Traktorendemo im Landkreis:Bauer sucht Stau

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Durch den südlichen und den nördlichen Landkreis ziehen am Freitag Landwirte mit ihren Traktoren, um gegen die Agrarpolitik zu protestieren. (Foto: Christian Endt)

Subventionskürzungen und Auflagen für die Landwirtschaft veranlassen die Ebersberger Landwirte zu einer Mahnfahrt durch den Landkreis. Ihr Motto an diesem Freitag: "Es reicht!"

Von Alexandra Leuthner, Ebersberg

Der Vormittag ist schon weit fortgeschritten, als die ersten Traktoren in die Feldkirchner Straße einbiegen. Die Polizei ist schon da, dahinter hat Bauernobmann Matthias Vodermeier seine Maschine geparkt. Einer nach dem anderen tuckern sie jetzt hier vorbei, groß, grün, mächtig, mit riesigen Reifen und ebenso großem Appetit auf Diesel, rollen sie ein Stück die Straße entlang, gleich hinter den letzten Häusern des Dorfes schlagen sie ein, wenden mit erstaunlicher Leichtigkeit auf der schmalen Fahrbahn und reihen sich hinter jenen ein, die schon da stehen. Und jetzt, von vorne, sieht man die Schilder, die an den Kühlerhauben hängen. "Es ist kein Herr so hoch im Land, der nicht lebt vom Bauernstand"; "Macht es den Bauern nicht so schwer! Wo kommt sonst euer Essen her?? Wir machen euch satt!" steht da unter anderem geschrieben.

Das Wort ist die Waffe: Stoßfänger einmal anders. (Foto: Christian Endt)

Die Bauern fühlen sich als Opfer. Das wird mehr als deutlich bei dieser Mahnfahrt durch den Landkreis, organisiert vom Kreisverband Ebersberg im Bayerischen Bauernverband, zu der neben Landwirten auch Unternehmer aufgerufen sind. Und so mischen sich auch ein paar wenige Lkw und ein paar Transporter unter die Traktoren, die mit Schriftzügen von Kleinunternehmern, Handwerksbetrieben oder Hausmeistereien gebrandet sind. Vermutlich ärgern auch die sich über die - von der Ampelregierung bereits wieder zurückgenommene - Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Fahrzeuge oder die Subventionskürzung für den Agrardiesel, vielleicht aber auch einfach über alles, was gerade so in der Politik los ist, allem voran das Handeln der Ampelregierung - wie viele hier.

"Bauern brauchen Kohle", ist da zu hören, "wollen Sie für drei Euro in der Stunde arbeiten?", fragt einer im Vorübergehen. Und von den Bauern wolle sowieso keiner was wissen, sagt ein anderer, die würden doch nie wirklich ernst genommen. "Nicht nur beim Schach wird der Bauer zuerst geopfert!!!" liest man vorne auf einem der Traktoren.

Nun, ganz so generell will Bauernobmann Matthias Vodermeier die Sache nicht abtun, aber auch er hat eine ganz klare Meinung: "Eigentlich gehört die gesamte Agrarpolitik in die Tonne geklopft und neu angefangen", sagt er und meint die Politik der vergangenen Jahrzehnte. Es sei nicht speziell die Ampelregierung, gegen die hier protestiert werde, betont er. In der Landwirtschaft laufe die Sache doch schon viel länger schief. Die jüngsten Beschlüsse hätten das Fass jetzt nur zum Überlaufen gebracht. Aber überbordende Bürokratie, Bevormundung, Widersprüchlichkeiten in der Gesetzgebung, das gebe es doch schon länger.

Da seien zum Beispiel die Tierwohlvorschriften, die kollidierten auf der anderen Seite mit dem Baugesetzbuch. Wenn man sich als Landwirt an die Vorgaben halte und versuche, einen neuen Stall zu bauen, bremsten einen auf der anderen Seite die Emissionsvorschriften im Baugesetz aus. Stefan Großmann, auch er Landwirt und ehemaliger Bauernobmann in Hergolding, steht neben Vodermeier zwischen zwei Traktoren und nickt. In der Regel, erklärt er, plane man in der Landwirtschaft auf 20 bis 25 Jahre. Wenn aber dann die Rahmenbedingungen alle zehn Jahre geändert würden, müsse der Bauer damit auch klarkommen. "Und so ist es andauernd", schimpft er. Es werde viel zu wenig mit den Bauern gesprochen, mit denen, die sich auskennen. "Wir wollen die bäuerliche Landwirtschaft erhalten, auch die kleinen Betriebe."

Aber es werde dank der Vorschriften immer schwieriger für kleine Landwirte, gewinnbringend zu wirtschaften. Beispiel Flächenstilllegungen: Vier Prozent der Fläche ohne Kompensation still zu legen laut EU-Vorschrift, wie solle das ein Kleinbetrieb leisten? Die Folge sei, dass jene aufgäben, ihre Flächen verkauften, die dann von den Größeren mitbewirtschaftet werden müssten. "Schauen Sie, in Hergolding gab es mal 15 Bauern, jetzt sind wir nur noch zu acht".

In Hergolding sammeln sich am Vormittag die ersten Bauern, die von Norden her zum zentralen Treffpunkt in Zorneding fahren wollen. (Foto: Alexandra Leuthner/oh)

Und dass man sich als Bauer überwachen lassen müsse, was und wo man anpflanze, per GPS mittlerweile und einer App, in die man sich einloggen muss, das steht bei Vodermeier, wie unschwer zu überhören ist, ganz oben auf der Liste der Gemeinheiten. "Gerade ältere Leute, die wissen doch gar nicht, wie sie das machen sollen. Die müssen dann wieder jemand damit beauftragen - auch das kostet."

Mit dem Zukunftsvertrag zwischen den Bauern und der Staatsregierung habe man in Bayern jetzt immerhin schon etwas erreicht. Darin verpflichtet sich die Staatsregierung unter anderem, "auf Bundesebene" darauf hinzuwirken, die Planungssicherheit insbesondere für tierhaltende Betriebe zu verbessern. Aber es müsse mehr passieren.

Die Kreisstadt liegt schon hinter dem nördlichen Zug, da, wo die St2089 von Grafing her auf die Ebersberger Umgehung trifft, ist das große Einfädeln geplant. Am Ende sind es gut 150 Traktoren, die sich auf der B204 Richtung Kirchseeon und Zorneding bewegen. (Foto: Christian Endt)

Und das wird es wohl auch. Wenn Bayern mit seiner Initiative im Bundesrat scheitere, im Zuge der Entscheidungen zum Bundeshaushalt am 2. Februar die Kürzungen für die Landwirtschaft zu stoppen, darunter die Streichung der Agrardieselrückerstattung, dann gehe er davon aus, dass die Proteste weitergehen werden, sagt Vodermeier.

Für manche Bauern ist es die Agrarpolitik insgesamt, die sie kritisieren, manche wären schon glücklich, wenn die Ampel nicht mehr regieren würde. (Foto: Christian Endt)

Die sich an diesem Freitagmorgen durch den gesamten Landkreis zogen. Etwa 25 Traktoren verließen gegen 12 Uhr Hergolding, fuhren durch Anzing, Schwaberwegen, den Forst und die Kreisstadt Ebersberg, sammelten überall weitere Teilnehmer auf und vereinigten sich auf der B304 mit einem weiteren Zug, der von Süden her herangezogen war. Am Schluss waren es mindestens gut 150 Traktoren, die sich in Zorneding zusammenfanden - um sich dann wieder zu zerstreuen.

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