Klimaschutz und Jobs:Saubere Arbeit

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Wie viel CO₂ im Landkreis Ebersberg durch die hier ansässige Wirtschaft entsteht, hat nun eine Studie untersucht. (Foto: Uwe Anspach/dpa)

Zum ersten Mal hat eine Studie die CO₂-Intensität von Produktion und Beschäftigten auf Landkreisebene berechnet. Ebersberg schneidet im Vergleich nicht schlecht ab - wenngleich ein hoher Wert aufhorchen lässt.

Von Thorsten Rienth, Ebersberg

Bei Bruck steht schon ein Windrad. Im Grafinger Westen, bei Moosach und im Osten Ebersberg laufen die Planungen für die nächsten. Und noch in diesem Jahr sollen die Standorte für das Projekt im Ebersberger Forst feststehen, hieß es zuletzt im Umweltausschuss des Kreistags. Natürlich gehören Windräder zu den weithin sichtbaren Neuerungen der Energiewende. Bei den weniger sichtbaren Veränderungen, also der wirtschaftlichen Transformation, steht der Landkreis jedenfalls nicht schlecht da: Immer mehr Landkreisbürger arbeiten in "grünen" Jobs.

Dies geht aus einer unlängst veröffentlichten Studie ( "Regionale Disparitäten in der Transformation - Empirische Evidenz und Implikationen für die Regionalpolitik") im Auftrag der Bertelsmann Stiftung hervor. Zum ersten Mal haben Wissenschaftler darin die CO₂-Intensität von Produktion und Beschäftigten bis hinunter auf Landkreisebene berechnet, und zwar im Zeitraum zwischen den Jahren 2000 und 2019.

Der Anteil von CO₂-intensiven Arbeitsplätzen im Landkreis Ebersberg sinkt seit Jahren

Demnach stieg im Landkreis Ebersberg der Beschäftigungsanteil in Wirtschaftszweigen mit Pro-Kopf-CO₂-Rückgang deutlich schneller an als in solchen mit Pro-Kopf-CO₂-Zunahme. Bei den "grünen" Jobs kamen die Forscher auf ein Plus von 78 Prozent, während der Anteil an CO₂-starken Arbeitsplätzen nur um 22 Prozent zulegte.

Robert Maier, Klimaschutzmanager im Landratsamt, macht dafür zwei Trends verantwortlich. "Einerseits entwickeln wir uns ganz generell immer mehr hin zu einer Dienstleistungsgesellschaft. Andererseits wandert die Industrie gerade aus dem Münchner Speckgürtel ab, weil es sich anderswo einfach günstiger produzieren lässt."

Robert Maier ist Klimaschutzmanager im Landratsamt. (Foto: Landratsamt/oh)

Zu den Arbeitsplätzen mit CO₂-Rückgang zählen die Wissenschaftler zum Beispiel die Gewinnung von Erdöl und Erdgas (-0,47 FTE), die Energieversorgung (-0,12 FTE) und die chemische Industrie (-0,03 FTE). FTE steht als Abkürzung für Vollzeitäquivalente: Sie bezeichnen eine rechnerische Größe zur Messung von Arbeitszeit. Etwas alltagsverständlicher ist die Quantifizierung bei den "Problem-Branchen" mit steigenden CO₂-Emissionen. Hierzu zählen unter anderem die Herstellung von Papier und Pappe (+56 Prozent), die Kokerei- und Mineralölverarbeitung (+41 Prozent), die Landwirtschaft (+19 Prozent) und die Metallerzeugung und -bearbeitung (+16 Prozent).

Aufhorchen lässt trotz des aus Landkreis-Perspektive positiven Trends allerdings die Zahl 177,954. In Millionen Tonnen bezeichnet sie den Anstieg der CO₂-Emissionen aller Ebersberger Wirtschaftszweige zwischen den Jahren 2000 und 2019. Allerdings ist der absolut betrachtete hohe Wert vergleichsweise gut. Für die Nachbarlandkreise Erding und Rosenheim weist die Studie ein Plus von 253,592 respektive 339,320 Millionen Tonnen aus. In Freising sind es, den Wissenschaftlern zufolge vor allem aufgrund des Flughafens, rund 415,332 Millionen Tonnen mehr.

Regionale Verzerrungen ergeben sich durch unterschiedliche Wirtschaftsentwicklung

Auch wenn es auf den ersten Blick so scheinen mag, die 177,954 Millionen Tonnen stellen kein Widerspruch zu Maiers auf den Landkreis Ebersberg gemünzten Trend. Die Studienersteller erklären das so: Im untersuchten Zeitraum sanken die Treibhausemissionen vor allem dort, wo die Wirtschaft schrumpfte. Umgekehrt seien die CO₂-Emissionen in dem Zeitraum vor allem dort angestiegen, wo auch die Wirtschaft prosperierte - was für den Landkreis unstrittig gilt.

Nutzwert bescheinigt Maier der Studie nicht nur der reinen Tonnen- und FTE-Aufschlüsselung auf Landkreisebene wegen. "Sie gibt natürlich einen guten Fingerzeig, welche Jobs gerade vor dem Hintergrund der Energiewende bei uns im Landkreis in Zukunft gefragt sein werden", sagt er. Stünde er vor einem Studium oder einer Ausbildung und wolle perspektivisch in der Heimatregion bleiben, "dann würde ich mir die Studie auf jeden Fall mal genauer anschauen".

Nur wolle er schon auch davor warnen, eine positive Ebersberger Entwicklung global zu projizieren. "Wir müssen bei solchen Berechnungen im Hinterkopf behalten, dass einige der in Ebersberg 'gesparten' CO₂-Emissionen künftig einfach anderswo ausgestoßen werden. Beim globalen CO₂-Fußabdruck kommt unterm Strich alles wieder zusammen."

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