Umweltschonender Verkehr:An Bord des Wasserstoffbusses

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"Uns bewegt der Wasserstoff" steht in großen Lettern auf den neuen Bussen der Firma Ettenhuber. (Foto: Christian Endt)

Die Ebersberger Firma Ettenhuber ist nun mit fünf Wasserstoffbussen im Linienverkehr unterwegs. Die Fahrzeuge sind Teil der Wasserstoffmodellregion "HyBayern" - Abfahrt mit Busfahrer Thomas Fischer.

Von Saladin Salem, Ebersberg

Der Schlüssel steckt, die Brennstoffzelle wird per Knopfdruck in Gang gesetzt, dann muss Thomas Fischer kurz warten. Der Busfahrer ist an diesem Tag auf der Strecke zwischen Grafing-Bahnhof und Aßling im Einsatz, Linie 447. Statt Diesel ist er hier aber mit einem Wasserstoffantrieb unterwegs. Auf der Anzeige hinter seinem Lenkrad wird eine Mitteilung eingeblendet: "Achtung - Brennstoffzelle wird gestartet." Wenige Minuten später pufft es kurz und die Nachricht verschwindet vom Bildschirm. "Jetzt ist er an, jetzt kann ich fahren."

Seit gut zwei Monaten fährt Thomas Fischer vom Busunternehmen Ettenhuber schon mit dem Wasserstoffbus. Er war der Erste, der einen solchen Linienbus fahren durfte, sagt er. "Es hat am Anfang sehr viel Spaß gemacht, zu wissen, dass man der einzige mit so einem Bus ist." Vorne auf dem Fahrersitz hört man fast nichts vom Wasserstoffantrieb, erzählt Fischer. Das Lauteste im Wagen ist die Heizung, die in den Wintermonaten immer wieder zu arbeiten beginnt. Wer ganz genau hinhört, vernimmt ein leises Surren, das aus dem Dach des Busses kommt - die Brennstoffzelle.

Insgesamt fünf Wasserstoffbusse des Unternehmens Ettenhuber sind nun im Einsatz und Teil der Wasserstoffregion "HyBayern", zu der sich die Landkreise Ebersberg, München und Landshut 2019 zusammengeschlossen haben. Eine Tankstelle für die Busse ist im Dezember auf dem Betriebshof von Ettenhuber bei Glonn eingeweiht worden. Davor mussten die Busse noch an einer Wasserstoff-Zapfsäule in Hofolding, Landkreis München, betankt werden.

Für die Menschen in Ebersberg ist der Anblick der Busse noch etwas ungewohnt, erzählt Fischer bei der Abfahrt in Grafing. "Uns bewegt der Wasserstoff" steht an der Seite des Fahrzeugs. Die Busse kommen zudem im neuen MVV-Design daher. Einige überlegen sich, ob das nun der richtige Bus sei, sagt er. Die Überlandbusse sähen ganz ähnlich aus. Andere fragen ihn: "Ist das wirklich Wasserstoff oder steht das da nur drauf?" Das Interesse sei aber definitiv da. Er sei zwar selbst kein Experte, aber wenn ihn jemand fragt, wie der Wasserstoffbus funktioniert, sagt Fischer: "Es ist ein Elektrobus, der seinen Strom selbst macht."

Busfahrer Thomas Fischer sitzt in seinem Wasserstoff-Bus an der Station Grafing-Bahnhof. (Foto: Christian Endt)

Das Dach des Busses liegt etwas höher als jenes von Dieselmodellen. Die Höhe sei aber kein Problem für die Fahrten durch die MVV-Region. Darunter liegt die Brennstoffzelle und die Wasserstoff-Tanks reichen fast bis zur zweiten Einstiegstür hinter, erklärt der Busfahrer. Durch einen chemischen Prozess in der Brennstoffzelle wird der Strom für den Antrieb des Busses gewonnen. Die neuen Wasserstoffbusse seien sehr angenehm zu fahren, sagt Fischer. Die Technik dahinter sei sehr spannend, denn auch beim Fahren werde der Bus beispielsweise mithilfe von Bremsenergie versorgt, sagt er während er einen Hügel hinunterfährt.

Das einzige Manko für Thomas Fischer: "Es ist sehr unspektakulär, wenn man auf das Gas tritt." Dafür sei der Bus aber leiser. Das sei auch für Anwohner wesentlich angenehmer, wenn er um fünf Uhr morgens seine Runden dreht. Der Wasserstoffbus rolle auch länger und schöner als sein Gegenstück mit Dieselantrieb. Selbst im bayerischen Wintereinbruch Anfang Dezember sei das Fahrzeug ohne Probleme durch den Landkreis gefahren.

Thomas Biskup, Kfz-Meister beim Busunternehmen Ettenhuber, ist sich der vielen Vorteile des neuen Wasserstoffbusses bewusst. Dieser habe eine höhere Reichweite als ein normaler Elektrobus, etwa 450 Kilometer könne er schaffen. Zudem sei nach einer 15-minütigen Betankung wieder einsatzbereit und wesentlich leichter. Bei einem Elektrofahrzeug erhöht ein schwerer Akku das Gewicht, daher können auch weniger Menschen transportiert werden. Der Wasserstoffbus nutzt hingegen einen ähnlich großen Tank wie ein Dieselbus.

Kfz-Meister Thomas Biskup kümmert sich auf dem Ettenhuber-Betriebshof um die neuen Wasserstoffbusse. (Foto: Christian Endt)

Von den Busfahrern hat der Kfz-Meister bisher ausschließlich positive Rückmeldungen erhalten. Grundlegende Neuerungen gibt es für die Linienfahrer nicht: "Der Arbeitsplatz ist identisch", sagt Biskup. In der Werkstatt wurden nun Dacharbeitsstände verbaut, um an den Bussen Wartungen vornehmen zu können. Die Busfahrer hätten lediglich einige Hinweise zum Betrieb der Brennstoffzelle erhalten. Anfangs sei es noch zu einigen Fehlermeldungen an den Fahrzeugen gekommen, da einige Systeme zu sensibel eingestellt waren. "Kinderkrankheiten" nennt Biskup das, Zwischenfälle oder Probleme mit den Fahrzeugen habe es bisher nicht gegeben.

Auch Thomas Fischer sagt, der Innenraum des Busses sei quasi der gleiche. Nur "ein oder zwei Knöpfe mehr" habe er, um Brennstoffzelle und Zusatzbatterien zu bedienen. Der Rest des Busses sei eher unspektakulär. Angekommen in Aßling öffnet er das Heck und ein farbloser Akku kommt zum Vorschein. Die Elektromotoren sitzen direkt an den beiden Hinterrädern, erzählt Fischer. Drei Lüftungsräder am Ende des Busses sind ebenfalls für den Betrieb der Brennstoffzelle verbaut. Nach der Fahrt steigt eine Wolke aus Wasserdampf aus dem Bus hinauf.

Die neue Wasserstoff-Tankstelle bei Glonn wurde im Rahmen der Modellregion "HyBayern" gefördert. (Foto: Christian Endt)

"In der Stadt wäre der Bus spitze", sagt Fischer, er sei eben leise und ruckelt wenig. Das aktuelle Modell stamme von der polnischen Marke Solaris. Der Hersteller entwickle auch schon einen Gelenkbus, erzählt der Fahrer. Von einem Mercedes unterscheide sich der Bus nicht wirklich, außer im Preis. Getankt würden ungefähr 36 Kilogramm Wasserstoff. An der neuen Zapfsäule bei Glonn können so zwei Busse gleichzeitig für ihre Fahrt betankt werden. Die Investitionskosten für die Tankstelle haben laut Landratsamt rund zwei Millionen Euro betragen, inklusive einer 50-prozentigen Förderung durch den Bund. Ziel der Wasserstoffmodellregion "HyBayern" sei die Umsetzung eines grünen Wasserstoffkreislaufs. So sollen die Busse langfristig mit Wasserstoff aus einem Elektrolyseur im Markt Pfeffenhausen im Landkreis Landshut versorgt werden. Der hierfür benötigte Strom soll dabei regional und grün sein.

Der Landkreis will die Projektregion in den nächsten fünf Jahren mit bis zu 850 000 Euro jährlich fördern. Für den Moment ist Thomas Fischer aber zufrieden, mit seinem Wasserstoffbus durch den Landkreis zu fahren. Neben der Strecke von Grafing nach Aßling sei der Bus unter anderem zwischen Grafing und Glonn oder außerhalb zwischen Grasbrunn und Neuperlach im Einsatz.

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