Kultur in Ebersberg:Mundartlyrik nicht nur für Bajuwaren

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Tief in der Heimat verwurzelt: Mundachtdichter Wolfgang Oppler veranstaltet auch Stadtführungen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Wolfgang Opplers Gedichte sind poetisch, humorig, nachdenklich oder sogar mal düster. Eines aber sind sie nie: fad. Am Sonntag liest der Autor, Stadtführer und Präses der Münchner Turmschreiber in der Stadtbücherei Ebersberg.

Von Michaela Pelz, Ebersberg

An die Entstehung seines Lieblingsgedichts mit dem Titel "Do dadiadada" erinnert sich Wolfgang Oppler ganz genau. "Es war während einer furchtbar faden Vorlesung in Strafrecht. Ich fing an zu schreiben und bis zum Ende der Vorlesung war ich weitgehend durch damit." Die Sprachspielerei, die dabei herauskam, eine Ansammlung von Alliterationen mit witzigen Bildern, liest sich dann so: "Griaß eich Got, ia Grundgsetzgauna / kloakariade Kaschbalköpf / schee schdaad schaugn und schreckle schdauna / scho schleichd s Schwipsal unta d Schöpf".

So manchem mag das kleine Werk wie ein Wahnsinns-Zungenbrecher erscheinen, Experten aber, so Oppler, sprächen vom "Stabhochreim", er selbst findet, es eigne sich wie kaum ein anderes seiner Gedichte zum Vortragen. Und es ist noch längst nicht das früheste Werk des heute 68-Jährigen. Denn Lyrik hat der gebürtige Rosenheimer schon während der Schulzeit geschrieben. "Andere haben Musik gemacht, aber nach einem Jahr aufgegeben. Ich bin drangeblieben an dem, was ich tat. Bis heute", gibt der bärtige Mann mit dem Schalk in den Augen zu Protokoll. Es sei das "schönste Hobby, das man sich denken kann - es kostet nix und man kann es überall betreiben". Das Einzige, was man dazu brauche, sei ein Bleistift.

"I mog di" sei einfacher zu sagen als "Ich liebe dich"

Etwas zum Schreiben hat der Wahl-Ebersberger immer parat. Seinerzeit, während des Jurastudiums in München, war das natürlich erst recht so. Der frühere Syndikus in einer Bank hält es für alles andere als einen Zufall, dass gerade sein Berufsstand immer wieder literarisch von sich reden macht. "Die Zahl der Schriftsteller, die eigentlich von der Juristerei kommen, ist immens groß, da muss man gar nicht bei Goethe anfangen." Die Verwandtschaft ergebe sich schon dadurch, dass bei den Juristen das meiste über Sprache funktioniere.

Dabei handelt es sich aber um Hochdeutsch - wie kam also der Dialekt ins Spiel? Oppler erklärt, die Zeit, in der er ausschließlich in Mundart geschrieben habe, korrespondiere auch mit jener Phase in seinem Leben, in der ihm die Hochsprache zu abgegriffen schien: Als 20-Jährigem wäre ihm nie eingefallen, zu sagen "Ich liebe dich" - viel einfacher sei doch ein "I mog di'". Was sich dann in "De kloane Liab" am Ende so liest: "Du bisd so kloa, so liab / wia vo an andan Schdean / du bist - hoid grod wiasd bisd / zwengs dem hob i di gean."

Nein, für eine konkrete Person waren diese Zeilen damals nicht bestimmt, sagt Oppler, und auch für die wunderbar poetischen Verse von "Am Sää", über eine Natur, deren Schönheit man nur mit wachen Sinnen erfassen kann, diente kein konkretes Gewässer als Vorbild. Allerdings trafen sich die Autoren rund um Friedl Brehm, in dessen kleinem Feldafinger Verlag Opplers Gedichte erschienen, oft am Starnberger See.

Im Handel sind "Vaschdeggsdal" und "Fangamandl" nicht mehr erhältlich, aber bei Lesungen hat Oppler immer ein paar Exemplare dabei. (Foto: Michaela Pelz/oh)

Es handelte sich um denselben Verlag, in dem Gerhard Polts erste Veröffentlichungen erschienen, fügt der Dichter hinzu. "In den Siebzigern gab es zwei Gruppierungen von Leuten, die in Mundart schrieben: die Aufmüpfigen aus dem Friedl-Brehm-Kreis und die Turmschreiber, die damals sehr, sehr konservativ waren und sich beispielsweise weigerten, Frauen aufzunehmen." Lange Zeit habe es Animositäten zwischen den beiden gegeben, gleichzeitig aber auch auf jeder Seite Mitglieder, die auf die jeweils anderen zugegangen seien. "In den Neunzigern kamen dann bei den Turmschreibern Jüngere ans Ruder und nach und nach vermischten sich die Kreise", beschreibt Oppler, was sich dann abspielte. Dass er selbst seit 2017 Teil des Turmschreiber-Präsidiums ist, erwähnt er dabei nur in einem Nebensatz.

Dennoch habe er das Schreiben in Mundart in den vergangenen Jahren eher hintangestellt - bis jetzt, als die Anfrage der Stadt Ebersberg kam, aus Anlass der 70-jährigen Stadterhebung ein Theaterstück zu verfassen. "Einen unbandigen Spaß hat es mir gemacht, die Römerinnen und Steinzeitmenschen bairisch sprechen zu lassen", bemerkt der Autor schelmisch. Zu 50 bis 70 Prozent werde im Stück Dialekt verwendet.

Mit Geschichte kennt sich Oppler ohnehin hervorragend aus, wirkt er doch als ausgebildeter Stadtführer in München ebenso wie in Ebersberg und Grafing, wo er sich vor allem mit den vier Brauereien beschäftigt hat, die später alle im Wildbräu aufgegangen sind. Bier ist überhaupt ein wichtiges Thema in Opplers Leben - bis zum heutigen Tag trinkt er weder Wein noch Schnaps, sondern nur Bier. Auch in manchen Gedichten spielt der Gerstensaft eine Rolle.

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Für seine Lyrik hat Oppler irgendwann in den Siebzigern sogar selbst Illustrationen fabriziert, obwohl er sonst nicht extrem gern zeichne. Das Ergebnis waren lustige "Mandl" mit Korken oder Spindel als Korpus. Zu dem Gedicht "Vaschdeggsdal" etwa nutzt der Protagonist eine Hoibe, um sich vor den Augen der Welt zu verbergen. Der 20-Zeiler selbst ist eher von der düsteren Sorte - denn ab und an fließen Oppler auch solche Werke aus der Feder. Nicht unbedingt bewusst - bis heute wisse er nicht, wie man ein Gedicht schreibe, meint er mit leisem Lachen. "Ich fang' an, dann kommen die Ideen und schließlich ist was da." Nicht immer sei das Produkt am Ende brauchbar. "Oft wird es was, manchmal auch nicht."

Eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Autor und hier auch Illustrator könnte man bei genauer Betrachtung schon ausmachen. (Foto: Michaela Pelz/oh)

Manchmal wiederum gibt es doch Texte, bei denen der Autor vorab einen Plan hat, wohin er will. Einer von diesen ist " De andan", ein Gedicht, das auf den ersten Blick eine große Leichtigkeit besitzt, aber dann auch durchaus Tiefgang entwickelt und an Karl Valentins Ausführungen zu den "Fremden" erinnert. Opplers Gedicht endet mit: " An jedn seine andan san andas!"

Kinder sind nicht die Zielgruppe - Zuagroaste schon

In der Ebersberger Bücherei allerdings soll es überwiegend heiter zugehen - "ich will definitiv mehr unterhalten als runterziehen", sagt Oppler und lacht. Ein festes Programm habe er nicht vorbereitet - das tue er nie. "Was ich vortrage, hängt immer von der Stimmung der Zuhörer ab. Ich sehe, was ich ihnen zumuten kann."

Für Kinder ist die Veranstaltung, die eine gute Stunde dauern soll, trotz aller Heiterkeit nicht unbedingt geeignet, so viel kann Oppler schon sagen. Nicht-Bajuwaren hingegen würden sicherlich auch viel Freude an seiner Dichtung haben. "Meine Zielsetzung ist ja nicht, besonders krachert und für Zugroaste unverständlich zu sein."

Ausprobieren lässt sich das gleich mit einem gerade für Zeitungsleser wohlvertrauten Thema, den Todesanzeigen: "Heid fria / hods wieda fümfahoib Seitn Dode / in da Zeidung ghabd / oa Anzeig größa / ois wia de anda. / Kanntsd moana / de schdreitn se / wa da Dodasde is." Mit Toten hat übrigens auch Wolfgang Opplers nächstes Projekt zu tun: Im April erscheint sein erster Krimi, " Traxl und der tote Lebemann".

"Vaschdeggsdahl": Lyrik von Mundartdichter Wolfgang Oppler. Musikalische Umrahmung: Familie Maschberger. Sonntag, 3. März, 11 bis 12.30 Uhr. Stadtbücherei Ebersberg. Eintritt frei, um Anmeldung unter (08092) 87277 oder per Mail an buecher@ebersberg.de wird gebeten.

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