Chaotische Zustände:So geht es nach dem Zugunglück bei Riem weiter

Lesezeit: 3 min

Güterzug in Riem entgleist Engleiste Lok und zwei Waggons beim Güterbahnhof München-Riem (Foto: Bundespolizei)
  • In der Nacht auf Samstag ist am Riemer S-Bahnhof ein Güterzug entgleist ist.
  • Deshalb war der Zugverkehr auf der Linie S 2 im Münchner Osten mehrere Tage komplett lahmgelegt.
  • Bis es wieder zu normalen Abläufen kommt, wird es vermutlich noch bis Mittwoch, 9. Mai dauern.

Von Korbinian Eisenbergerund Christina Hertel, Feldkirchen/Kirchheim

Es sind Szenen wie im Schlussverkauf, die sich seit Anfang der Woche an Bahnhöfen im Münchner Osten abspielen. "Anders kann man es nicht beschreiben", sagt Tobias Vorburg. Der Markt Schwabener ist Student, Pendler und Leidtragender des S-Bahn-Chaos', seit ein Güterzug bei Riem entgleist und die Strecke zwischen München und Erding weitgehend gesperrt ist.

Sonst dauert es von Markt Schwaben bis zum Ostbahnhof 20 Minuten. "Jetzt brauche ich mindestens doppelt so lange", sagt Vorburg. Der Schienenersatzverkehr zur Stoßzeit sah die vergangenen Tage so aus: Morgens warten um die 100 Menschen am Bahnhof, die Bahn schickt ein Großraumtaxi. "Es sind sofort 30 Leute aufs Taxi zugestürmt", sagt Vorburg. Später seien weitere Taxis oder Reisebusse gekommen. "Im Bus haben sich die Leute fast zerquetscht." Es sei immer weiter gedrückt worden, "bis die Busfahrerin einen Schrei losließ".

München
:Güterzug entgleist bei Riem - S-Bahn-Strecke bis Montag gesperrt

Eine Lok und zwei Waggons sind beim Umschlagbahnhof München-Riem aus den Gleisen gesprungen. Es gab keine Verletzten, allerdings entstand ein Schaden in Millionenhöhe.

Mit solchen Szenen müssen Pendler zwischen Markt Schwaben und Ostbahnhof wohl auch die nächsten Tage rechnen. Weil in der Nacht auf Samstag am Riemer S-Bahnhof ein Güterzug entgleist ist, war der Zugverkehr auf der Linie S 2 im Münchner Osten mehrere Tage komplett lahmgelegt. Mittlerweile können zwar einzelne Züge wieder fahren, größere Fahrplaneinschränkungen gibt es laut Deutscher Bahn trotzdem noch bis mindestens kommenden Mittwoch, 9. Mai. Denn in den nächsten Tagen müssen Arbeiter Weichen instandsetzen, Schienen, Schwellen und Schotter reparieren und sich um defekte Oberleitungen kümmern. Erst dann könne der Zugbetrieb wieder vollständig aufgenommen werden. Laut Bahn ist insgesamt ein Schaden von etwa vier Millionen Euro entstanden.

Bis dieser komplett behoben ist, können Züge nur eines von vier Gleisen befahren. Die Folge: ein sehr eingeschränkter Betrieb. Zwischen Ostbahnhof und Erding fährt momentan nur eine S-Bahn in der Stunde je Richtung. Besser sieht es zwischen Erding und Markt Schwaben aus. Dort besteht laut Bahn weitgehend ein 20-Minuten-Takt. Dazu kommen einzelne Züge, die morgens und nachmittags zwischen Petershausen und Markt Schwaben verkehren. Feldkirchen wird von der S-Bahn gar nicht angefahren. Es ist nur mit dem Bus erreichbar, der zwischen Berg am Laim und Heimstetten pendelt.

Wie beschwerlich dieser Weg sein kann, erlebte Peter Zimare am Mittwochabend. Er arbeitet für ein Technik-Unternehmen am S-Bahnhof Heimstetten. Dort habe er an der Haltestelle auf den Schienenersatzverkehr gewartet, erzählt er. "Zwei Busse und zwei Taxis sind an mir vorbeigefahren, obwohl ich direkt an dem Haltepunkt stand." Als das nächste Taxi kam, sei er auf die Straße gesprungen. "Ich habe mich quasi vor den Wagen geworfen. Für die Bahn ist das doch einfach nur peinlich."

Auch sein Kollege Raphael Rossini ist verärgert. Er sagt, er überlege sich nach diesen chaotischen Tagen, doch endlich ein Auto zu kaufen. Er wohnt in Laim, ging dort um 7.20 Uhr aus dem Haus und kam erst um 9.45 Uhr an seinem Arbeitsplatz in Heimstetten an - macht fast zweieinhalb Stunden für einen Weg zur Arbeit, der sonst 40 Minuten dauert. Am Ostbahnhof sei er nach Berg am Laim geschickt worden, von dort wieder zurück zum Ostbahnhof. "Da fängt der Tag schon richtig schlecht an."

Rossini und Zimare verstehen beide nicht, warum die Bahn so schlecht mit ihren Kunden kommuniziert, warum sie keine Schilder aufstellt, warum die Apps nicht richtig funktionieren und warum sie Menschen von einem Bahnhof zum nächsten schickt und wieder zurück. Ihr Arbeitgeber habe zum Glück Verständnis. Nervig sei es aber trotzdem jeden Tag mit einem "Tut mir leid - schon wieder zu spät" das Büro zu betreten.

Stefan Hofmeir, der Sprecher des Fahrgastverbands "Aktion Münchner Fahrgäste", sieht in den chaotischen Zuständen ein Zeichen dafür, dass die Bahn auf Tangenten setzen müsse. "Natürlich ist es immer möglich, dass ein Unfall passiert. Umso wichtiger ist es doch, dass nicht nur Bahnen in die Innenstadt fahren, sondern dass es auch Querverbindungen gibt."

So eine Querverbindung, bei der er nicht mehr auf Schienenersatzverkehr angewiesen ist, hat Peter Zimare inzwischen gefunden. Er fährt jetzt mit dem Bus von der Messestadt aus. Das dauert zwar doppelt so lange und ist teurer, weil er öfter stempeln muss. Aber wenigstens fährt kein Taxi mehr an ihm vorbei.

© SZ vom 04.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Sicherheit
:Auf dem Grafinger Volksfest gibt es dieses Jahr Hausverbote

Erst saufen, dann raufen? Bevor es am Freitag los geht, kündigen Stadt und Polizei härtere Maßnahmen an.

Von Heloise Olufs

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: