Schulsport:"Keiner, der ein Tor aufstellt und einen Ball in die Mitte legt"

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Andreas Streng, 41, im Sportpark in Markt Schwaben. Der Sportlehrer wurde dieses Jahr als einer von acht Lehrern in Bayern mit der Schulsport-Verdienstmedaille ausgezeichnet. (Foto: Christian Endt)

Andreas Streng vom Franz-Marc-Gymnasium Markt Schwaben hat die Schulsport-Verdienstmedaille des Freistaates erhalten. Was den Lehrer besonders macht - und warum er den Beruf wählte.

Von Merlin Wassermann, Markt Schwaben

Die Sonne brennt herunter auf 450 Schülerinnen und Schüler, 40 Kampfrichter und 60 Schülerhelfer. An diesem heißesten aller Dienstage haben sie sich im Sportpark in Markt Schwaben versammelt, um das Landesfinale Leichtathletik auszutragen. Sie brennt auch auf den Leiter des Wettkampfbüros und Sportlehrer des Franz-Marc-Gymnasiums, Andreas Streng, der die Jungen- und Mädchenmannschaft seiner Schule an diesem Tag betreut.

Gemeinsam versuchen sie unter Beweis zu stellen, dass die Eigenschaften, die Leistungssportler und die ein Schulsportlehrer brauchen, um erfolgreich zu sein, identisch sind: Ausdauer, Konzentration, Motivation, Gelassenheit, Koordination. Andreas Streng vereint in sich diese Eigenschaften und mehr.

So sieht das zumindest das Bayerische Kultusministerium und dessen Chef, Michael Piazolo (Freie Wähler). Deswegen verlieh er dem 41-Jährigen, gemeinsam mit sieben Kolleginnen und Kollegen unterschiedlicher bayerischer Schulen, die Schulsport-Verdienstmedaille. Die Medaille soll das "weit über die beruflichen Verpflichtungen hinausgehende Engagement" der "stillen Stars" des Schulsports honorieren, wie es in der entsprechenden Pressemitteilung heißt.

Streng ist stolz auf die Medaille, er freut sich über die Anerkennung. Dennoch bleibt er zurückhaltend: "Ich bin lieber im Hintergrund und schau, dass alles läuft, dass die Schülerinnen und Schüler ein gutes Umfeld haben." Dieses Talent kann er während des Wettkampfs direkt unter Beweis stellen.

Streng hilft seinen Schülern, wo er nur kann

In der prallen Sonne ringen die Schülerathleten um einen Platz beim Bundeswettbewerb "Jugend trainiert für Olympia" in Berlin. Nur die erstplatzierten Mannschaften dürfen fahren. Und die Jungen- und Mädchenmannschaft des FMG haben eine reelle Chance, dreimal waren sie bereits in Berlin. Ihre größten Konkurrenten sind zwei Sportschulen, das Bertolt-Brecht-Gymnasium aus Nürnberg für die Mädchen und das Hanns-Seidel-Gymnasium Hösbach.

Gecoacht, angefeuert und anderweitig unterstützt werden sie dabei von Andreas Streng. So etwa beim Staffellauf, der doppelte Punktzahl gibt. Noch in letzter Minute gibt der Sportlehrer Tipps, wie die Übergabe besser klappt und spricht den Läuferinnen und Läufern Mut zu. Mehr als einmal unterbricht Streng das Gespräch, um hochkonzentriert den Wettkampf zu verfolgen. "Hier sind alle motiviert und haben Bock, natürlich fiebere ich da mit", meint er. Seine Stimme ist entsprechend heiser.

Nicht nur die Sportlerinnen und Sportler sind motiviert. Einige der Schülerinnen des Franz-Marc-Gymnasiums sind trotz sengender Hitze im Dirndl erschienen, um ihre Mitschüler anzufeuern. (Foto: Christian Endt)

Manchmal gibt sich Herr Streng auch streng: "Wehe, einer von euch berührt die rote Linie!" Die meiste Zeit jedoch ist er freundlich und motivierend gegenüber seinen Sportlern, ohne die Autorität aufzugeben. Die Mannschaft der Jungen läuft am Ende mit 46,82 Sekunden eine neue persönliche Bestzeit.

Der Landesschulobmann hat sich dafür eingesetzt, dass der Wettkampf nach Markt Schwaben kommt

Doch nicht nur für die Sportler hat er ein offenes Ohr und einen Lösungsvorschlag parat. Als Leiter des Wettkampfbüros ist er mehr als viel beschäftigt. Ständig klingelt das Handy oder kommt jemand mit einem Anliegen - "Wo sind die Listen? Haben wir genügend Kugeln fürs Kugelstoßen?" - zu ihm.

Streng, der auch Landesschulobmann ist und sich dafür eingesetzt hat, dass der Wettbewerb dieses Jahr nach Markt Schwaben kommt, lässt sich dadurch jedoch nicht aus der Ruhe bringen. Scheinbar unermüdlich und zackig tingelt er von einem Problem zum nächsten, grüßt links und rechts die Leute. Streng strahlt die Gewissheit aus, dass es für alles eine Lösung gibt und wenn nicht, geht es trotzdem irgendwie.

"Struktur ist mir wichtig und auch, dass die Schüler jede Stunde etwas lernen."

Neben seiner Rolle als Landesschulobmann und seinem Engagement bei schulischen Wettbewerben, ist Streng jedoch auch anderweitig "weit über die beruflichen Verpflichtungen" hinaus aktiv. So leitet er Weiterbildungen für andere Sportlehrer, trainiert eine U8-Leichtathletikmannschaft in Anzing oder erteilt Lektionen via Zoom.

Zu all dem kommt noch der ganz normale Unterricht, den Andreas Streng hält. Wobei "normal" bei diesem Lehrer relativ ist. Die Schüler der Jungenmannschaft berichten in einer Pause zwischen zwei Disziplinen, dass Streng nicht der Lehrer sei, der "ein Tor aufstellt und einen Ball in die Mitte legt". Stattdessen habe er stets einen Plan, was er in einer Stunde tun möchte.

"Struktur ist mir wichtig und auch, dass die Schüler jede Stunde etwas lernen", so Streng. Guter Unterricht zeichnet sich seiner Ansicht nach jedoch auch dadurch aus, dass es eine hohe Bewegungszeit gibt und er die Schüler motivieren kann. Auch benutzt er moderne Medien, schaut mit den Schülern Videos von Profis an und dreht sogar selbst mit ihnen welche, um Bewegungsabläufe sichtbar zu machen und zu optimieren. "Und Spaß gehört natürlich auch dazu."

Streng hält den Sportunterricht für klar unterschätzt

Andreas Streng war früher selbst Leichtathlet, heute gibt er sein Wissen an die nächste Generation weiter. Im Hintergrund ist der Weitsprungwettbewerb der Mädchen in vollem Gange. (Foto: Christian Endt)

Andreas Streng ist nun im Wortsinn ein ausgezeichneter Sportlehrer. Er hält Sportunterricht für wichtig und gleichzeitig für unterschätzt. Er sei zentral für "kognitive, motorische, soziale und gesundheitliche Entwicklung" der Schüler. "Man muss ja auch bedenken: für manche Kinder ist der Schulsport der einzige Sport, den sie treiben."

Weniger hilfreich sei, "dass beim Sportunterricht immer zuerst gestrichen wird". Zuletzt war das während der Lockdowns der Fall. "Klar, wir haben super Online-Angebote gemacht - aber das ist einfach nicht dasselbe." Die Auswirkungen merkt er heute noch, selbst die leistungsorientierten Schüler zeigen motorische Defizite.

Für den Sportunterricht der Zukunft wünscht sich Streng vor allem mehr Zeit: "Eine Stunde Sport am Tag in der Grundschule, drei Stunden die Woche auf der weiterführenden Schule." Nur so könne dem Bewegungsdrang der Schüler genüge getan werden.

Sportlehrer wollte er schon immer werden

Sportlehrer werden? Bei Streng war das tatsächlich schon länger Thema. Eigentlich schon immer. Als Schüler am Franz-Marc-Gymnasium war er selbst leidenschaftlicher Leichtathlet, später habe er dann Hobby und Beruf vereint. Zwischendurch - zehn Jahre lang - hat er zudem den Bayerischen Landeskader trainiert. "Davon profitieren meine Schüler sicher auch", sagt er.

Am Ende mussten sich die Mannschaften aus Markt Schwaben mit dem zweiten Platz zufrieden geben. Hier zeigt sich Andreas Streng (zweiter von rechts) mit der Jungenmannschaft... (Foto: Privat)
...und mit der Mädchenmannschaft. "Der Umgang mit Sieg und Niederlage gehört auch dazu", so Streng. (Foto: Privat)

Das merkt man auch an den Leistungen beim Landesfinale. Nur knapp müssen sich die beiden Franz-Marc-Teams den Sportlern aus Hösbach und Nürnberg geschlagen geben, die Fahrt nach Berlin fällt damit - zumindest dieses Jahr - ins Wasser. Streng meint dazu: "Der Umgang mit Sieg und Niederlage gehört auch dazu." Wobei von einer Niederlage nicht wirklich zu sprechen ist, da beide Teams den zweiten von sechs Plätzen erringen konnten - eine beachtliche Leistung. Insgesamt seien sie alle deswegen sehr stolz, nicht zuletzt weil sie jeweils Bestleistungen erbracht hätten.

Sich an der eigenen Leistung zu erfreuen ist vielleicht ohnehin die beste Eigenschaft, die man als Sportler mitbringen kann - und als Sportlehrer.

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