Demonstration:Stillstand auf Ebersbergs Straßen

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Auf vielen Straßen in Ebersberg und Umgebung das selbe Bild: ein Traktor nach dem anderen, dahinter lange Autokolonnen. (Foto: Claudia Duwel/oh)

Der Bauernprotest führt auch im Landkreis zu massiven Verkehrsbehinderungen, in der Kreisstadt geht zeitweise gar nichts mehr. Beim Bauernverband verbucht man die Aktion als Erfolg.

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Dass Ebersberg ein Landkreis ist, in dem die Landwirte noch eine wichtige Rolle spielen, ist den Verkehrsteilnehmern am Montagmorgen schnell klar geworden: Nicht nur die Traktoren-Corsos, die zur zentralen Demo nach München fuhren, legten den Verkehr lahm, auch an vielen anderen Stellen hakte es im morgendlichen Berufsverkehr gewaltig. In der Kreisstadt etwa war mehrere Stunden fast gar kein Durchkommen, der Kreisverkehr am nördlichen Gewerbegebiet war längere Zeit blockiert, so dass sich die Autos bis weit in den Forst stauten - nicht wenige wendeten genervt in der Schlange und kehrten um. Doch auch in Grafing, Glonn, Kirchseeon und anderen Gemeinden staute sich der Verkehr durch die teilweise nur im Schritttempo fahrenden Traktoren. Bei Parsdorf sammelten sich laut dem Polizeipräsidium Oberbayern Nord 1500 Landwirte mit etwa 1000 Fahrzeugen, bevor sie zur zentralen Kundgebung nach München weiterfuhren.

Martin Höher, stellvertretender Kreisobmann des Bauernverbands, sieht die Aktion als Erfolg. Er selbst ist mit dem Zug zur Demo nach München gefahren, nicht mit dem Traktor, da er als Ordner im Einsatz war und früher da sein musste. Dass seiner Schätzung zufolge etwa 10 000 Bauern mit 3000 bis 4000 Schleppern in der Landeshauptstadt protestiert haben, habe ihn aber sehr gefreut, sagt er. Er habe auch viel Unterstützung gespürt - nicht nur von der Polizei, die für einen sehr reibungslosen Ablauf gesorgt habe, sondern auch von anderen Verkehrsteilnehmern. Viele der Landwirte hätten berichtet, dass die Autofahrer ihre Blinklichter angeschaltet und sich in die Corsos eingereiht hätten - obwohl man sie eigentlich überholen lassen wollte.

Auch an den Ortsschildern Zeichen des Protests, hier in Schalldorf bei Emmering. (Foto: Christian Endt)

Höher selbst, der 2015 einen Milchviehbetrieb mit 35 Kühen in Frauenneuharting übernommen hat, sieht den Protest als überfällig an. Die Landwirte litten ja nicht nur unter den aktuell geplanten Maßnahmen, sagt er, es habe so viel gegeben in den vergangenen Jahren, das die Arbeit immer schwieriger gemacht habe. Von einem "unsäglichen Bürokratieaufbau" sei die Arbeit beispielsweise geprägt, man könne ja kaum mehr den Überblick darüber behalten "was wir auf unseren Feldern und Äckern machen dürfen und wann wir es machen dürfen", sagt Höher. Auch die Betriebsprämie sei heruntergefahren worden, "an jeder Stelle wird gekürzt, irgendwann ist Schluss". Wenn die Situation zu erdrückend sei, müsse man eben auf die Straße gehen, sagt der stellvertretende Kreisobmann, der sich aber ausdrücklich distanziert von Gewalttätern und extremen Gruppen, die den Protest für sich vereinnahmen wollen. "Das wird total verurteilt, das ist eine ganz andere Nummer, das sind nicht unsere Leute", sagt Höher.

Behinderungen für den Rettungsdienst habe es nicht gegeben, heißt es

Auch die Polizei zog am frühen Nachmittag eine positive Bilanz: "Die sternförmige Anfahrt zur großen Versammlung in München lief planmäßig und weitestgehend störungsfrei. Ein Großteil der Teilnehmer fuhr geeignete Verkehrsflächen als Sammelpunkte im Münchner Umland an und wurde von der Polizei betreut. Im Anschluss erfolgte eine Begleitung der Fahrzeugkolonnen in Richtung München", heißt es im Pressebericht des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord.

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Die Integrierte Leitstelle, die für die Landkreise Ebersberg, Erding und Freising zuständig ist, meldete, es habe keine nennenswerten Behinderungen für den Rettungsdienst gegeben. Auch Unfälle in Zusammenhang mit den Versammlungen sind der Polizei nicht bekannt. Bei einem großen Brand in Emmering hatten die Einsatzkräfte laut Kreisbrandrat Andreas Heiß zwar mit einem "erhöhten Verkehrsaufkommen" bei der Anfahrt zu tun, doch es habe weder eine aktive Behinderung des Verkehrs durch die Bauern gegeben, noch relevante Verzögerungen. Tatsächlich hätten die Landwirte sofort reagiert, wenn sie Rettungskräfte bemerkt hätten, und dann Lücken zum Überholen oder Rettungsgassen gebildet. Bei Unfällen auf Autobahnen gebe es häufig wesentlich größere Probleme bei der Anfahrt, so Heiß.

Eine eher unerwartete Auswirkung hat der Bauernprotest in Ebersberg: Dort kann die CSU nicht wie sonst um diese Zeit die ausgedienten Christbäume der Ebersbergerinnen und Ebersberger abholen - weil die landwirtschaftlichen Fahrzeuge hierfür nicht zur Verfügung stehen. Die Sammelaktion am 13. Januar fällt somit aus. Die Landwirte, mit denen man sonst zusammengearbeitet habe, hätten mitgeteilt, dies sei ein Teil der Protestaktion, erläutert Ortsvorsitzender Alexander Fabrici. Unter den aktuellen Bedingungen wollten die Landwirte nicht bei der Sammelaktion mitmachen. Einerseits, so Fabrici, könne er die Landwirte ja verstehen, andererseits finde er die Absage aber auch schade - schließlich hätte man für einen guten Zweck gesammelt.

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