andere erkennbar zu Papier gebracht werden können. Manchmal jedoch sind Bäume gar keine Bäume - jedenfalls nicht im juristischen Sinne, ein solcher Fall beschäftigt derzeit die Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt.

Der Fall, um den es geht, ist auf den ersten Blick noch einigermaßen eindeutig: Auf einem Grundstück im Süden von Ebersberg wurden Anfang Juli mehrere Bäume umgeschnitten. Aufgefallen ist dies unter anderem einer Passantin, die sich daraufhin an die Untere Naturschutzbehörde wandte. Denn sie vermutete einen Verstoß gegen das Bundesnaturschutzgesetz.

Dort, in Paragraf 35, ist nämlich genau geregelt, dass es verboten ist "Bäume, lebende Zäune, Gebüsche und andere Gehölze in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September abzuschneiden". Grund dafür ist, dass in dem genannten Zeitraum die meisten einheimischen Vögel brüten, und sie tun dies eben oft in Bäumen oder anderen Gehölzen. Dazu heißt es ebenfalls im selben Paragrafen des Gesetzes "es ist verboten wild lebende Tiere mutwillig zu beunruhigen, (. . .) Lebensstätten wild lebender Tiere und Pflanzen ohne vernünftigen Grund zu beeinträchtigen oder zu zerstören".

Damit wäre die Fällung auf dem Ebersberger Grundstück also grundsätzlich illegal - doch ganz so einfach sei es nicht, sagt Frank Burkhardt von der Unteren Naturschutzbehörde. Denn zwar stellt das Bundesnaturschutzgesetz Bäume in der Vogelbrutzeit unter Schutz, "bei Obstbäumen gibt es aber einen Punkt, der ist rechtlich kompliziert". Natürlich ist auch ein Obstbaum ein Baum - allerdings einer, der möglicherweise unter eine Ausnahme im Gesetz fällt.

Es geht um die Frage, wie die Bäume rein rechtlich genutzt werden

Denn vom Fällungsverbot in der Vogelbrutzeit ausgenommen sind wirtschaftlich genutzte Bäume. Das sind solche, die im Wald stehen, die Forstwirtschaft ist also nicht betroffen, ebenso wenig "Kurzumtriebsplantagen", dort werden schnell wachsende Bäume für die Energiegewinnung in Biogasanlagen angebaut - und auch nicht Bäume, die auf "gärtnerisch genutzten Grundflächen" stehen.

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Und genau da kommen die Obstbäume ins Spiel, erläutert Burghardt. Zu klären ist die Frage, ob diese im konkreten Fall einfach nur Bäume seien, für die dann das Bundesnaturschutzgesetz gelten würde, oder ob sie gärtnerisch genutzt werden, also beispielsweise als Teil einer Obstplantage zu werten sind. Denn im Obstbau ist ein Austausch der Bäume nach ein bis zwei Jahrzehnten üblich, da bei den meisten Sorten der Ertrag mit dem Alter abnimmt. Aus diesem Grund sind auch in den meisten der kommunalen Baumschutzverordnungen Obstbäume ausgenommen - in Ebersberg gibt es eine solche allerdings ohnehin nicht.

In der Kreisstadt argumentierte man immer gegen eine solche Verordnung mit dem Argument, diese könnte dem Schutz der Bäume letztlich sogar schaden. Was zunächst paradox klingt, hat den Hintergrund, dass es tatsächlich in Kommunen mit Baumschutzverordnung immer wieder vorkommt, dass Bäume gefällt werden, kurz bevor sie die für den Schutzstatus nötige Größe erreichen, gewissermaßen präventiv.

Nicht ganz auszuschließen, dass auch die Ebersberger Obstbaumfällung eine Präventionsmaßnahme gewesen sein könnte. Denn eine der, infolge des Volksbegehrens "Rettet die Bienen" angestoßenen, Gesetzesänderungen betrifft Streuobstwiesen. Unter gewissen Umständen sollen diese künftig als Biotop eingestuft werden. Was andernorts schon dazu geführt hat, dass solche Obstbestände umgeschnitten wurden, um das Grundstück weiterhin landwirtschaftlich nutzen zu können.

Ob ein solcher Fall auch hier vorliegt, ist aber laut der Unteren Naturschutzbehörde nicht klar - spielt aber juristisch auch keine Rolle, sofern die Bäume unter die Ausnahme der "gärtnerisch genutzten Grundflächen" fallen. Man sei im Gespräch mit dem Grundstückseigentümer, sagt Burghardt, um genau das zu klären. Auf jeden Fall jetzt schon festzustellen sei, dass keine eindeutig geschützten Gehölze betroffen waren, gefällt wurden ausschließlich Obstbäume. Was aber auch, falls es legal war, ein Verlust sei, sagt Burghardt, schließlich seien Gehölze ökologisch betrachtet um so wertvoller, je älter sie sind - ob es sich nun formaljuristisch um Bäume handelt oder nicht.

© SZ vom 25.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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